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Schreddern von Akten weiter möglich: NSU-Ausschuss: Opposition für Löschverbot

Potsdam - Es sind nicht nur geschwärzte Akten des Verfassungsschutzes, über die sich die Mitglieder im NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag Brandenburg wundern. Nun sehen sich die Vertreter der Oppositionsfraktionen von CDU und Grünen sogar genötigt, von der Landesregierung die Einhaltung des Löschverbotes für alle Akten mit Bezug zum Rechtsextremismus zu verlangen.

Potsdam - Es sind nicht nur geschwärzte Akten des Verfassungsschutzes, über die sich die Mitglieder im NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag Brandenburg wundern. Nun sehen sich die Vertreter der Oppositionsfraktionen von CDU und Grünen sogar genötigt, von der Landesregierung die Einhaltung des Löschverbotes für alle Akten mit Bezug zum Rechtsextremismus zu verlangen. Grund ist das Hadern der Regierung bei dem vom U-Ausschuss verhängten Vernichtungsstopp. In dem von Stefan Ludwig (Linke) geführten Justizministerium ist das Schreddern von Akten – laut einer Regierungsantwort auf eine CDU-Anfrage – weiter möglich. Bislang sichtet eine Arbeitsgruppe im Ministerium Aktenkonvolute. Erhalten bleiben sollen nur Akten mit Namen von bereits im NSU-Komplex bekannt gewordenen Personen. Und auch die Staatskanzlei meldete rechtliche Bedenken gegen das Löschmoratorium an.

Vor der Sitzung des U-Ausschusses am heutigen Montag zeigte sich die Opposition entsetzt. CDU-Obmann Jan Redmann sagte den PNN: „Ich bin erschrocken darüber, dass Justizminister Ludwig noch immer nicht ausreichend sensibel mit relevanten Akten umgeht. Es stellt sich die Frage, ob Unfähigkeit oder fehlender Aufklärungswille dafür die Ursache ist. Beides wäre fatal.“ Grünen-Obfrau Ursula Nonnemacher sagte: „Unser Untersuchungsauftrag geht deutlich über den NSU-Komplex hinaus. Ganz abgesehen davon, dass auch innerhalb des NSU-Komplexes immer wieder neue Personen ins Blickfeld rücken.“ Der Untersuchungsausschuss prüft die gesamte Entwicklung des Rechtsextremismus in Brandenburg seit 1990, sucht Verbindungen zum NSU-Mördertrio, anderen möglichen Terrorzellen sowie Verstrickungen des Verfassungsschutzes. Ludwig sei vom Ausschuss ausdrücklich aufgefordert worden, ein umfassendes Löschmoratorium zu verhängen. „Dass das immer noch nicht geschehen ist, ist nicht hinnehmbar“, so Nonnemacher.

Anlass für den im Oktober verhängten Schredderstopp: Die Staatsanwaltschaften Potsdam und Frankfurt (Oder) hatten die Akten zum V-Mann Carsten Szczepanski alias „Piatto“ geschreddert, nachdem diese vom zweiten NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages zurückgesandt worden waren. Die Aktenvernichtung zeige, dass nicht einmal die Bedeutung des Falles „Piatto“ ausreichend bekannt sei, so Nonnemacher. „Wenn der Minister jetzt kein Löschmoratorium erlässt, das die Vernichtung relevanter Akten ausschließt, ist das politisch fahrlässig.“

Der Staatskanzlei riet Nonnemacher einen Blick in andere Länder. In Bayern sei die Vernichtung auch von Ermittlungsakten ohne NSU-Bezug gestoppt worden. In Baden-Württemberg habe es ein Vernichtungsmoratorium für alle Verfahrensakten von Staatsanwaltschaften und Gerichten gegeben. Brandenburgs Generalstaatsanwaltschaft erließ erst jetzt einen Schredderstopp, bei Polizei und Justiz gilt dies seit 2012. Alexander Fröhlich

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