zum Hauptinhalt

Brandenburg: Ränkespiele um Mehdorn-Nachfolge

Fakten, Akten und doch ganz viele Probleme: Projektsteuerer sagt im Untersuchungsausschuss aus

Potsdam/Berlin - Der neue Hauptstadtflughafen BER beschäftigt auch im neuen Jahr die Politik in Berlin und Brandenburg. Es geht um Spitzenpersonal und ums Geld. Auch die Aufarbeitung des Desasters geht weiter.

Spekulationen ums Personal

Die Nachfolge von Hartmut Mehdorn lastet wie ein schweres Joch auf den Schultern der Flughafen-Gesellschafter. Um Zeit zu gewinnen, so lautet ein Gerücht, solle der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Aufsichtsratsmitglied Rainer Bomba (CDU) die Geschäftsführung übernehmen – als Interimslösung, bis ein neuer BER-Chef gefunden ist. „Zu irgendwelchen wilden Personalspekulationen nehmen wir keine Stellung“, sagte Berlins Senatssprecherin Daniela Augenstein. Immerhin kein Dementi. Brandenburgs Landesregierung wird da deutlicher. „An diesem Bericht ist nichts dran. Das ist Quatsch“, sagte Regierungssprecher Thomas Braune. Auch Finanzminister Christian Görke (Die Linke) sagt: „Das entbehrt jeder Grundlage.“ Und ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums erklärt knapp: „Das steht nicht zur Debatte.“

Mehdorn hatte Mitte Dezember seinen Rücktritt bis Mitte 2015 erklärt, weil er sich vom Aufsichtsrat gegängelt fühlte, über seine Zukunft am BER spekuliert, und also ohnehin schon an seinem Stuhl gesägt wurde. Angeblich sind jetzt auch schon drei Namen für seine Nachfolge im Umlauf, wobei sich die drei Eigner noch nicht einig sind. Klar ist auch, dass Mehdorn keine schwerwiegenden Entscheidungen mehr treffen wird. Dass nun Bomba als Zwischenlösung ins Spiel gebracht und damit sogleich verbrannt wurde, ist Teil der Ränkespiele zwischen den Gesellschaftern. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller hatte sich bereits für eine interne Lösung für die Mehdorn-Nachfolge ausgesprochen – gemeint war Technikchef Jörg Marks – und damit Brandenburg verärgert.

Redebedarf gibt es auch bei der Besetzung des Aufsichtsrats-Chefpostens. Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) setzt auf Fachleute und hat in das Gremium nur Staatssekretäre entsandt. Müller dagegen ist selbst drin. Immerhin glauben jetzt alle, den Flughafen bis Ende 2017 eröffnen zu können.

Und dann das Geld: Mehdorn hält nach der Finanzspritze von 1,1 Milliarden Euro Gesamtkosten von 5,4 Milliarden Euro für ausreichend. Der Bund beantragte aber vorsorglich Beihilfen von 2,2 Milliarden Euro bei der EU in Brüssel – es wären dann am Ende 6,5 Milliarden Euro. Der Grund: Schon beim Start wird der für 27 Millionen Passagiere im Jahr ausgelegte Flughafen zu klein sein. In Tegel und Schönefeld aber wurden 2014 schon fast 28 Millionen Passagiere abgefertigt – ein Anstieg um 6,3 Prozent und ein neuer Rekord, die Tendenz geht seit Jahren nach oben. Die nötigen Erweiterungen des BER müssen finanziert werden – nur wie, ob aus Eigenmitteln des Flughafens oder durch die Gesellschafter, muss noch geklärt werden. Bisher hieß es, das Geld soll von den Ländern Brandenburg und Berlin sowie dem Bund durch verbürgte Kredite aufgebracht werden. Brandenburgs Finanzminister Görke sagte den PNN, es sei bisher keine Entscheidung getroffen worden, der zufolge ein höherer Finanzbedarf der Flughafengesellschaft automatisch aus Steuermitteln abzudecken ist. Die Flughafengesellschaft müsse auch Vorschläge für die Eigenfinanzierung vorlegen.

Aussage des Ex-Projektsteuerers

Der BER-Untersuchungsausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus nahm sich am Freitag zum zweiten Mal den Projektsteuerer des BER, Christian Manninger, vor. Der schob erneut die Hauptverantwortung für das Desaster auf die Flughafengesellschaft und deren Bau-Geschäftsführer Manfred Körtgen. Die fortlaufenden Änderungen der ursprünglichen Planung hätten letztlich die Baustelle aus dem Ruder laufen lassen. Manninger nimmt für sich in Anspruch, deutlich genug auf die „immensen Risiken“ für eine Eröffnung des Flughafens im Juni 2012 hingewiesen zu haben. Dennoch wurde auch ihm inzwischen das Vertrauen entzogen. Am 27. Juni 2014 habe er „per Pressemitteilung erfahren, dass ich mich aus freien Stücken aus der Projektleitung zurückziehe“. Drei Tage später habe er gekündigt. Die Gründe für seine Amtsenthebung habe er nicht erfahren.

Manninger antwortete ruhig und überlegt auf die Fragen der Abgeordneten. In die Defensive geriet er, als Grünen-Obmann Andreas Otto ihn auf Vorwürfe ansprach, seine damalige Firma WSP/CBP Airport habe Studenten als reguläre Mitarbeiter abgerechnet. Manninger bestätigte, dass in Einzelfällen Studenten mit 9000 Euro pro Monat abgerechnet wurden, das habe die Flughafengesellschaft aber gewusst und gebilligt. Inzwischen würde der Flughafen auch andere Qualifikationen seiner damals 80-köpfigen Mannschaft anzweifeln.

Laut Manninger hat es auf der BER-Baustelle eine Fülle von „Bedenkenanmeldungen und Behinderungsanzeigen“ beteiligter Firmen gegeben, das sei aber ganz normal auf Großbaustellen. Normal sei auch, dass sich der Bauherr, also der Flughafen, in vielen Fällen über die Bedenken hinweggesetzt und Bauleistungen angeordnet habe. Im Fall der Entrauchungsanlage sei es nicht gelungen, den beteiligten Firmen Bosch, Siemens und T-Systems „abschließend fehlerfreie Pläne zu liefern“.

Nach Darstellung von Manninger wurde das Bauprojekt BER wie eine Mega-Behörde gemanagt, mit einer minutiösen Termin- und Ablaufplanung, einer Fülle von Dokumentationen, einem zentralen Projekthandbuch, Kostenprüfungen, Nachtragsmanagement und Plausibilitätsprüfung am Ende der Prozesskette. Die Anforderungen des Flughafens an die Dokumentation von Bauleistungen seien stetig gewachsen und hätten von den Firmen „nicht mehr erfüllt werden können“.

Alexander Fröhlich/Thomas Loy

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false