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Schüler-Bafög: Auffällig eilig

Nur in Brandenburg wird es gezahlt, in keinem anderen Bundesland sonst: Die Rede ist vom 2010 eingeführten „Schüler-Bafög“ für angehende Abiturienten aus einkommensschwachen Familien.

Potsdam - Es war das bildungspolitische Symbolprojekt der SPD unter dem damaligen Regierungschef Matthias Platzeck und seinem Generalsekretär Klaus Ness: Nun will die die rot-rote Koalition auf der Sitzung des Landtages kommende Woche das Schüler-Bafög zum Schuljahr 2018/2019 von derzeit 100 Euro auf 125 Euro im Monat anheben. Und zwar in einem ungewöhnlichen Eilverfahren, an dem am Dienstag die CDU-Opposition im Landtag Anstoß nahm.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Jan Redmann, kritisierte vor Journalisten, dass Rot-Rot das Gesetz ohne jede vorherige Beratung in Ausschüssen nach zwei Lesungen im Plenum durch den Landtag bringen will. Zwar präsentierte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) dafür folgende schlagfertige Erklärung: „Es ist eben absolut unstrittig, dass es eine gute Sache ist“, sagte Ernst. Doch ganz so ist es nicht.

Gesetz verstößt gegen Geschäftsordnung des Landtags

Dass das Gesetz nicht wie üblich in Fachausschüssen beraten wurde, sei „ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Landtages“, sagte Redmann. Dabei sei an der Zeit gewesen, vor einer Anhebung der Sätze das Schüler-Bafög zu evaluieren. „Hat es die erhofften Effekte gebracht? Wie kann es besser ausgestaltet werden?“ Im dünnen Gesetzentwurf findet sich dazu nichts. Als Begründung für die geplante Erhöhung, die das Land jährlich eine Millionen Euro zusätzlich kostet, wird allgemein angeführt: „Die Lebenshaltungskosten und auch die Kosten für Lernmaterialien sind in den letzten Jahren gestiegen“. Daher sei eine Anpassung notwendig. Und verwiesen wird darauf, dass „zwischenzeitlich“ jährlich über 2500 Schüler von dieser Landesförderung profitieren würden. Diese Zahl ist allerdings nicht aktuell, es sind weniger. Im Jahr 2017 gab es 2157 beschiedene Anträge, teilte das Bildungsministerium auf Anfrage mit.

Die Zahlen sind – wie seit Jahren – damit weiter rückläufig. Nach Schätzungen erhält inzwischen noch etwa jeder zehnte angehende Abiturient das Schüler-Bafög – früher war es jeder Fünfte. SPD-Fraktionschef Mike Bischoff hatte den Rückgang kürzlich so interpretiert, dass sich vermutlich die Einkommenssituation von Eltern verbessert habe.

Ob Mängel abgeschafft sind, ist unklar

Erst im Vorjahr hatte der Landesrechnungshof gerügt, dass es bei der Umsetzung und der Antragspraxis des Programms hapert – etwa bei den Informationen durch die Schulen. Das Ziel, dass alle Anspruchsberechtigten die Hilfe auch beziehen, sei nicht vollständig erreicht, so der Rechnungshof im Sommer 2017. Ob die Mängel abgestellt sind – zuständig ist wie für das Bundes-Studenten-Bafög hier das Wissenschaftsministerium – ist unklar. Als die SPD das Schüler-Bafög 2010 durchsetzte, war es von CDU, Grünen und GEW als „Placebo“ kritisiert worden. Auch die Linken blieben immer skeptisch. Gleichwohl will es niemand mehr abschaffen. Auch die CDU nicht, wie Redmann betonte. Man werde die Unterlassungen der rot-roten Koalition heilen, in dem man eine Befassung durch den von der CDU geleiteten Finanzausschuss durchsetze, und zwar kurzfristig. „Wir haben nicht vor, das Inkrafttreten des Gesetzes zu verzögern“, sagte Redmann.  „Wir sorgen für einen anständigen Weg.“

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