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Brandenburg: Schlag gegen braune Polizeitruppe

Behörden ermitteln wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Die den Reichsbürgern zuzuordnende Gruppe ist auch in Brandenburg aktiv

Potsdam - Die sogenannten Reichsbürger, die die Existenz der Bundesrepublik schlichtweg abstreiten, sind nun auch mit eigener Polizeitruppe samt Uniform aktiv und suchen in Brandenburg Anhänger. Am heutigen Freitag ist ein Treffen im uckermärkischen Haßleben geplant. Die Sicherheitsbehörden in Brandenburg sind alarmiert. In Sachsen ermittelt die Staatsanwaltschaft Dresden wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und greift hart durch. Bei einer Razzia am Mittwoch durchsuchten 119 Beamte sieben Wohnungen und einen Betrieb in Sachsen und eine Wohnung im südbrandenburgischen Spremberg (Spree- Neiße). Dort wohnen mit Andreas und Kerstin K. zwei Köpfe der braunen Polizeitruppe. Uniformen, Speichermedien und verschiedene Unterlagen wurden beschlagnahmt.

Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden gab es schon mehrere solcher Sicherheitsstammtische in Brandenburg und in Berlin-Spandau, bei denen die Truppe neue Anhänger rekrutieren wollte. „Darunter sind Rechtsextreme und Neonazis“, hieß es vom Verfassungsschutz. „Die Strukturen und das Tragen von Uniformen, das zieht Neonazis an.“

Auch in Haßleben sollte es am heutigen Freitag ein solches Treffen der militanten Reichsbürgergruppe geben. Verbreitet wurden die Informationen etwa von rechtsgerichteten Esotherikern. Angemeldet wurde die Veranstaltung in der Gaststätte als private Geburtstagsfeier. Die Behörden stehen inzwischen in Kontakt mit dem Inhaber der Wirtschaft und besprechen das weitere Vorgehen. Dass Anhänger der selbsternannten Polizeitruppe ausgerechnet in Uckermark Fuß fassen wollen, hat mit der aktuellen Sicherheitsdebatte zu tun. Der Unmut in der Bevölkerung über die grassierende Grenzkriminalität mit Diebstählen von Autos, Bau- und Agrarfahrzeugen ist hoch. „Offensichtlich sind Angehörige des DPHW derzeit bundesweit mit ähnlichen Veranstaltungen in Art einer Info-Tour überwiegend in ländlichen Regionen unterwegs“, hieß es von der Polizei. Tatsächlich wirbt die Truppe damit, jene Lücken zu schließen, die durch den Abbau bei der Polizei entstanden sind. Zugleich greift die Miliz auf typisch rechtsextreme Blut-und-Boden-Ideologie zurück. „Das DPHW entstand aus dem Volk heraus und wächst durch das Volk auf Deutschem Boden“, heißt es auf einem Flugblatt.

Das harte Durchgreifen der Dresdner Staatsanwaltschaft hat einen triftigen Grund: Mitglieder der Gruppe treten mit eigener Uniform samt Aufschrift „Deutsche Polizei“ und Emblem auf, als würden sie hoheitliche Aufgaben erfüllen. Damit aber stellt die Truppe das staatliche Gewaltmonopol infrage.

Gegründet wurde das „Deutsche Polizei Hilfswerk" Mitte 2012 in Sachsen von dem früheren Polizeigewerkschaftsmitglied Volker Sch. Seither gab es mehrere Infoveranstaltungen der „im Aufbau befindlichen Bürgerwehr zum Schutz vor Mißbrauch öffentlicher Gewalt“. Das Handeln der staatlichen Behörden betrachtet die Truppe als Willkür, sie scheut auch nicht vor Angriffen auf Behördenvertreter zurück. Im November traf es in Sachsen einen Gerichtsvollzieher. Als der Mann eine Forderung vollstrecken wollte, wurde er von 15 Männern in blauer DPHW-Uniform empfangen. Die Truppe selbst brüstet sich, den „vorgeblichen“ Gerichtsvollzieher festgenommen und echten Polizeibeamten übergeben zu haben. Auf das Büro des Grünen-Landtagsabgeordneten Johannes Lichdi in Meißen wurde ein Farbanschlag verübt, nachdem er Details der Vorfalls öffentlich machte.

Das DPHW selbst bestreitet, mit der Reichsbürgerbewegung zu tun zu haben. Dabei gibt es enge Bande. Die Reichsbürger werden von den Sicherheitsbehörden als „eine Art rechtsextremistische Sekte” eingestuft. In Brandenburg gibt es rund 100 Reichsbürger, die den Behörden zu schaffen machen: Sie verweigern die Zahlung von Bußgeldern und Steuern, fälschen Autokennzeichen, basteln sich eigene Führerscheine und bombardieren Behörden mit Schriftsätzen, in denen sie die Existenz der Bundesrepublik verneinen und als illegales Nachkriegskonstrukt bezeichnen, weil das „Deutsche Reich“ fortbestehe. Alexander Fröhlich

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