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Update

Regierungserklärung: Woidke sieht Brandenburg für Neustart nach Pandemie gerüstet

In Brandenburg sorgen sich viele Menschen, wohin die Coronakrise noch führt, auch wirtschaftlich. Was Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) in einer Regierungserklärung dagegen setzt. 

Nach Einschätzung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) muss Brandenburg keinen wirtschaftlichen Einbruch in Folge der Coronakrise befürchten. "Derzeit steht fast alles unter Corona-Vorbehalt. Aber die letzten Daten zeigen klar, dass unser Land gut gerüstet ist für einen Neustart nach der Pandemie", sagte Woidke am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Potsdamer Landtag. Ja, auch in Brandenburg sei die Arbeitslosigkeit in den letzten Wochen gestiegen, "aber deutlich geringer als in anderen Bundesländern". Das habe auch mit einer klugen Anti-Krisen-Politik  in Land und Bund zu tun. 

Zugleich bekräftigte Woidke das Ziel der Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Grünen, Brandenburg zu einem Vorreiter in Deutschland und Europa zu machen, Wirtschaft und Klimaschutz zu verbinden. In der Wirtschaft begreife man zunehmend, dass die Zukunft nicht nur in umweltfreundlichen Produkten, sondern auch in der klimafreundlichen Produktion liege, so Woidke. Erneuerbare Energien seien heute ein wichtiger Standortfaktor, "vielleicht der wichtigste im Land", so der Regierungschef, der noch vor zwei Jahren als strikter Braunkohle-Verfechter galt. 

Woidke: Bandenburg Modellregion für klimaneutrale Produktion 

"Die CO²-freie Energieversorgung ist der entscheidende Faktor bei künftigen Unternehmensansiedlungen", sagte Woidke. "Hier ist Brandenburg heute Modellregion für Deutschland." Ohne diesen Ruf hätte sich Tesla nach seinen Worten nicht für die Hauptstadtregion entschieden, die größte private Investition, die es seit der Wende in Ostdeutschland gegeben hat. "Wer wagt, gewinnt", so Woidke. Er verwies darauf, dass Brandenburg bei der Windenergie mit über 7300 Megawatt installierter Leistung eines der beiden stärksten Windenergieländer Deutschlands sei, bezogen auf die Einwohner sogar vorn liege. 

Woidke ging nicht darauf ein, dass aktuell auch in Brandenburg fast keine neuen Windräder mehr entstehen, es massive Proteste dagegen gibt. Er erwähnte lediglich, dass mit der Fortschreibung der Energiestrategie und einem neuen Klimaplan die Regierung diesen Weg weitergehe "und dort nachjustiert, wo es notwendig ist."   

Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, gab zu Beginn der 19. Sitzung des Brandenburger Landtages am 26. August 2020 eine Regierungserklärung zur Entwicklung der Braunkohleregion Lausitz ab.
Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, gab zu Beginn der 19. Sitzung des Brandenburger Landtages am 26. August 2020 eine Regierungserklärung zur Entwicklung der Braunkohleregion Lausitz ab.

© Soeren Stache/dpa

Strukturwandel in der Lausitz

Die Regierungserklärung unter der Überschrift: "Starke Lausitz - starkes Brandenburg" konzentrierte sich auf den Kohleausstieg und den Strukturwandel sowie die wirtschaftlichen Perspektiven des Bundeslandes. Auslöser war das im Juli vom Bund beschlossene Struktur-Stärkungs-Gesetz, mit dem nach Brandenburg in den nächsten Jahren rund zehn Milliarden Euro fließen, um die Lausitz parallel zum Ausstieg aus der Braunkohle wirtschaftlich neu aufzustellen. "Die Zeit der Kohle geht unweigerlich zu Ende", sagte Woidke. Aber auch ohne diese historischen Beschlüsse hätten die Vorräte nach seinen Worten nur noch wenige Jahrzehnte erreicht. Nun herrsche Planungssicherheit und Klarheit. Als Beispiel, wo die Reise nach der Kohle hingeht, nannte Woidke den Ausbau des Cottbuser Bahnwerkes, wo künftig ICs gewartet werden sollen, mit 1200 neuen Jobs. Die Regierung setze damit das Versprechen um, dass neue Industriejobs vor dem Verlust von Arbeitsplätzen durch das Kohle-Aus entstehen.  Der Kohleausstieg sei kein Industrieausstieg. Außerdem nannte der Regierungschef die neue Universitätsmedizin, die in Cottbus aus dem Boden gestampft werden soll. Woidke betonte, dass der Prozess des Strukturwandels "nicht vom grünen Tisch in Potsdam aus" vorgegeben werde. 

