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Regierung legt Gesetzesnovelle vor: Streit um neues Polizeigesetz in Brandenburg

Das rot-rote Kabinett will im neuen Polizeigesetz mehr Befugnisse für die Polizei festlegen. Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben spricht von einem "faulen Kompromiss“.

Potsdam - Brandenburgs rot-rote Regierungskoalition will der Polizei mehr Befugnisse geben, was vor allem mit wachsender Terrorgefahr begründet wird. Ein Jahr vor der Landtagswahl gibt es um den nun offiziell vorgelegten SPD/Linke-Regierungsentwurf für ein schärferes Polizeigesetz erbitterten Streit. Kritik kam am Mittwoch von der Opposition und den Gewerkschaften der Polizei. Am Dienstag hatte das Kabinett den Entwurf von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) verabschiedet, um den es heftige Auseinandersetzungen in der rot-roten Koalition gegeben hatte.

„Wir haben nach wie vor eine akute Terrorgefahr in ganz Deutschland, vor allem in den Metropolen wie etwa Berlin, mitten in Brandenburg“, sagte Schröter zur Notwendigkeit der Novelle. „Man schließt keine Krankenversicherung ab, wenn man krank ist, sondern man muss das vorher tun – und genau das wollen wir machen.“ Das Gesetz, so sagte er, wahre Maß und Mitte und gehe nicht in Richtung eines Polizeistaates.

Die Brandenburger Landesregierung will mit einem neuen Polizeigesetz auf die Terrorgefahr im Land reagieren.
Die Brandenburger Landesregierung will mit einem neuen Polizeigesetz auf die Terrorgefahr im Land reagieren.

© Christoph Soeder/dpa

Schröter wollte eigentlich noch schärfere Maßnahmen

Vorgesehen ist nun etwa, dass Terrorverdächtige künftig bis zu vier Wochen in Gewahrsam genommen, Kontakt- und Aufenthaltsverbote für Gefährder verhängt werden und Messengerdienste überwacht werden können. Dabei ist für die meisten Maßnahmen ein Richterbeschluss nötig. Auch die Videoüberwachung öffentlicher Plätze soll ausgeweitet werden. Allerdings gehen nach Interventionen der Linken die Pläne nicht so weit wie im ursprünglichen Entwurf Schröters, der vom neuen bayerischen Polizeigesetz abgeschrieben war.

CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben warf Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) vor, „Brandenburgs Polizisten im Regen stehen zu lassen und die Sicherheit der Bürger aufs Spiel zu setzen.“ Es sei ein fauler Kompromiss, ein Kniefall vor dem Koalitionspartner. 

Es gehe diesem ausschließlich darum, die eigene Amtszeit noch ein paar Monate zu retten, so Senftleben. „Als ehemaliger Innenminister weiß Woidke genau, welchen Preis die Polizei für diesen faulen Kompromiss bezahlen wird.“ Die CDU hatte jüngst einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich weitgehend an dem ursprünglichen des Innenministers orientiert.

Auf Druck der Linken wurden die Fußfesseln wieder gestrichen

Aus dem Ursprungsentwurf Schröters hatten die Linken unter anderem die Online-Durchsuchung und geplante Fußfesseln gegen Terrorverdächtige herausgestrichen. „Die Linke hat gegen erheblichen Widerstand des Koalitionspartners darauf bestanden, dass Freiheitsrechte mit uns nicht verhandelbar sind“, erklärte Landeschefin Anja Mayer. „Online-Durchsuchung, Schleierfahndung, anlasslose Überwachungen und elektronische Fußfesseln lehnen wir prinzipiell ab.“ Mayer merkte an, dass die elektronische Fußfessel in grün mitregierten Ländern wie Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen-Anhalt eingeführt worden sei. In Berlin und Thüringen, wo die Linken auch in Regierungsverantwortung sind, werden die Polizeigesetze gar nicht verschärft.

Grüne warnen vor Eingriffen in die Privatsphäre

„Der Gesetzentwurf sieht nach wie vor schwerwiegende Eingriffe in die Grundrechte, vor allem die Privatsphäre, der Brandenburger vor“, warnte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Er nannte konkret die geplante Ausweitung der „Schleierfahndung“, also das Recht der Polizei, anlasslos Fahrzeuge zu kontrollieren. Derzeit ist das nur im Grenzgebiet zulässig, künftig wird es auf Autobahnen und Bundesstraßen erlaubt sein. Die Polizeigewerkschaften, CDU und AfD fordern eine Ausweitung auf ganz Brandenburg.

Der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Ricardo Nemit, forderte Nachbesserungen. Vom einst soliden Gesetzentwurf Schröters sei „bedauerlicherweise nach regierungsinternem Geeiere und Gefeilsche unterm Strich nicht mehr viel übrig“. Die Brandenburger würden im Vergleich zu den Einwohnern anderer Länder bei der Sicherheit nicht auf gleicher Höhe sein. Das neue Polizeigesetz soll Mitte November erstmals im Landtag beraten werden. Zuvor hat ein linkes Bündnis für den 10. November zu einer Demonstration gegen das Gesetz in Potsdam aufgerufen. (mit dpa)

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