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Abgang. Arne Feuring gibt seinen Posten als Innenstaatssekretär nach einer steilen Polizeikarriere auf.

© Ralf Hirschberger/dpa

Rücktritt von Arne Feuring: Zu geschönt, um wahr zu sein

Innenstaatssekretär Arne Feuring tritt wegen der Debatte um die Kriminalstatistik zurück. Schröter erklärt korrekte Kriminalstatistik für Chefsache.

Potsdam - Polizeipräsident, Innenstaatssekretär, Pensionär – für Arne Feuring ist die Karriere in Brandenburgs Behörden- und Regierungsapparat nach Jahren des Aufstiegs vorbei. Der gebürtige Niedersachse und Jurist war seit 1996 in Brandenburgs Polizei, erst im Schutzbereich Bernau, dann im Landeskriminalamt, als Polizeipräsidenten in Frankfurt (Oder) und auch Polizeipräsident des ganzen Landes.

Doch nun war der Druck am Ende einfach zu groß, die Debatte um seine Rolle bei der manipulierten Kriminalstatistik läuft seit einem Jahr. Und schließlich war es Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD), der alle unter Feuring als Polizeipräsident gestarteten Versuche stoppte, Straftaten entgegen der bundeseinheitlichen Richtlinien zu erfassen, um die Kriminalstatistik zu verbessern. Selbst im Innenministerium war seit Wochen über Feurings Rückzug spekuliert worden.  Allein dadurch war er als Amtschef schon beschädigt. Dass er sich einen neuen Job sucht, kursiert schon seit zwei Wochen.

Am Donnerstag aber absolvierte er noch Termine, er war im Bundesinnenministerium, es ging um Digitalfunk bei der Polizei. In Potsdam überschlugen sich derweil die Ereignisse. Mehrfach wurde Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) im Innenausschuss des Landtags gefragt, ob er seinem Staatssekretär noch vertraue. Schröter aber antwortete einfach nicht, weshalb die Opposition Ministerpräsident Dietmar Wokidke (SPD) in den Ausschuss zitierte und Feurings Rücktritt forderte. Zwischendurch liefen die Drähte wohl heiß.

Doch so sehr Grüne und CDU auch bohrten – Woidke ließ sich nicht aus der Reserve locken. Den Paukenschlag überließ er Schröter, der sich zuvor schon bei seinem Regierungschef für das ganze Durcheinander entschuldigte. Als Woidke alle Fragen abgeblockt hatte, allen Ministern, Staatssekretären und hohen Beamten der Landesregierung sein Vertrauen aussprach, musste Schröter ran. Er sprach von „Menschenjagd“ auf Feuring und beklagt, dass dieser in aller Öffentlichkeit demontiert worden sei. „Er hat mir zur Kenntnis gegeben, dass er sich beruflich umorientieren will“, sagte er schließlich ganz am Ende.

Schröter wirkte sichtlich angespannt. Er verteidigte Feuring sogar gegen Vorwürfe der Opposition, dass die Statistik auf Anordnung Feurings bewusst manipuliert wurde – mit dem bemerkenswerten Argument, dass es in den Polizeidirektionen Ost und Nord kaum Fehler gegeben habe, die Direktion West am stärksten betroffen sei, gefolgt von der Direktion Süd. „Allein dieser Flickenteppich zeigt, dass es keinen Vorsatz gibt“, sagte der Innenminister. Hätte man manipulieren wollen, „hätte man es überall gleichmäßig gemacht“. Trotzdem sei das alles kein Ruhmesblatt für Brandenburgs Polizei. Dies in Ordnung zu bringen, sehe er persönlich als „heilige Pflicht“.

So sehr der 60-Jährige auch die Arbeit seines Staatssekretärs lobte und eine bewusste Täuschung bei der Kriminalstatistik zurückwies – die beiden hätten nicht das beste Verhältnis, war immer wieder zu hören. Erst wenige Stunden vor der Ausschusssitzung hatten die PNN und der rbb berichtet, Schröter habe seinem Staatssekretär Illoyalität vorgeworfen.

Hintergrund war der Entwurf zum Bericht über die Evaluation der Polizeireform. Dieser befindet sich derzeit in der Abstimmung und soll in Kürze vorgestellt werden. Entgegen Schröters Vorgabe, den Personalbestand bei 8100 zu belassen, empfiehlt der Evaluationsbericht 7855 Stellen.

Insider meinten, Schröter habe schon länger reinen Tisch machen wollen – durfte aber nicht. Schon die Berufung Feurings zum Staatssekretär im Innenministerium im November 2014 stieß von Anfang an auf Widerstand.

Unter dem damaligen Innenminister Woidke übernahm Feuring 2011 die Umstrukturierung der Polizei – mit dem klaren Ziel eines Stellenabbaus. Ungeachtet der seit März 2014 entfachten Diskussion um die Kriminalstatistik wurde der gebürtige Niedersachse dann im vergangenen November zum Innenstaatssekretär ernannt. Die Polizeireform blieb damit seine Aufgabe – und der 51-Jährige im Visier der Opposition. Sie warf Feuring vor, die Statistik 2013 geschönt zu haben, um den geplanten Stellenabbau bei der Polizei zu rechtfertigen.

Obwohl Schröter eine umfassende Überprüfung veranlasste und Fehler einräumte, geriet er zunehmend selbst unter Druck. Inzwischen hat er das Thema zur Chefsache erklärt: Alle Informationen aus den Polizeidirektionen kommen künftig auf seinen Tisch, erklärte der Minister wenige Stunden vor der Bekanntgabe von Feurings Rückzug.

Für die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Ursula Nonnemacher, ist ein Abgang Feurings von der politischen Bühne eine Chance für einen Neuanfang. „Wir brauchen einen neuen Führungsstil im Polizeiapparat“, betonte sie. Ihr Kollege von der CDU-Fraktion, Björn Lakenmacher, sprach dem Innenminister sein Vertrauen aus: „Ich habe keinen Grund an seiner Integrität zu zweifeln.“ Er sei nun optimistisch, dass die Evaluation der Polizei zu einem „guten und ehrlichen Ende“ komme.

Schröter hingegen wirkte bedrückt – unter anderem, weil die Diskussion durch interne Informationen angeheizt wurde. „Wer diese weitergegeben hat, schadet nicht einer Person, sondern der Institution“, betonte er. Der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Riccardo Nemitz, forderte denn auch: „Es muss jetzt Schluss sein mit der Diskussion um die Manipulationsvorwürfe. Wir müssen uns in der Polizei wieder auf die eigentlichen Aufgaben konzentrieren!“ Jetzt bestehe die Chance für einen Neuanfang in Brandenburgs Polizei „mit Offenheit und Ehrlichkeit nach innen und außen“. Jetzt könne in der Polizei wieder Vertrauen in die Führungsebene aufgebaut werden. Bemerkenswert: Selbst Schröter hatte erklärt, er wolle, dass die Polizeibeamten wieder Vertrauen in ihre Führung bekommen.

Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Schuster, sagte, er habe Achtung vor der Entscheidung Feurings, sich vom Posten des Staatssekretärs zurückzuziehen. Gerade angesichts der bevorstehenden Aufgaben für das Innenministerium mit der Evaluation der Polizeireform und der Kreisgebietsreform sei dies konsequent. „Ohne diesen Schritt wäre die Debatte um seine Person Wochen und Monate weitergegangen“, sagte Schuster.

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