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Rechtsextremismus: Wittenberge wehrt sich gegen Neonazis

Breites Bündnis will sich gegen den braunen Aufzug am kommenden Samstag wehren. Die bekamen am Wochenende schon mal einen Vorgeschmack darauf.

Wittenberg/Potsdam - Die Stadt Wittenberg (Prignitz) will sich mit einem bunten Programm gegen einen Neonazi-Aufmarsch am kommenden Samstag wehren. Angemeldet hat den braunen Aufzug der Rechtsextremist Peer B. aus Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin). In dem Mobilisierungsvideo der „Freien Kräfte Neuruppin/Wittenberge“ sind auch andere bekannte Neonazis aus dem Nordwesten Brandenburgs zu sehen, etwa der Neuruppiner NPD-Ortsverbandschef Dave Trick, aber auch Bea K. aus Neuruppin und ihr Bruder Marvin K. aus Pritzwalk. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Volksverhetzung. Er soll Rädelsführer eines Fackelmarsches im November 2013 für den verstorben NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke in dessen Geburtsstadt Hennigsdorf (Oberhavel) gewesen sein.

Die Stadt Wittenberge will den Aufmarsch nicht einfach hinnehmen. Ein breites Bündnis aus Bürgern, allen im Stadtparlament vertretenen Parteien, Vertretern der Kirchen, Unternehmen, Vereinen und Institutionen will dem Aufzug entgegentreten. Nach Einschätzung des Mobilen Beratungsteams gegen Rechts hat eine Stadt im Nordwesten des Landes noch nie derart stark zu Protesten gegen Neonazis mobilisiert, selten herrscht so viel Einigkeit in der Stadtpolitik. Vorgesehen ist für den kommenden Samstag ein ganztägiges Bürgerfest für Frieden und Toleranz – mit Sport, Gottesdienst und Bühnenprogramm.

Die Neonazis im stark unter Abwanderung und Einwohnerschwund leidenden Nordwesten wollten mit ihrem Aufmarsch an die Kampagne „Demokratie ist Volkstod“ des verbotenen braunen Netzwerks „Widerstand Südbrandenburg“ anknüpfen. In dem Aufruf heißt es: „Wir möchten längst dem Volkstod verschriebene Landschaften nicht kampflos aufgeben.“ Das Motto des Aufzugs lautet: „Sieh nicht zu, wenn deine Stadt stirbt – werde aktiv.“ Dafür haben sich die wenigen, aber überaus aktiven Neonazis im Nordwesten jetzt vernetzt. Die bekannten „Freien Kräfte Neuruppin“ treten mit den neuen „Freien Aktivisten Wittenberge“ nun als „Freie Kräfte Prignitz/Neuruppin“ auf. Tatsächlich kann der Hintergrund auch ganz banal sein: Bea K. soll nach Angaben aus Sicherheitskreisen von Neuruppin nach Wittenberge gezogen sein.

Wie wenig die Menschen in Wittenberge von den Neonazis und dem geplanten Aufmarsch halten, zeigten sie bereits am vergangenen Samstag. Zehn Neonazis hatten einen Infostand aufgebaut, um auf den Aufmarsch hinzuweisen. Knapp 40 Menschen stellten sich dem entgegen. Am Infostand war übrigens auch der 23-jährige Torsten O. aus Wittstock. Ende Oktober 2013 stand er in Berlin vor Gericht. Er hatte gemeinsam mit zwei anderen Neonazis im September 2012 in Berlin-Schöneweide einen jungen Mann angegriffen und durch die Straßen gejagt. Das Opfer war in einen Imbiss geflüchtet und wurde von den Angestellten mit einem Dönerspieß verteidigt. Zivilbeamte der Polizei wurden zufällig Zeugen. Das Gericht aber stellte den Prozess um gefährliche Körperverletzung und Beleidigung ein – gegen Zahlung von 150 Euro an das Opfer. Alexander Fröhlich

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