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Brandenburg: Schröter gehen die Kriminalisten aus

Innenminister will Bedarf für eigenständige Ausbildung prüfen

Potsdam - Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) treibt den Wiedereinstieg in die Kriminalistenausbildung voran. Am Montagnachmittag legt er in der Burg Wanzleben im Sachsen-Anhaltinischen beim Treffen der Innenminister der Sicherheitskooperation Ost der Länder Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen einen ersten Zwischenbericht vor. Sollten die Amtskollegen dem Vorschlag aus Schröters federführendem Haus folgen, soll weiter an einem Konzept für eine gemeinsame Kriminalistenausbildung gearbeitet werden. In einem ersten Schritt soll nach PNN-Informationen per Gutachten herausgearbeitet werden, wie hoch der Bedarf dafür ist. Denkbar ist etwa eine gemeinsame Kripo-Ausbildung aller fünf Länder an einem Standort.

Thüringens neuer Innenminister Georg Maier (SPD) soll sich bereits offen gezeigt haben für ein gemeinsames Vorgehen. Sachsen hat sich reserviert gezeigt, weil es selbst bereits nachjustiert hat. Berlin hat im Gegensatz zu anderen Bundesländern mit Einheitsausbildung, wie sie auch in Brandenburg gilt, bereits eine eigene Ausbildung für künftige Kriminalpolizisten. Und Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) signalisierte bislang Ablehnung.

In Brandenburgs Innenministerium hat nach jahrelangem Festhalten an der Einheitsausbildung ein Umdenken eingesetzt. Jetzt ist es in der Sicherheitskooperation Ost federführend in der im Mai eingerichteten Arbeitsgruppe „Aus- und Fortbildung von Kriminalpolizisten“. Schröter selbst hatte im September beim Festakt zum 25-jährigen Bestehen des Landeskriminalamtes (LKA) in Eberswalde (Barnim) erklärt, es müsse über die Wiedereinführung des Kriminalistenstudiums nachgedacht werden. Schnelle Lösungen wird es nicht geben, darauf hatte Schröter bereits eingestimmt. Doch ein Anfang, mit dem niemand mehr gerechnet hat, ist gemacht.

Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo C. Rautenberg hatte über Jahre beklagt, dass die Einheitsausbildung zu schlechter qualifizierten Kriminalbeamten führe. Sie sei „eine Katastrophe für die Strafverfolgung“. Der Deutsche Richterbund hatte die Ausbildung sogar als unzumutbar und defizitär kritisiert, weil immer weniger Verfahren tatsächlich gerichtsfest an die Staatsanwaltschaft übergeben würden. Und jüngst vor knapp zwei Wochen unterzeichneten die Landesvorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) aus Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen einen gemeinsamen Appell, der Schröter unterstützen soll: Darin forderten sie „die spezialisierte kriminalpolizeiliche Ausbildung“, möglichst an einem Standort. Angehende Kriminalbeamte müssten nach einheitlichen spezialisierten Standards ausgebildet werden. Die Kriminalistik müsse wiederbelebt werden.

Seit 1990 werden Polizeibeamte in Brandenburg nur zu Generalisten ausgebildet. Bei den Reformen, mit denen die Behörde mehrfach überzogen wurde, war das ein Vorteil – Personal war leichter zu verschieben, der Einspareffekt einfacher zu erreichen. Bei der Einheitsausbildung, wie sie derzeit an der Fachhochschule der Polizei in Oranienburg (Oberhavel) abläuft, gibt es nur minimale Unterschiede, je nachdem ob die Beamten später zur Schutz-, Bereitschafts- oder Kriminalpolizei gehen wollen. Wenn Nachwuchsbeamte zur Kriminalpolizei kommen, sei das „bis heute leider nur Glückssache“, heißt es vom BDK.

Der Druck wächst: Schröter hat erkannt, dass mit neuen Phänomenen wie Terror und Cybercrime neue Aufgaben hinzukommen, mit Digitalisierung, weltweiten Krisen und international agierenden Banden steigen die Herausforderungen. „Wir müssen am Ball bleiben und unsere Strukturen den Entwicklungen anpassen“, hatte Schröter im September erklärt. Zudem bricht Brandenburg mit der anstehenden Pensionierungswelle eine Generation von Kriminalisten weg. Zahlreiche Beamte mit entsprechendem DDR-Studium etwa an der Humboldt-Universität hatten nach der Wende in Brandenburg angefangen – und zu dessen Ruf bei spektakulären Fällen beigetragen. Und selbst an der Fachhochschule in Oranienburg gehen Koryphäen in Pension: Vergangenen Donnerstag wurde dort Ingo Wirth verabschiedet. Er war der letzte Kriminalistikdozent der Fachhochschule, der noch selbst an der Humboldt-Universität gelehrt hatte. Alexander Fröhlich

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