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Zu allem entschlossen. Neonazis bei einem Aufmarsch in Berlin. Die Gruppe Nordadler wollte den Nationalsozialismus wiederbeleben.

© Soeren Stache/DPA

Update

Schlag gegen rechte Szene: Seehofer verbietet Neonazigruppe "Nordadler"

Gegen die fanatische Truppe wird bereits wegen Terrorverdachts ermittelt. Es ist schon das vierte Verbot in diesem Jahr. Auch in Brandenburg war die Polizei aktiv, beschlagnahmte NS-Literatur und Mobiltelefone.

Von Frank Jansen

Berlin/Potsdam - Erneut hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Dienstag eine extremistische Gruppierung verboten, diesmal traf es die mutmaßlich rechtsterroristische Vereinigung „Nordadler“. Die Polizei durchsuchte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen Objekte, die den Neonazis zugeordnet werden. Gegen fünf Mitglieder der Gruppe ermittelt bereits seit mehr als zwei Jahren die Bundesanwaltschaft.

In Brandenburg wurden laut des Sprechers des Polizeipräsidiums, Torsten Herbst, in Doberlug-Kirchhain und Schlieben im Landkreis Elbe-Elster sowie der Stadt Brandenburg an der Havel drei Objekte durchsucht. Im Zentrum der Durchsuchungen stehe ein 18-Jähriger.

Laut Herbst wurden drei Stahlhelme, NS-Literatur, ein Laptop, Speichermedien und Mobiltelefone beschlagnahmt. Ihm zufolge kamen zehn Beamte der Bereitschaftspolizei und 20 Staatsschützer zum Einsatz. Die Aktion sei um 6 Uhr abgeschlossen gewesen. Der Sprecher des brandenburgischen Innenministeriums, Martin Burmeister, bestätigte die Angaben.

Hetze gegen Juden und Antifa

Nordadler bekannte sich zum Nationalsozialismus, die Fanatiker verbreiteten bei Facebook und in Messengerdiensten ihre Hetze, vor allem gegen Juden und die Antifa. In Thüringen hatte die Gruppe in der Gemeinde Hohenstein eine Immobilie erworben, um von dort aus eine „autarke Gemeinschaft“ nach dem Vorbild der SS aufzubauen.

Das Verbot von Nordadler ist das vierte, das Seehofer in diesem Jahr verfügt. Am 23. Januar löste er die militante rechtsextreme Vereinigung „Combat 18“ auf, am 19. März war die gewaltorientierte Reichsbürgertruppe „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ an der Reihe.

Am 30. April erteilte der Minister dem deutschen Ableger der libanesisch-islamistischen Terrororganisation Hisbollah ein Betätigungsverbot. Nun zerschlägt Seehofer mit Nordadler eine mehr als 30 Mitglieder zählende Gruppierung, die ebenfalls hochgradig gefährlich erscheint.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).

© dpa

Schwarzpulver als Grundstoff für Bomben

Die Bundesanwaltschaft ließ 2018 zweimal Wohnungen und weitere Räumlichkeiten von Mitgliedern wegen Terrorverdachts durchsuchen. Beschlagnahmt wurden Schreckschuss-, Schlag- und Stichwaffen, zahlreiche Feuerwerkskörper, Militaria und elektronische Speichermedien. Schwarzpulver aus Feuerwerkskörpern war schon mehrmals für militante Extremisten der Grundstoff zum Bau von Bomben. Im Internet hätten sich vier Mitglieder von Nordadler über die Herstellung von Sprengkörpern und die Beschaffung von Waffen ausgetauscht, heißt es in einer Analyse des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zum Thema „Rechtsterroristische Ansätze“.

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Nordadler wollte Nationalsozialismus wiederbeleben

Die Neonazis sollen auch Personenlisten über politisch Verantwortliche und politische Gegner angelegt haben, „um diese im Falle eines Staatszusammenbruchs zur Rechenschaft zu ziehen“, sagt das BfV. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen die vier Rechtsextremisten wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Ein fünfter Neonazi soll als Unterstützer tätig sein.

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Die Extremisten hatten sich nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft spätestens seit Anfang 2017 unter dem Namen Nordadler als rechtsterroristische Vereinigung zusammengeschlossen. Ziel von Nordadler sei, „dem Nationalsozialismus in Deutschland zum Wiedererstarken zu verhelfen“. Die Neonazis sollen über Anschläge mit Brand- und Sprengsätzen auf politische Gegner gesprochen haben.  

Rechtsextremist begleitete Islamisten zu Probesprengung

Einer der Wortführer ist der 24-jährige Wladislav S. Seine extremistische Vita wirkt punktuell noch bizarrer als bei Neonazis üblich. Das Braunschweiger Landgericht verurteilte den Mann 2017 zu 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit, weil er in Northeim (Niedersachsen) einen Sympathisanten der Terrormiliz „Islamischer Staat“ zu einer Probesprengung von Acetonperoxid begleitet und die Explosion gefilmt hatte. Das Video publizierte S. bei YouTube.

Der Islamist war einst auch Neonazi und wollte mit einer Sprengfalle Anschläge auf Soldaten oder Polizisten verüben. Dafür bekam er vom Gericht drei Jahre und drei Monate Haft.

Die Sicherheitsbehörden behielten jedoch auch Wladislav S. wegen anhaltenden Terroverdachts im Blick. Im Januar 2018 übernahm die Bundesanwaltschaft ein Verfahren der Generalstaatsanwaltschaft Celle. Wladislav S. ließ sich jedoch nicht einmal von der ersten Razzia der Bundesanwaltschaft abschrecken. Nur Stunden nach den Durchsuchungen in vier Bundesländern bekannte sich der Mann gegenüber dem NDR zum Nationalsozialismus. (mit dpa)

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