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Polizei Brandenburg in Personalnot: Streife statt Ruhestand

Personalnot: Die Brandenburger Polizei ist auf Beamte angewiesen, die nach Beginn ihres offiziellen Ruhestands freiwillig länger im Dienst bleiben.

Potsdam - Ohne sie hätte die Brandenburger Polizei ein noch größeres Personalproblem als ohnehin schon: Beamte, die ihren Ruhestand verschieben. Beim Landesdelegiertentag der Gewerkschaft der Polizei (GdP) am Wochenende in Potsdam bedankte sich Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) deshalb ausdrücklich bei den Polizeibediensteten, die freiwillig ihre Lebensarbeitszeit verlängern. Damit sei überhaupt erst die Grundlage für die Trendwende bei der Personalsituation geschaffen worden, so Schröter. Hinter den Kulissen heißt es, das Ministerium habe sich mehr Beamte erhofft, die länger arbeiten wollen, denn die Nachwehen der vom damaligen Innenminister Rainer Speer (SPD) angestoßenen Polizeireform mit einer drastischen Reduzierung des Personals sind immer noch deutlich zu spüren.

„Brandenburg hat in den vergangenen Jahren zu wenig Polizisten ausgebildet“, sagt GdP-Landeschef Andreas Schuster. Ohne den Einsatz von Ruheständlern wäre es nicht möglich, die Zahl der Polizisten bei rund 8000 zu halten. Speers später korrigierte Zielzahl lag ursprünglich bei 7000 Polizisten im Jahr 2020. Derzeit sind laut Schuster 200 Stellen bei der Polizei unbesetzt. Ohne die arbeitswilligen älteren Kollegen wären es noch einige mehr.

In Brandenburg sind 76 Beamte im Dienst, die das Rentenalter erreicht haben

Aktuell sind nach Angaben des Innenministeriums 76 Beamte im Dienst, die das Ruhestandsalter schon erreicht haben. Dieses lag früher für Polizisten bei 60 Jahren. Mit der Änderung des Landesbeamtengesetzes Ende 2013 wurden die Altersgrenzen angehoben. Polizeibeamte des mittleren Dienstes gehen seitdem mit 62 Jahren, Beamte des gehobenen Dienstes mit 64 und die des höheren Dienstes mit 65 Jahren regulär in den Ruhestand. Für Polizisten, die vor dem 1. Januar 1954 geboren sind, ist das vollendete 60. Lebensjahr weiterhin die reguläre Altersgrenze. Für die Jahrgänge 1954 bis 1968 gilt eine Übergangsregelung mit einer gestaffelten Anhebung der Altersgrenze pro Geburtsjahr um einige Monate.

Um die Polizisten zu animieren, länger als verlangt Dienst zu schieben, hat der Landtag im Dezember 2016 eine Art Altersprämie beschlossen: Beamte, die eigentlich schon im Ruhestand wären, bekommen einen monatlichen Zuschlag von 400 Euro. Dieser soll laut Beschluss bis Ende 2019 gezahlt werden. „Eine Verlängerung ist angestrebt“, sagt der stellvertretende Sprecher des Innenministeriums, Andreas Carl. Eingesetzt sind die dienstälteren Polizisten derzeit vor allem im Streifen- und Revierdienst sowie bei der Kriminal- und der Verkehrspolizei. Tätigkeitsfelder, in denen eine längere Beschäftigung etwa aufgrund besonderer Belastung nicht möglich ist, gibt es nicht. Der Einsatz der Ruheständler sei „aus der Not geboren“, sagt GdP-Chef Schuster. Dennoch sei nichts dagegen einzuwenden, wenn die Beamten freiwillig gerne länger arbeiten wollen. Viele wollten so ihren Pensionsanspruch erhöhen, denn die Berechnung beginnt für die Brandenburger Polizisten erst nach der Wende. Die GdP fordert aber ein flexibles Alterssystem – sowohl nach oben als auch nach unten. Auch wer früher in Ruhestand gehen möchte, weil er physisch oder psychisch an seine Grenze gelangt sei, müsse dafür ein Angebot bekommen, so Schuster.

"Fachliches Ausbluten" bei der Kriminalpolizei?

Ähnlich sieht es Riccardo Nemitz, Landeschef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). „Auch eine Verkürzung der Arbeitszeit muss möglich sein“, fordert er. Im Kripo-Bereich sei die Zahl der Kollegen, die länger arbeiten wollen, überschaubar. Was für die Kriminalpolizei auch ein „fachliches Ausbluten“ bedeutet: Denn viele Kriminalisten, die zu DDR-Zeiten an der Berliner Humboldt-Universität ausgebildet wurden, gehen in nächster Zeit in Ruhestand. Ein Antrag der CDU-Fraktion, an der Fachhochschule der Landespolizei in Oranienburg eine spezialisierte Kriminalistenausbildung anzubieten, wurde wie berichtet Anfang Februar vom Landtag abgelehnt. Derzeit werden Polizisten in Brandenburg als Generalisten ausgebildet. Er hoffe, dass Kriminalisten „in der angespannten Lage freiwillig länger bleiben, bis neu ausgebildete nachkommen“, hatte der SPD-Abgeordnete Daniel Kurth in der Plenardebatte erklärt. SPD und Linke lehnten den CDU-Antrag ab, um einem eigenen Antrag zuzustimmen. Das Ministerium soll demnach prüfen, ob länderübergreifend ein Kripo-Studiengang angeboten werden könnte – und hat dafür bis Oktober Zeit. Bis dann wo auch immer tatsächlich ein Studiengang eingerichtet und die ersten Absolventen eingesetzt werden könnten, würden Jahre vergehen. So lange müssen wohl Pensionäre ran.

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