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Rechte ohne Chance in Bad Belzig: Positive Signale für Flüchtlinge

Auf einer Versammlung der Stadt Belzig versuchten Neonazis Stimmung zu machen gegen Flüchtlinge. Darunter war auch Maik E. aus Grabow, Zwillingsbruder des im NSU-Prozess angeklagten André E. Doch in Belzig stellen sich Bürger hinter die Pläne für eine neue Asylunterkunft.

Von Eva Schmid

Bad Belzig/Beelitz - Die Kritiker des Asylbewerberheims in Bad Belzig waren am Montagabend auf einer Sitzung des Sozialausschusses der Stadt in der Minderheit. Rund 70 Einwohner haben sich bei dem Termin für die Aufnahme von Flüchtlingen in Bad Belzig ausgesprochen. Auf der Sitzung informierte der Landkreis Stadtverordnete und Bürger über die Pläne zum Ausbau und der Sanierung des Wohnheims im Weitzgrunder Weg. Unter den zehn rechtsextremen Akteuren im Publikum sei unter anderem Maik E. der Zwillingsbruder des mutmaßlichen Hauptunterstützers der Terrorgruppe NSU und derzeit vor Gericht stehenden André E. gewesen. Das sagte der Rechtsextremismus-Experte Markus Klein vom Mobilen Beratunsgsteam Potsdam. 

Laut der Belziger Bürgermeisterin Hannelore Klabunde (parteilos) hätte nur einer der Rechtsextremen, ein Mann aus Bad Belzig, sich zu Wort gemeldet – die anderen saßen schweigend auf ihren Stühlen. Er fragte unter anderem die zuständigen Mitarbeiter des Kreises nach der Finanzierung des Heims und den Kosten, die pro Asylbewerber anfallen. Überraschend sei zudem gewesen, dass der in Grabow lebende Maik E., der Zwillingbruder des mutmaßlichen NSU-Unterstützers, sich jetzt wieder in der Öffentlichkeit zeigte. Laut dem Mobilen Beratungsteam sei das seit 2011, als sein Bruder auf dem Gehöft in Grabow bei Niemegk festgenommen wurde, nicht mehr der Fall gewesen.

Nach Einschätzung des brandenburgischen Verfassungsschutzes hat es Maik E. lange vermiedent, öffentlichkeitswirksam als Rechtsextremist in Erscheinung zu treten. Das Anwesen der Brandenburger Neonazi-Größe. in Grabow dient weiter als Treffpunkt der rechtsextremistischen Szene. Auf dem Gehöft organisiere E. immer wieder kleinere einschlägige Veranstaltungen für rechte „Gesinnungsfreunde“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Potsdam. Dazu gehörten szenetypische Frühlings- und Herbstfeste sowie keltisch-heidnische Sonnenwendfeiern. Maik E. war selbst lange eine führende Figur in der Brandenburger Neonazi-Szene und leitete unter anderem den Stützpunkt der Jungen Nationaldemokraten in Potsdam, der Jugendorganisation der NPD. Zudem hielt er Schulungen zur Nachwuchsgewinnung ab und verbreitete faschistische Propaganda.

Alle Plätze im Belziger Ratssaal waren am Montagabend besetzt, bis auf den Flur standen die interessierten Belziger. „Es freut mich, wenn man bei dem Thema so viel Aufmerksamkeit bekommt“, so Klabunde. Im Publikum saßen Schüler als auch ältere Belziger. Es sei ein repräsentatives Publikum gewesen. Und: „Der Schulterschluss in der Gesellschaft ist am Montag stark spürbar gewesen“, betonte die Bürgermeisterin. Auch Markus Klein vom Mobilen Beratungsteam freute sich über die vielen Besucher: „Die Anwesenheit der Belziger hat verhindert, dass Rechtsextreme die Bühne bekommen haben, die sie eigentlich haben wollten.“

Auch in anderen mittelmärkischen Kommunen gibt es für Flüchtlinge Unterstützung: Viele Nachbarn aus dem Beelitzer Ortsteil Fichtenwalde würden sich für Familien, die jüngst von Syrien in den Landkreis gekommen sind, einsetzen. Das berichtete die Integrationsbeauftragte des Kreises, Theresa Arens, am Montag bei einem Arbeitstreffen zum Thema Integration in Beelitz. Auch in Teltow gebe es zahlreiche Helfer, Arens liege eine Liste mit 30 Ehrenamtlern vor.

Um die Hilfe zu koordinieren, hat Arens zusammen mit weiteren 50 Akteuren aus Politik und Verwaltung sowie von freien Trägern beraten, wie die Integration in den mittelmärkischen Kommunen erleichtert werden kann. Das seit 2004 existierende Integrationsnetzwerk des Kreises soll dabei auf Verbesserungspotenziale abgeklopft werden. Dabei ging es nicht nur um Flüchtlinge, auch Migranten soll verstärkt geholfen werden. Immerhin leben laut Arens mittlerweile mehr als 9000 Menschen mit Migrationshintergrund im Landkreis.

Bei dem Treffen seien bereits mehrere konkrete Vorschläge erarbeitet worden: Migranten und Flüchtlinge mit Deutschkenntnissen könnten sich demnach als Sprach- und Integrationsmittler ausbilden lassen. „Denn Farsi und Russisch sind besonders gefragt, das stellen wir in Kitas oder auf Ämtern immer wieder fest“, so Arens. Auch eine Orientierungshilfe ist in Planung: Arens will in einer Kompaktinfo, einem beidseitig bedruckten DIN-A-4-Blatt, verschiedene Fachkräfte und ihre Dienstleistungen übersichtlich auflisten. „So ein Infoblatt sollte in jeder Amtsstube liegen und natürlich auch Wegweiser für die Flüchtlinge sein.“ Für die Migranten würden die Informationen mit kurzen Erklärungen in mehreren Sprachen aufbereitet. Und auch der Sport soll eine stärkere Rolle bei der Integration spielen. Laut Arens will der Landessportbund bei Teltower Sportvereinen dafür werben, Flüchtlinge aufzunehmen. Eva Schmid

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