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Scharfe Kritik am Vorgehen in Ostprignitz-Ruppin: Landrat ignoriert Impf-Reihenfolge

Der Landrat von Ostprignitz-Ruppin geht eigenmächtig über Impfreihenfolge hinweg: Er fordert Berufsgruppen zur Impfung auf, die in der Prioritäten-Liste noch gar nicht dran wären.

Der Landrat des Kreises Ostprignitz-Ruppin, Ralf Reinhardt, hat offenbar im Alleingang in einem Schreiben an seine Verwaltung, das dieser Zeitung vorliegt, dazu aufgefordert, dass sich Feuerwehrleute, Kita-Erzieher und Verwaltungsmitarbeiter außer der Reihe im Impfzentrum in Kyritz mit dem AstraZeneca-Impfstoff impfen lassen sollen. Hintergrund ist die bislang geringe Nachfrage von Pflegekräften und medizinischem Personal nach AstraZeneca-Impfstoffen in den elf Impfzentren des Landes. 

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Gesundheitsstaatssekretär Michael Ranft (Grüne) hat deswegen ein Schreiben an die Landräte gerichtet, in dem er aufforderte, „Personen, die in Ausübung ihrer Tätigkeit zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung, einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind, die im öffentlichen Gesundheitsdienst“ oder gemäß §3 der Corona-Impfverordnung des Bundes „in sozialen kommunalen Einrichtungen tätig sind“, könnten ein Impfangebot bekommen. Die Corona-Impfverordnung des Bundes verweist in Paragraph 3 auf das Infektionsschutzgesetz des Bundes. Bei den sozialen kommunalen Einrichtungen, die im Infektionsschutzgesetz erwähnt sind, handelt es sich um Wohnungslosenunterkünfte oder Flüchtlingsheime. 

Der Landrat rechtfertigt sich

Reinhardt rechtfertigte sein Verhalten am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Vor Journalisten las er die entsprechende Passage aus dem Brief des Staatssekretärs vor – aber ohne den Hinweis auf die Corona-Impfverordnung. Am Mittwoch seien ursprünglich nur 20 von 280 Impftermine im Impfzentrum Kyritz ausgenutzt worden. „Wir hatten die berechtigte Sorge, dass wenn da nur 20 Leute über den Tag verteilt kommen, die Ärzte ihren Einsatz im Impfzentrum abbrechen oder nie wiederkommen“, sagte Reinhardt. Es seien weitere Lieferungen des AstraZenca-Impfstoffs angekündigt. Er sei länger lagerfähig als die mRNA-Impfstoffe von Biontech oder Moderna. „Unter diesen Erfahrungen haben wir überlegt, was man machen kann, um die Auslastung des Impfzentrums zu befördern.“ Den Vorhalt, damit eigenmächtig zu handeln, wies Reinhardt zurück. 

Ralf Reinhardt (SPD), Landrat des Landkreises Ostprignitz-Ruppin
Ralf Reinhardt (SPD), Landrat des Landkreises Ostprignitz-Ruppin

© Fabian Sommer/dpa (Archiv aufgenommen am 11. März 2020)

"Verantwortungslos und ein klarer Rechtsbruch"

In der Brandenburger Landespolitik stieß der Alleingang des Landrats auf scharfe Kritik und Unverständnis. „Es ist unverantwortlich, wie der Landrat von Ostprignitz-Ruppin handelt“, sagte der Landtagsabgeordnete der Linken aus Neuruppin, Ronny Kretschmer. „In der Impfverordnung ist eine klare Prioritätensetzung vorgenommen.“ Im Schreiben des Gesundheitsministeriums sei darüber hinaus klar definiert, wer neben Personen mit der höchsten Priorität dann zweithöchste Priorität hat und impfberechtigt ist. „So lange nicht allen Beschäftigten im Gesundheitswesen ein Impfangebot unterbreitet werden kann, ist dieses Vorgehen des Landrates verantwortungslos und ein klarer Rechtsbruch“, sagte Kretschmer. „Hinzu kommt, dass das Impfzentrum in Kyritz nicht nur für Ostprignitz-Ruppiner, sondern auch für den Landkreis Prignitz und Teile des Havellandes zuständig ist.“ Das Verhalten sei somit auch noch unsolidarisch. 

Deutlich äußerte sich auch der Wittstocker Landtagsabgeordnete Jan Redmann (CDU): „Ich habe den Aufruf des Landrats nicht verstanden“, sagte Redmann. Aufgrund der großen Haltbarkeit des AstraZeneca-Impfstoffs bestand überhaupt kein Grund, willkürlich von der Impfreihenfolge abzuweichen. „Das schafft eine Ungerechtigkeit, die der Akzeptanz des Impfens in der Bevölkerung schadet.“

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