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Eine Mitarbeiterin vom Unternehmen Schweinezucht Lindenberg GbR hält ein wenige Stunden altes Ferkel in ihren Armen. 

© Patrick Pleul/dpa

Schweinepest-Risiko in Brandenburg: "Wir tun alles Menschenmögliche"

Bei mehr als 20 toten Wildschweinen wird in Polen nahe der deutschen Grenze Schweinepest nachgewiesen. Das Risiko ist auch in Deutschland hoch. Wie gehen Schweinehalter in Brandenburg damit um?

Tauche - Viel Kraft muss Hans-Christian Daniels aufwenden, um das Tor zu seinem Schweinebetrieb zu öffnen. Die Zäune rund um das 4,5 Hektar große Areal im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree sind gut in Schuss. "Die Anlage ist 30 Jahre alt, aber die Zäune werden immer überprüft", sagt er. Unbefugten ist der Zutritt verboten. Das gilt auch für Tiere, insbesondere für Wildschweine, die möglicherweise mit Krankheiten infiziert sind - etwa mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP).

Hans-Christian Daniels, Chef vom Unternehmen Schweinezucht Lindenberg GbR.
Hans-Christian Daniels, Chef vom Unternehmen Schweinezucht Lindenberg GbR.

© Patrick Pleul/dpa

Das Risiko eines ASP-infizierten Wildschweins in Deutschland und in Brandenburg ist unverändert hoch, sagt Brandenburgs Landestierarzt Stephan Nickisch. Mit dem Nachweis des Virus bei mehr als 20 toten Wildschweinen in Polen nahe der deutschen Grenze ist die Gefahr noch ein bisschen näher gerückt. Am Mittwoch wurde ein weiterer positiver Befund bekannt.

Landwirt Daniels betreibt mit seinem Vater seit 1996 die Anlage in Tauche. Mehr als 11.000 Tiere halten sie auf dem Betrieb unweit der Grenze zu Polen: Die 1600 Muttersauen kriegen im Durchschnitt 2,3 Mal im Jahr Ferkel. Nach 70 Tagen kommen diese dann zum Mäster. Zwei weitere Schweinebetriebe hat der 60-Jährige in Brandenburg.

Zum Unternehmen kommt man über eine Desinfektionsmatte. 
Zum Unternehmen kommt man über eine Desinfektionsmatte. 

© Patrick Pleul/dpa

Intakte Zäune sind dabei nur eine von vielen Sicherheitsmaßnahmen, die Daniels trifft, um Keime von seinen Tieren fernzuhalten. Desinfektionsmatten auf dem ganzen Gelände gehören dazu, außerdem wird alles - von Pipetten zur Besamung der Sauen bis hin zum Werkzeug - mit UV-Licht bestrahlt, bevor es in die Ställe darf. Das Licht töte Keime ab, erklärt der Landwirt. Eine solche Sicherheitsvorkehrung sei nicht einmal vorgeschrieben.

Kerstin Klingbeil, Mitarbeiterin vom Unternehmen Schweinezucht Lindenberg GbR.
Kerstin Klingbeil, Mitarbeiterin vom Unternehmen Schweinezucht Lindenberg GbR.

© Patrick Pleul/dpa

Seit den jüngsten ASP-Funden in Polen habe sich an den sogenannten Biosicherheitsmaßnahmen auf dem Betrieb auch nichts geändert, sagt Daniels. "Wir tun alles Menschenmögliche." Wirkliche Angst vor der Schweinepest ist auf der weitläufigen Anlage auch kaum zu spüren, vielmehr herrscht ein ernster und sachlicher Ton, wenn man auf die Seuche zu sprechen kommt.

Nur für einen Moment sei es nach den Funden in Polen ein bisschen unruhig geworden, erzählt Daniels. Umgehend habe er nochmals alle Mitarbeiter geschult - damit diese etwa vor dem Betreten der Ställe duschen und bis auf die Unterwäsche ihre Kleidung wechseln. Und auch darüber, was sie zu lassen hätten: Etwa rohes Schweinefleisch, Salami oder geräucherten Schinken mit in den reinen Bereich nehmen.

Hans-Christian Daniels, Chef vom Unternehmen Schweinezucht Lindenberg GbR, zeigt das UV-Licht in einer Schleuse zum Tierstall.
Hans-Christian Daniels, Chef vom Unternehmen Schweinezucht Lindenberg GbR, zeigt das UV-Licht in einer Schleuse zum Tierstall.

© Patrick Pleul/dpa

Ein ASP-Nachweis in Deutschland hätte massive wirtschaftliche Folgen für die Schweinehalter, sagt Daniels. Für den Menschen sind die Viren ungefährlich, für Wild- und Hausschweine aber meist tödlich. Ein infiziertes Wildschwein könne existenzbedrohend sein, sagt der Landwirt. Der Nachweis bei einem Hausschwein sowieso. Dann müsse der ganze Bestand getötet werden. Werde ASP bei einem Wildschwein nachgewiesen, werde rund um den Fundort eine Sperrzone eingerichtet. Aus dieser dürften dann keine Hausschweine mehr heraus - im Grunde bleibe den Haltern dann nichts anderes übrig als Tiere zu töten, sagt Daniels, der auch Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Schweinehalter in Brandenburg ist.

Aber auch wenn ein Betrieb nicht innerhalb einer solchen Sperrzone liege, sei die Vermarktung von Schweinefleisch erst einmal gestört. Trotz umfassender Sicherheitsmaßnahmen der Betriebe habe der Kunde dann die Sorge, dass die Seuche durch die Hausschweine weiter übertragen werde, sagt Daniels. Noch sei davon aber nichts zu merken - ganz im Gegenteil. Gerade weil in vielen osteuropäischen Ländern und in Asien ASP grassiere, sei Schweinefleisch aus Deutschland gefragt.

In Brandenburg werden nach Angaben des Landesbauernverbands derzeit rund 750.000 Schweine in 170 Betrieben gehalten. Auch mit diesen vergleichsweise wenigen Betrieben spiele die Schweinehaltung für die Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Sie sei hierzulande eher auf Sauenhaltung, also die Ferkelproduktion und Aufzucht, spezialisiert. Schweinemast spiele eher eine untergeordnete Rolle.

"Angst hilft uns nicht weiter", sagt auch Petra Senger, Amtstierärztin des Landkreises Oder-Spree. Panik sei ohnehin fehl am Platz. Ab und an würden im Land bei Wildschweinen auch andere anzeigepflichtige Krankheiten nachgewiesen. Sie seien aber bislang nicht auf einen Hausschwein-Bestand übergetreten. Deswegen mache sie den Bauern Mut, so Senger.

Auch Schweinehalter Daniels lässt sich nicht beirren. Er habe in mehreren Jahrzehnten Schweinehaltung schon einige Krankheiten und Seuchen seiner Tiere überstanden. Und mehr als alle Sicherheitsmaßnahmen konsequent einzuhalten, könne ohnehin nicht getan werden. "Eine hundertprozentige Sicherheit kann es nie geben."

Katharina Redanz dpa

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