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Polizei in Brandenburg: Stübgen lehnt Rassismus-Studie ab

Niedersachsen und Berlin wollen in einer Studie Rassismus in der Polizei unter die Lupe nehmen. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) sieht dafür keine Notwendigkeit.

Potsdam/Berlin - Brandenburg will anders als Berlin seine Polizisten keiner wissenschaftlichen Rassismus-Überprüfung unterziehen. „Ich sehe für Brandenburg keine Notwendigkeit solcher Studien“, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Dienstag auf PNN-Anfrage. Racial Profiling, also Polizeikontrollen allein aufgrund ethnischer Merkmale von Menschen, sei verboten und würde streng geahndet werden, wenn es dazu käme.  SPD, CDU und Grüne hätten sich bereits in den Koalitionsverhandlungen zu dem Thema ausgetauscht und sich darauf geeinigt, einen Polizeibeauftragten und eine unabhängige Beschwerdestelle aufzubauen. Der Polizeibeauftragte wird der Ansprechpartner für Polizisten, die abseits des Dienstweges auf Probleme innerhalb der Polizei hinweisen wollen. Die unabhängige Beschwerdestelle ist der Kontakt für Bürger, die sich in irgendeiner Art von der Polizei falsch behandelt fühlen. „Beides zusammen bildet ein wirksames System, auch gegen Racial Profiling“, so der Innenminister.

Polizeipräsident: Generalverdacht wäre falsch 

Brandenburgs neuer Polizeipräsident Oliver Stepien hat in seinem ersten Interview nach Amtsantritt im Juni gegenüber den PNN erklärt, dass Rassismus auch in der Brandenburger Polizei nicht auszuschließen sei. „Wenn die Polizei ein Spiegelbild der Gesellschaft ist, wäre es falsch, davon auszugehen, dass es dort keinen Extremismus gibt. Einzelfälle sind denkbar“, sagte Stepien. Ein Generalverdacht gegen alle Polizisten sei aber falsch, „das haben die Kolleginnen und Kollegen nicht verdient“, betonte der Polizeipräsident, der vom Landeskriminalamt Berlin nach Brandenburg gewechselt ist.
Die rot-rot-grüne Koalition in der Hauptstadt hingegen will eine eigene Studie zu Polizeiarbeit und Rassismus erstellen lassen. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern ist in Berlin auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) offen für eine solche Untersuchung. „Berlin sollte lieber mit einigen Ländern vorangehen und eine vernünftige Studie auf den Weg bringen, als einen halbgaren Kompromiss mitzumachen, bei dem dann kein unangenehmes Ergebnis herauskommen darf“, sagte Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linkspartei im Abgeordnetenhaus. Die Studie müsse unbedingt unabhängig und nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgen, sagte Schrader – ein schlechtes Beispiel sei dagegen Hessen, wo 2019 eine Polizeistudie vorgestellt und so entschärft wurde, dass sie kaum noch Aussagekraft besaß. Mittlerweile musste der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) die damaligen Ergebnisse revidieren.

Seehofer will Studie zu Gewalt gegen Polizisten 

Auch die Berliner Innenverwaltung von Senator Andreas Geisel (SPD) unterstützt den Vorschlag von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Dieser hat angeregt, eine Studie zu Rassismus und Racial Profiling bei der Polizei im Verbund mehrerer Bundesländer zu organisieren – ohne dass der Bundesinnenminister eingebunden wäre. Horst Seehofer (CSU) hatte wiederholt erklärt, eine solche Studie brauche es nicht, und Politik sei kein „Wünsch Dir was“. Seehofer erklärte unterdessen, er wolle nun lieber Gewalt gegen Polizisten wissenschaftlich untersuchen. Er sieht die Polizei – „bis in wichtige Bereiche der Politik und der Medien hinein“ – verunglimpft.

Mehr Gewalt gegen Polizisten in Brandenburg 

Auch eine solche Studie lehnt Brandenburgs CDU-Innenminister ab. „Die Polizistinnen und Polizisten brauchen keine weitere Studie, sondern besseren Schutz und harte Strafen für die Täter“, sagte Stübgen den PNN. Die Gewalt gegen Polizeibeamte sei 2019 auf ein trauriges Rekordhoch gestiegen. In Brandenburg wurden im Vorjahr 1262 Angriffe auf Polizisten registriert, 283 mehr als noch 2018 (plus 28,9 Prozent). 2162 Landespolizisten wurden 2019 Opfer von Straftaten. Stübgen hatte bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik im März von einer „zunehmenden Verrohung von Teilen der Gesellschaft“ gesprochen, die sich hier besonders deutlich zeige. 

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