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Brandenburg: Rangfolge statt Quorum

Nach den zwei gescheiterten Landratsstichwahlen wird erneut über eine Änderung des Brandenburger Wahlrechts diskutiert

Potsdam - Nach den mangels Wahlbeteiligung gescheiterten Landratsstichwahlen in den Landkreisen Barnim und Ostprignitz-Ruppin werden erneut Forderungen nach einer Änderung des Wahlrechts laut. Sowohl die Brandenburger Grünen als auch der Verein Mehr Demokratie Berlin- Brandenburg haben sich am Montag für die Einführung der sogenannten Rangfolgewahl ausgesprochen. Dabei nummerieren die Wähler die Kandidaten-Namen auf dem Wahlzettel entsprechend der eigenen Präferenz durch. Es gewinnt der Kandidat, den die Mehrheit der Wähler am liebsten im Amt sehen möchte.

Bei Landratswahlen sei immer wieder eine niedrige Wahlbeteiligung zu beobachten, begründet der Landesvorsitzende der Grünen, Clemens Rostock, die Forderung. Das 15-Prozent-Quorum sei dabei nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems, da Quoren eine abschreckende Wirkung hätten. Derzeit muss ein Kandidat für einen Sieg bei der Direktwahl nicht nur 50 Prozent der abgegebenen Stimmen, sondern mindestens auch 15 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten erreichen. „Wer geht schon gerne zur Wahl, wenn vorher fraglich ist, ob die Wahl überhaupt gültig ist?“, fragt Rostock. Zudem gingen einige Wähler, deren Kandidaten im ersten Wahlgang ausgeschieden sind, nicht zur Stichwahl. Die Grünen plädieren außerdem für eine Zusammenlegung der Landrats- und Bürgermeisterwahlen mit den Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen. Das würde für mehr Klarheit bei den Zuständigkeiten führen, erklärt Rostock.

„Wenn man an der Zustimmungshürde festhalten möchte, muss man sich Gedanken über das Wahlsystem machen, damit das Engagement derer, die wählen gehen, nicht ins Leere läuft“, fordert auch der Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie, Oliver Wiedmann. Eine Rangfolgewahl, die nur einen Wahlgang benötige, mache das Scheitern an der Zustimmungshürde unwahrscheinlich, erläutert er die angestrebte Wahlrechtsänderung. „Wenn man den Bürgerwillen einfach unter den Tisch fallen lässt, wird dabei Politikverdrossenheit aktiv gefördert“, so Wiedmann. Denn nach dem Scheitern der Stichwahlen in zwei von vier Landkreisen am Sonntag liegt die Wahl der Landräte nun wieder bei den jeweiligen Kreistagen. Landrat kann nun auch werden, wer bei den Wahlgängen unterlag oder vorher gar nicht zur Direktwahl angetreten war.

Eine politische Mehrheit für eine Änderung des Wahlrechts sehe er derzeit nicht, sagte SPD-Generalsekretär Erik Stohn. Er hoffe, dass die Kreistage das Votum der Wähler respektierten und die SPD-Kandidaten wählten. Im Barnim lagen der SPD-Landtagsabgeordnete Daniel Kurth und in Ostprignitz-Ruppin der bisherige Landrat Ralf Reinhardt (SPD) deutlich vor den Bewerbern der CDU, aber beide verfehlten das Quorum, was auch an der niedrigen Wahlbeteiligung lag. Im Landkreis Barnim lag diese beim ersten Wahlgang am 22. April noch bei 26,8 Prozent, am Sonntag bei der Stichwahl nur noch bei 18,4 Prozent. In Ostprignitz-Ruppin sank die Wahlbeteiligung vom ersten zum zweiten Wahlgang von 32,4 auf 24,2 Prozent.

Zuvor wurde bereits bei sechs von 14 Landratswahlen in Brandenburg das Quorum nicht erreicht. Seit 2010 werden die Landräte in der Mark direkt von der Bevölkerung gewählt. Die Direktwahl war 2007 beschlossen worden. Die SPD hatte sich dabei dem damaligen Koalitionspartner CDU nur mit Widerwillen gebeugt, da die Mehrheitsverhältnisse in den Kreistagen SPD-Landräte wahrscheinlich machten und die Direktwahl ein Risiko für den Machterhalt barg.

Bei den Stichwahlen am Sonntag in den Landkreisen Uckermark und Spree-Neiße hatten sich CDU-Kandidaten durchgesetzt. (mit dpa)

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