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Schröters Abschiebepolitik: Ärger mit Innenminister in Brandenburgs Härtefallkommission

Brandenburgs Innenminister Schröter hat für zwei Roma-Familien aus Forst und Potsdam trotz hunderter Unterschriften, Briefe und Stellungnahmen die Ersuchen der Härtefallkommission abgelehnt. Obwohl beide Familien bestens integriert sind.

Potsdam - Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) zieht wegen seiner harten Haltung zunehmend den Zorn der Härtefallkommission auf sich. Auch im Ministerium selbst wächst der Unmut über einsame Entscheidungen. Konkret geht es um mehrere Fälle, in denen sich die Härtefallkommission mit einem deutlichen Votum für den Verbleib zweier Roma-Familien aus Serbien ausgesprochen hat. Schröter aber hat die klare Empfehlung der Kommission übergangen und entschieden, dass die Familien trotz guter Integration durch Jobs und Schulbesuch der Kinder abgeschoben werden sollen. Konkret handelt es sich um zwei Familien, die in Forst (Spree- Neiße) und Potsdam leben. Sie leben seit zwei und drei Jahren in Brandenburg und haben laut Flüchtlingsrat es in „außergewöhnlicher Weise“ geschafft, „aktive Mitglieder der örtlichen Gesellschaft“ zu werden. Sie seien berufstätig, ehrenamtlich aktiv, dolmetschten und unterstützten Flüchtlinge. Die Kinder der Forster Familie sind in der Schule längst integriert. Erstmals überhaupt in ihrem Leben gehen sie gern, in Sicherheit und ohne Angst, zur Schule. Nach Bekanntwerden der drohenden Abschiebung haben sich in Potsdam und Forst zahlreiche Unterstützer gefunden, jeweils mehrere Hundert Unterschriften wurden gesammelt. Lehrer, Arbeitgeber und Unterstützer hatten Protestbriefe geschrieben – sogar an den in Forst wohnenden Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD). Bei einer Abschiebung nach Serbien droht den Familien ein Leben in einem feindlichen Umfeld: Roma werden dort als Menschen zweiter Klasse behandelt und systematisch rassistisch diskriminiert. Der Flüchtlingsrat wirft Schröter deshalb vor, nach Gutsherrenart Integrationsbemühungen der beiden Roma-Familien, aber auch der Menschen vor Ort wegzuwischen.

Ein Ministeriumssprecher wies auf PNN-Anfrage darauf hin, dass Schröter mit einer Gnadenentscheidung eine Ausnahme von geltendem Recht, nämlich der Ausreisepflicht, anordne. Gründe für die Ablehnung der Ersuchen seien das sichere Herkunftsland und der kurze Aufenthalt. Zudem sind die Familien aus Sicht des Ministers Wirtschaftsflüchtlinge, „die in der Hoffnung auf ein besseres Leben ihre Heimat auf dem Balkan verlassen und nach Deutschland gekommen sind“. Im Härtefallverfahren dürfte die Lage im Heimatland „keine entscheidende Rolle“ spielen, das werde im Asylverfahren geprüft. Eine Entscheidung Schröters für ein Bleiberecht würde „die grundsätzliche Entscheidung des Bundesgesetzgebers konterkarieren“. Schröter habe seit Amtsantritt im Herbst 2014 vier von sieben Ersuchen der Kommission zugestimmt.

Ivana Domazet vom Flüchtlingsrat Brandenburg wirft Schröter vor, die Grundlage der Härtefallkommission durch die Hintertür zu verschärfen. Bereits die Verordnung für die Kommission sei streng und lege hohe Hürden. „Der Minister schafft neue Fakten, indem er im Alleingang als Ausschlussgründe für humanitäre Härtefälle die Herkunft aus sogenannten sicheren Drittstaaten und den kurzen Aufenthalt in Deutschland anführt, die so nicht in der Verordnung stehen“, sagte Domazet. Das gehe an jeder Diskussion der Kommissionsmitglieder und ihrer Organisationen – Städtebund, Kommunen, Kirchen, Flüchtlingshelfer – vorbei. „Ein humanitärer Härtefall kann vom ersten Tag an vorliegen, egal aus welchem Land man kommt“, so Domazet. Das sichere Herkunftsland könne keine Grundlage für eine Ablehnung sei. „Die Härtefallkommission arbeitet seit zehn Jahren unter wechselnden Innenministern trotz aller Schwierigkeiten erfolgreich und gut zusammen“, so Domazet. „Nun steht ihre Arbeit zum ersten Mal infrage.“ 

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