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Brandenburg: „Schönefeld bleibt der falsche Standort“

Gemischte Reaktionen im Potsdamer Umland

Potsdam-Mittelmark - Für die Fluglärmgegner in Potsdam-Mittelmark kam die Entscheidung über die Flugrouten am künftigen Berliner Großflughafens in Schönefeld nicht überraschend: Das Konzept soll sich in weiten Teilen am Vorschlag der Deutschen Flugsicherung (DFS) von Anfang Juli 2011 orientieren, belastet wird dabei vor allem die Region Müggelsee. Über den Gebieten Wannsee, Kleinmachnow, Teltow und Lichterfelde verteilen sich demnach rund 50 Abflüge pro Tag. Die Region Werder (Havel) wird wie befürchtet vor allem durch Anflüge in niedriger Höhe belastet werden.

„Es war klar, dass wir keine großen Geschenke zu erwarten hatten“, sagte Peter Kreilinger, Sprecher der Bürgerinitiative „Fluglärmfreie Havelseen“, den PNN am Mittwoch. Die Haltung der politisch Verantwortlichen, die wirtschaftlichen Interessen stets über die der Anwohner zu stellen, ziehe sich wie ein roter Faden durch die gesamte Planung des Standortes. Resigniert hat der Werderaner Rechtsanwalt aber noch nicht: „Früher oder später wird es ein Umdenken geben“, ist er überzeugt. Und deutet an, dass es eventuell schon bis zur nächsten Landtagswahl zu einer politischen Konzentration des Protests kommen könnte: „Ich halte es durchaus für vorstellbar, dass sich die Bewegung politisch organisiert.“ Immerhin seien die Hürden, als Fraktion in den brandenburgischen Landtag einzuziehen, niedriger als die für eine Volksinitiative, wie sie jüngst für ein Nachtflugverbot lief.

Der nächste Schritt, ein Volksbegehren, für das 80 000 Stimmen nötig sind, wird derzeit vorbereitet – als eine von mehreren Strategien, die die Fluglärmgegener weiter verfolgen wollen: „Wir sind auch guten Mutes, dass aufgrund der Fehler bei der Routenfestlegung die Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht Erfolg haben wird“, sagte etwa Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (BfB). Konkret wollen die Kläger – die Gemeinde Kleinmachnow und mehrere Einzelpersonen – das Gericht von einem „Abwägungsfehler“ im Planfeststellungsbeschluss überzeugen. Gegen die nun festgelegten Routen könnten die Kommunen außerdem vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes Brandenburg klagen.

Matthias Schubert, Sprecher der Kleinmachnower Initiative, hält anders als Kreilinger nichts von der Idee, den Protest auf Parteiebene fortzusetzten: „Dafür sind wir zu heterogen.“ Für ihn gilt es vor allem, den Ausbau des Flughafens zu einem internationalen Drehkreuz zu verhindern. Dass eine dritte Startbahn bereits mit eingeplant werde, sieht er durch die gestern bekannt gewordene Routenfestlegung bestätigt. „Wenn jetzt an der Müggelseeroute festgehalten wird, hat das nur einen Zweck: Den Lärmteppich über der Region bereits heute so weit zu spannen, dass eine dritte Startbahn später problemlos integriert werden kann“, sagte er. Deshalb könnten sich heute auch die Anwohner der Regionen Teltow und Wannsee, über deren Wohngebieten sich nach jetzigem Stand nur etwa 50 Abflüge pro Tag verteilen, nicht in Sicherheit wiegen. Markus Peichl, Sprecher für das „Bündnis Berlin-Brandenburg gegen neue Flugrouten“, sieht zumindest Potsdam und die Regionen Teltow und Wannsee entlastet: „Die Routen sind eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu den im Herbst 2010 vorgestellten Horrorrouten, das ändert aber nichts daran, dass die Entscheidung für den Standort falsch ist“, sagte er den PNN. Auch Peichl erinnerte die Landes-SPD an ihren Parteitagsbeschluss vom November 2011, auf dem die Genossen eine dritte Startbahn ausgeschlossen hätten. Seinem Teltower Kollegen Thomas Czogalla gibt das allerdings wenig Anlass zur Zuversicht: „Die Politik hat unser Vertrauen in den vergangenen anderthalb Jahren kontinuierlich missbraucht.“ Versprechen von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und Ministerpräsiden Matthias Platzeck (SPD) seien nicht gehalten worden. Einen ähnlichen Vorwurf machte Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) dem Bundesamt für Flugsicherung. Er sei vor allem enttäuscht über die Informationspolitik, die dort herrsche und frage sich ernsthaft, welchen Zweck die Fluglärmkommission überhaupt erfülle, wenn sie weder bei der endgültigen Entscheidung vorab informiert werde noch ihre Vorschläge anerkannt würden. Ariane Lemme

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