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Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU).

© Soeren Stache/dpa

Pläne des Innenministeriums: Treuetest für Landesbeamte

Brandenburgs CDU-Innenminister Michael Stübgen will Polizisten, Juristen und Lehrer einem Verfassungscheck unterziehen. Was bringt das? 

Potsdam - Bei einem Sportfest seiner Schule in Hennigsdorf (Oberhavel) entblößte er seine Gesinnung. Der Lehrer machte den Oberkörper frei und damit den Blick auf die tätowierte SS-Losung „Meine Ehre heißt Treue“ sowie rechtsextremistische Symbole auf seinem Bauch. Der Fall aus dem Jahr 2018 machte Furore. Ein Pädagoge mit offensichtlich extrem rechter Gesinnung im Schuldienst? Selbstverständlich untragbar.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) will wie angekündigt Lehrer, Polizisten, Richter, Staatsanwälte – überhaupt Bewerber auf Beamtenstellen – künftig einem Check auf Verfassungstreue unterziehen. Nun stellte er sein Konzept im Kabinett vor, die Entscheidung darüber trifft der Landtag. Nicht nur Datenschutzbedenken stehen dem Treue-Tüv etwa bei den Grünen entgegen, sondern auch die grundsätzliche Frage: Wie hilfreich ist die Überprüfung? Im Fall des Lehrers etwa hätte sie nichts ergeben. Der Mann war als Quereinsteiger an die Schule gekommen, noch kein Beamter. Zudem: Das Tattoo dürfte auch dem Verfassungsschutz verborgen geblieben sein. 

Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung 

Vorgesehen ist, dass bei Bewerbern auf Beamtenstellen eine Anfrage beim Verfassungsschutz gestellt wird, ob es Zweifel gibt, dass der Betreffende für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintritt. Die Anfrage – ohne Einwilligung des Betroffenen – soll es nur geben, wenn die Verfassungstreue das letzte offene Kriterium für die Einstellung ist, also nicht, wenn jemand aus anderen Gründen nicht in Betracht kommt.
Die Prüfung ist ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Nun soll das Landesbeamtengesetz geändert werden, um die Befugnisse im Datenschutzrecht zu bestimmen und einzugrenzen. Die Pflicht zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung gelte für alle Beamtinnen und Beamten, nicht nur etwa für die Polizei, heißt es in dem Eckpunkte-Papier des Ministeriums. Außerdem ist eine Regelanfrage für bestimmte Beamte auf Lebenszeit geplant, die bereits im Dienst sind. Dies soll zum Beispiel für politische Beamte, Leiter einer oberen oder unteren Landesbehörde oder eines Landesbetriebs gelten.
„Die Verfassungsschutzbehörden warnen seit Längerem vor einer zunehmenden Entgrenzung des Rechtsextremismus“, heißt es in dem Papier zur Frage der Verhältnismäßigkeit. Es sei „festzustellen, dass das Grundvertrauen in die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes in Teilen der Bevölkerung immer mehr bröckelt“.

Die Linke bevorzugt andere Mittel zur Überprüfung 

Die Grünen-Fraktion dringt auf sorgfältige Abwägung der Verhältnismäßigkeit. „Ein solcher Grundrechtseingriff müsste in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen der Maßnahme stehen“, sagt die Innenpolitikerin Marie Schäffer. „Einer pauschalen Überprüfung aller Beamten stehen wir sehr kritisch gegenüber.“ Auch die Opposition ist skeptisch. „Wir teilen das grundsätzliche Ziel des Innenministers, Rechtsextremisten aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Aber was will er mit der Vorlage seines Verfassungstreuechecks eigentlich erreichen?“, fragt der Linken-Abgeordnete Andreas Büttner, selbst Polizist, und Vorsitzender des Innenausschusses im Landtag. In Strafverfahren gebe es eine Mitteilungspflicht der Strafverfolgungsbehörden an den Dienstherrn. Dies sei eine Möglichkeit, die man auch für solche Überprüfungen nutzen könnte, ohne massenhafte Überprüfungen von Menschen durch den Verfassungsschutz durchzuführen. Zudem müsse es möglich sein, infolge des Verfassungstreuechecks erfolgte Ablehnungen von Einstellungen rechtlich überprüfen zu lassen. „Wie das vor dem Hintergrund des Geheimschutzes gehen soll, erschließt sich mir bisher nicht“, so Büttner. 

AfD lehnt Ministeriumspläne ab 

Die AfD-Fraktion hatte sich im Herbst im Innenausschuss gegen die Pläne zur Abfrage gewandt und vor einer allgemeinen Verurteilung gewarnt. Der AfD-Landesverband ist vom Brandenburger Verfassungsschutz im Juni – also ein gutes halbes Jahr vor der nun gestern erfolgten bundesweiten Einstufung – zum Verdachtsfall für rechtsextremistische Bestrebungen erklärt worden. Die bloße AfD-Mitgliedschaft ist aber kein Fall für den Verfassungsschutz und damit auch kein Ausschlussgrund bei der Einstellung von Beamten nach dem geplanten Prüfprinzip.

Richterbund: Kein Anlass für Generalverdacht 

Der Brandenburger Richterbund hält eine Regelabfrage bei Verfassungsschutzbehörden „weder für Bewerber, noch für bereits im Dienst befindliche Richter und Staatsanwälte für geboten“, erklärt die Vorsitzende Claudia Cerreto, Richterin am Amtsgericht Nauen. „Der Justiz gelingt es auch mit den bisherigen Instrumenten, wie beispielsweise der Einholung eines Führungszeugnisses, sehr gut, zu verhindern, dass mögliche Verfassungsfeinde und Extremisten in den Justizdienst gelangen“, sagt sie. In den vergangenen Jahren seien bundesweit lediglich zwei Fälle bekannt geworden, in denen ein Richter oder Staatsanwalt wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Verfassungstreue aus dem Dienst geschieden ist. „Dies zeigt, dass es keinen Anlass gibt, Richter und Staatsanwälte unter Generalverdacht zu stellen“, so Cerreto.

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