AfD: Menschen in der Lausitz werden hingehalten 

Woidke selbst ist seit sieben Jahren Ministerpräsident. Zwar hatte er die Landtagswahl vor einem Jahr erst nach einem harten Kopf-an-Kopf-Wahlkampf vor der AfD gewonnen. Doch inzwischen haben sich politische Lage und Stimmung in Brandenburg trotz Coronakrise spürbar verbessert, kann Woidke unangefochten regieren. Im Landtag reagierte als erster Redner - das Recht steht der größten Oppositionspartei zu - der AfD-Abgeordnete Steffen Kubitzki auf die Regierungserklärung, selbst Lausitzer, der vor seinem Wechsel in die Politik im Kraftwerk Jänschwalde gearbeitet hat. Zur Regierungserklärung sagte er: "Es sind Absichtserklärungen, weiter nichts. Ich bin ein ehemaliger Arbeiter aus der Lausitz. Ich bin sauer, wie Sie die Menschen in der Lausitz hinhalten." Kubitzki verwies etwa darauf, dass im Kraftwerk Jänschwalde 2019 mit der Abschaltung des ersten Blocks bereits 600 Jobs verloren gegangen seien, ohne dass es Ersatz gegeben habe. Zugleich nannte Kubitzki den Ausstieg aus der Braunkohle "den Herztod für die Industrieregion des Landes." 

CDU-Fraktionschef Jan Redmann hielt der AfD darauf hin vor, als Markenzeichen "Pessimismus, Selbstzweifel und Ideenlosigkeit" zu haben. Die AfD stehe für "Politik gewordene Depression." Zugleich forderte Redmann, eine leise Kritik an Woidke, eine engere Kooperation in der Hauptstadtregion. "Brandenburg und Berlin sind keine Rivalen um Ansieldungen, sondern stehen gemeinsam im Wettbewerb  mit anderen internationalen Metropolregionen." 

Linke-Oppositionsführer Sebastian Walter hielt Woidke vor, sich in Allgemeinplätze zu verlieren, unkonkret zu bleiben, nichts Neues zu liefern: "Mit diesem Bild werden Sie auf  keinem Marktplatz, an keinem Infostand bestehen können." Dabei seien sich doch nach der Landtagswahl alle einig darin gewesen, sich "nicht weiter in unsere eigene Parteien-Welt  zurückzuziehen", so Walter. Stattdessen werde die Verdrängung stärker. "Was Sie machen, Herr Ministerpräsident", ist, dass Sie  ein Tischfeuerwerk abbrennen." Aber wenn es vorbei sei, bleibe nicht viel. "Man muss doch nur mal auf das Elend mit der Windkraft schauen." 

Und Peter Vida, Chef der Freien Wähler, erinnerte daran, dass Woidke noch vor nicht allzu langer Zeit auch in Regierungserklärungen noch auf Braunkohle-Kurs war, warnte zugleich aber vor einem weiteren Ausbau der Umwelt und Gesundheit schädlichen Windkraft. Für die Grünen beschrieb Fraktionschef Benjamin Raschke das frühere schwierige Verhältnis seiner Partei und der Lausitz. Man habe für das Ende der Kohle gekämpft. Es habe damals bei Demonstrationen, hier die Kumpel, da die Grünen, eine "Auseinandersetzung wie zwischen verfeindeten Lagern im Krieg" gegeben, so Raschke.  Es sei inzwischen klar geworden, dass es nur gemeinsam geht. Der Landtag beschloss die Einsetzung eines Sonderausschusses, der in den nächsten Jahren den Strukturwandel begleiten soll.       

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