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Corpus delicti. Gegen NPD-Funktionär Marcel Zech wird wegen seines Tattoos ermittelt.

© Facebook NPD/Privat, Montage: Andreas Klaer

Prozess in Oranienburg: Sechs Monate auf Bewährung für das KZ-Tattoo

Der NPD-Politiker Marcel Zech präsentierte Ende November Badegästen sein Nazi-Tattoo in Oranienburg. Die Staatsanwaltschaft forderte beim heutigen Prozess zehn Monate Haft ohne Bewährung, doch das Urteil fiel deutlich milder aus.

Im Prozess gegen den Brandenburger NPD-Funktionär Marcel Zech haben am Dienstag Staatsanwaltschaft, ein Zeuge und der Verteidiger ihre Sicht der Dinge präsentiert. Nach Ansicht des Staatsanwalts Torsten Lowitsch handelt es sich bei dem öffentlichen Auftritt Zechs mit seinem gut sichtbaren KZ-Tattoo in einem Spaßbad um Volksverhetzung. Er fordert für Zech zehn Monate Haft - ohne Bewährung. Das Gericht verurteilte den Tattoo-Träger zu sechs Monaten auf Bewährung. Begründet wurde das Urteil unter anderem damit, dass Zech ein Teilgeständnis abgelegt habe. Die Richterin sah den Tatbestand der Volksverhetzung ebenfalls erfüllt. Sie denke, das dass Urteil auch ohne Haftstrafe bei dem Angeklagten Wirkung zeigen würde. Marcel Zech darf sich in den nächsten drei Jahren nichts mehr zuschulden kommen lassen, sonst muss er ins Gefängnis.

Zechs Tattoo auf dem Rücken über dem Hosenbund zeigt die Silhouette des Konzentrationslagers Auschwitz, dazu den Spruch „Jedem das Seine“ vom Haupttor des KZ Buchenwald. Er hatte das KZ-Tattoo kürzlich in einem Schwimmbad zur Schau gestellt. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin klagte den Mann wegen Volksverhetzung an und beantragte ein beschleunigtes Verfahren. Eine Haftstrafe bis zu einem Jahr wäre damit möglich gewesen. 

Bei dem Angeklagten handelt es sich um einen 27-Jährigen, der für die rechtsextreme NPD im Kreistag Barnim sitzt und Gemeindevertreter in Panketal ist.

Durch das "Zurschaustellen des Sinnbildes der Massenvernichtung der Juden im Dritten Reich" habe der Angeklagte den Völkermord gutgeheißen, sagte der Staatsanwalt am Dienstag. Das erfülle den Straftatbestand, der in Paragraf 130 des Strafgesetzbuches wie folgt dargelegt ist: "Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost."

Zechs Anwalt: Er wollte nur Spaß im Bad haben

Marcel Zechs Anwalt argumentierte hingegen, dass der Spruch "Jedem das Seine" nicht im Zusammenhang mit der Abbildung des "Lagers" stehe - das Wort Konzentrationslager benutzte er nicht - sondern mit einem Tattoo im Nacken. Dort steht "Freundschaft verbindet". Zudem könne man nicht sagen, dass die Abbildung das KZ Auschwitz zeigen würde, da Ausschwitz einen anderen Turm hätte. Marcel Zech wollte nur Spaß im Bad haben, "wenn er überhaupt ein Bewusstsein hatte", so der Anwalt. Er forderte Freispruch für seinen Mandanten.

"Ich sah ich es als meine Pflicht an, das zu dokumentieren"

Bekannt geworden war der Auftritt Zechs durch ein Foto, das ein Journalist gemacht und über Facebook verbreitet hatte, der am Dienstag als Zeuge gehört wurde. "Ich war der Auffassung, dass es so außergewöhnlich war, dass ich das dokumentieren musste", sagte er. Jeder in dem Spaßbad habe das Tattoo gesehen, niemand habe Anstoß daran genommen. "Umso mehr sah ich es als meine Pflicht an, es zu dokumentieren." Zudem bestätigte er, dass Zech einen tätowierten Reichsadler auf dem Bauch trage.

Der Zeuge sagte, er habe einen Bademeister auf das KZ-Tatto hingewiesen. Der habe gesagt, er könne daran nichts ändern, auch wenn er die durch das Tattoo vertretene Auffassung nicht teile. Eine Stunde später sprach der Zeuge dann zwei weitere Bademeister an, sagte er. Die hätten dann ihren Vorgesetzten eingeschaltet. "Ich hielt das öffentliche Interesse für überragend“, sagte der Zeuge.

Der Anwalt Zechs, der in der Neonazi-Szene gut vernetzte Wolfram Nahrath, sagte, der Zeuge habe sich aus seiner Sicht selbst strafbar gemacht. Das Verbreiten des Fotos im Internet sei eine "Straftat nach dem Kunsturhebergesetz." Daraufhin lächelte der Staatsanwalt nur müde und sagte: "Ich kenne das Gesetz."

Der Angeklagte, der auf seiner Hand eine Tätowierung der rechtsextremen „Barnimer Freundschaft“ trägt, ist mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen Körperverletzung, Beleidigung, Fahren ohne Fahrerlaubnis und Amtsanmaßung.


Hinweis in eigener Sache: Es gibt einen Grund, den Beschuldigten beim Namen zu nennen: Er ist Mandatsträger im Kreistag des Landkreises Barnim und in der Gemeindevertretung Panketal. Auch bei jedem anderen Politiker oder Amtsträger, gegen den ermittelt wird, der vor Gericht steht oder der verurteilt wird, nennen wir den vollen Namen. Und Zech ist daher nicht wie jede andere Privatperson zu behandeln. Das ist normaler journalistischer Umgang in solchen Fällen.

Lesen Sie weiter: Kann ein Tattoo Volksverhetzung sein? Ein Mann hat sich ein Bild eines Konzentrationslagers auf den Rücken tätowieren lassen und zeigte es im Schwimmbad. Volksverhetzung oder Teil seiner Meinungsfreiheit - eine Analyse. 


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