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Brandenburg: Poker um Verwahrung von Straftätern Schöneburg prüft Lösung ohne Berlin

Potsdam – Die Kooperation der Länder Berlin und Brandenburg ist nach Ansicht von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) trotz jüngster Spannungen um Justiz, Hochschulen und Bildung nicht belastet. „Man muss die Kirche im Dorf lassen“, sagte Platzeck am Donnerstag den PNN.

Potsdam – Die Kooperation der Länder Berlin und Brandenburg ist nach Ansicht von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) trotz jüngster Spannungen um Justiz, Hochschulen und Bildung nicht belastet. „Man muss die Kirche im Dorf lassen“, sagte Platzeck am Donnerstag den PNN. „Selbst wenn Berlin und Brandenburg ein gemeinsames Land wären, gäbe es zwischen der großen Stadt und dem Umland Interessenunterschiede, die zu gewissen Spannungen führen würden.“ Das „Grundklima, die Zusammenarbeit beider Regierungen sei gut“, sagte Platzeck, der neben der Wirtschaftspolitik ausdrücklich auf den Bau des neuen Großflughafens in Schönefeld und die gemeinsame Linie Berlins und Brandenburgs beim Streit um die künftigen Flugrouten um den neuen Airport verwies. „Wenn es Probleme gibt, dann werden sie geklärt.“

Die jüngste Eskalation in der Justizpolitik, die Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) mit dem Ausschluss von Berlinern bei der Besetzung von Justizposten – trotz gemeinsamer Richtergesetze und Obergerichte – ausgelöst hatte, wollte Platzeck nicht öffentlich kommentieren. Er verwies auf die Ressortzuständigkeit Schöneburgs. Wie berichtet, hatte Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue in einem Brief Schöneburg sogar Täuschung vorgeworfen und vor einer Belastung der Zusammenarbeit in der Justiz gewarnt.

Vor dem Hintergrund der Spannungen mit Berlin schließt Schöneburg offenbar einen weiteren Alleingang nicht aus. Bei der künftigen Sicherungsverwahrung von gefährlichen Straftätern verhandelt Brandenburg, weil eine Einigung mit Berlin bislang nicht zustande kam, derzeit parallel auch mit Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern über eine „Nord-Allianz“. Die Alternative wäre offenbar ein Berlin-brandenburgisches Modell.

Schöneburg bestätigte, dass „Gespräche auf Arbeitsebene zum Ergebnis geführt haben, „dass die Länder des Nordverbunds Brandenburg gebeten haben, sich an Verhandlungen über ein Kooperationsmodell“ zur künftigen Sicherungsverwahrung zu beteiligen.“ Er stehe der Nord-Kooperation „wohlwollend“ gegenüber. „Dies gilt allerdings auch für andere Optionen wie zum Beispiel eine mögliche Zusammenarbeit mit Berlin.“ Es müsse gewährleistet sein, „dass Brandenburg in einem Verbund die differenzierten Therapieangebote für Sicherungsverwahrte umsetzen kann, die Brandenburg und Berlin Anfang des Jahres in einem gemeinsamen Eckpunktepapier formuliert haben.“ Dies sei die „Grundvoraussetzung.“

Hintergrund ist ein Urteil aus Karlsruhe, wonach die Sicherungsverwahrung gefährlicher Straftäter – die nach Verbüßung ihrer Haft nicht frei gelassen werden - bis Mai 2013 neu organisiert sein und sich deutlich von der klassischen Strafhaft im Gefängnis unterscheiden. Zwingend vorgeschrieben sind Therapien. Aber auch Räumlichkeiten und Freizeitangebote sollen besser als in Justizvollzugsanstalten sein, so dass auf die Länder hohe Kosten zurollen. Darum werden Kooperationen gesucht. Der Ausgang des Pokerns um die Sicherungsverwahrung gilt als offen. In Berlin gibt es derzeit 42 Sicherungsverwahrte, bei 54 Inhaftierten ist dies angeordnet. Für 2020 sind 80 Betroffene prognostiziert. In Brandenburg sind es acht Verwahrte, bis 2020 wird mit 20 Personen gerechnet. T. Metzner

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