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Auch in Brandenburg ist das umstrittene Lehrer-Meldeportal der AfD gestartet.

© Armin Weigel/dpa

Schulen in Brandenburg: Die Brandenburger AfD will alles wissen

Überraschend hat die AfD-Fraktion ihr Beschwerdeportal thematisch ausgeweitet. Plötzlich soll es auch um Schulessen und Stundenausfall gehen. Der Start wird von massiver Kritik begleitet. 

Potsdam - Das umstrittene AfD-Beschwerdeportal für missliebige Lehrer ist nun auch in Brandenburg am Netz. Am Dienstag wurde von der AfD-Landtagsfraktion eine Homepage freigeschaltet, auf der angebliche Verstöße von Schulen und Lehrern gegen das Neutralitätsgebot in einer Eingabe-Maske („Verstoß melden“) gemeldet werden können. Und zwar mit der Zusicherung, dass „Ihre Angaben vertraulich behandelt werden“. Das Portal werde „zur Vorbereitung parlamentarischer Initiativen und zum Zwecke der Kontrolle der Landesregierung“ betrieben, heißt es.

Auffällig ist, dass die AfD das Spektrum der Verstöße erweitert hat. „Es handelt sich um mutmaßliche Verstöße gegen das Neutralitätsgebot, aber auch die Feststellung von sämtlichen den Schulalltag betreffenden Problemfeldern (z.B. Übergriffe und Mobbing, Extremismus, Werbematerial, Schulausstattung, Unterrichtsausfall, Schulspeisung usw.)“, heißt es. Möglicherweise sind die von Landtagspräsidentin Britta Stark und Bildungsministerin Britta Ernst (beide SPD) angekündigten juristischen Überprüfungen der Grund.

Bildungsministerin Ernst sagt Lehrern Unterstützung zu

Der verspätete Start des Portals - https://neutrale-schulen-brandenburg.de - wird weiter von Kritik begleitet. Bildungsministerin Ernst sagte in einem Brief an die Lehrkräfte Hilfe zu, falls sie durch das Meldeportal diskreditiert werden sollten. „Sollten Sie mit Anzeigen auf dem Portal konfrontiert werden, erhalten Sie durch mein Haus jegliche Unterstützung!“ Man werde es nicht zulassen, dass Lehrer in Misskredit gebracht werden. Zugleich ermutigt Ernst die Lehrerschaft, sich weiterhin im Unterricht und im Schulleben mit allen Formen von Fremdenfeindlichkeit und politischem Extremismus auseinanderzusetzen. „Vermitteln Sie den Schülerinnen und Schülern die demokratischen Prinzipien und Umgangsformen und unterstützen Sie sie dabei, sich eine eigene Meinung zu bilden!“

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Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Gordon Hoffmann, reagierte so: „Fast 30 Jahre nach der Wende sind wir froh, dass wir einen Staat des Denunziantentums überwunden haben.“ Die Rolle der Schulaufsicht gehöre nicht in die Hände einzelner politischer Parteien, sondern in die der staatlichen Schulämter. „Lehrer müssen sich parteipolitisch neutral verhalten, sollen die Schüler aber auch zum selbstständigen Denken anregen.“ Er habe großes Vertrauen, dass Brandenburgs Lehrer sich daran halten. „Die AfD hat keinen Anspruch darauf, dass die Schüler sie gut finden“, betonte Hoffmann, „sondern muss einfach mal damit klarkommen, dass sie mit ihrer extremen Haltung nur eine Minderheit der Bevölkerung vertritt.“

Kritik von vielen Seiten - und eine Online-Gegenpetition

Es gehe weder darum, „Misstrauen zu säen, noch darum, jemanden an den Pranger zu stellen“, widersprach Steffen Königer, der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, der für das Portal zuständig ist. Die Debatte der vergangenen Woche habe gezeigt, dass eindeutig Aufklärungsbedarf bestehe. Die AfD wolle „ein deutliches Signal an die Schüler Brandenburgs senden: Traut Euch zu denken. Traut Euch, Eure Meinung zu sagen. Und wenn man Euch das verbieten will, sind wir an Eurer Seite“.

Für die Grüne-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher ist das Portal auf das genaue Gegenteil angelegt. „Mit dem Online-Pranger zeigt die AfD einmal mehr ihr wahres Gesicht“, sagte sie. „Ihr geht es nicht um politische Lösungen, sie will in unserer Demokratie Unfrieden stiften und Schüler und Lehrer gegeneinander aufhetzen. Mit der Denunziation bedient sie sich eines Machtmittels von Diktaturen – das lässt tief blicken.“ Die Linke-Bildungspolitikerin Kathrin Dannenberg warf der AfD vor, Persönlichkeitsrechte und staatliche Kontrollmechanismen aushebeln zu wollen. Und dies solle „hinter dem Rücken der angeschuldigten LehrerInnen erfolgen, ohne Möglichkeit einer Anhörung – und vorbei am offiziellen Beschwerde-Weg.“ Dannenberg verwies auf die Online-Gegenpetition: „Mein Lehrer fetzt“  -www.change.org/p/meinlehrerfetzt.

Die Resonanz auf das AfD-Portal in Brandenburg? Offenbar gingen nach dem Start nur kritische Meldungen ein. Nach einer Stunde seien es 15 Einträge, „erwartungsgemäß vor allem von Spaßvögeln“, sagte Königer. Er rechne mit ernsthaften Hinweisen nach einer Anlaufzeit von zwei, drei Wochen. Erst dann ist nach den Ferien wieder Unterricht.

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