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Schnelle Hilfe. Das ist in Brandenburg in einigen Regionen relativ. Im Schnitt dauert es 25 Minuten, bis eine Polizeistreife eintrifft. Bei eiligen Blaulichteinsätzen sind es 16 Minuten.

© R. Weihrauch/dpa

Personalmangel bei der Polizei: Warten auf den Streifenwagen

Lange Wartezeiten im Land: In Brandenburg dauert es schon mal 30 Minuten, bis ein Einsatzfahrzeug eintrifft – weil Polizisten fehlen.

Potsdam - In NRW sind sie schneller. Und zwar im Schnitt zehn Minuten. Für Opfer einer Straftat sind zehn Minuten eine halbe Ewigkeit. 15 Minuten brauchen Polizisten in Nordrhein-Westfalen, bis sie nach der Alarmierung am Tatort eintreffen. In Brandenburg vergehen bis zur Ankunft des Streifenwagens im Schnitt 25 Minuten, wie aus einer aktuellen Antwort der rot-roten Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage des CDU-Abgeordneten Björn Lakenmacher hervorgeht. Im Bereich der Polizeiinspektion Märkisch-Oderland dauerte es vergangenen April sogar gut eine halbe Stunde, bis eine Streife zur Stelle war.

Besser sieht es bei den dringlichen, den sogenannten Blaulichteinsätzen aus, also etwa, wenn es um Leib und Leben geht. 16 Minuten beträgt da laut Innenministerium die durchschnittliche Interventionszeit in Brandenburg.

Björn Lakenmacher beruhigt das nicht. Der CDU-Politiker hat noch andere Zahlen abgefragt, die mit den Interventionszeiten in Zusammenhang stehen: Er wollte wissen, wie viele Funkstreifenwagen täglich im Land unterwegs sind. Die Zielzahl des Landes liegt bei 124. Aber: In der Realität werden deutlich weniger Streifenwagen eingesetzt. Im Januar waren es 111, im April dann sogar nur noch 105. „Das liegt nicht daran, dass die Polizei zu wenig Autos hätte“, sagt Lakenmacher. „Es liegt daran, dass zu wenig Personal da ist, um die Autos zu fahren.“ Lakenmacher stellt diese Anfragen regelmäßig. Um zu beweisen, dass die mit Personalabbau verbundene Polizeireform falsch und der Sicherheitslage in Brandenburg abträglich war. Angestoßen wurde die Reform noch unter CDU-Innenminister Jörg Schönbohm, ausgearbeitet hat sie dann Rainer Speer (SPD), auf den der heutige Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) folgte.

Personalabbau war ein schwerer Fehler

„Der Personalabbau bei der Polizei war ein schwerer Fehler, an dem SPD und Linke viel zu lange festgehalten haben“, moniert Lakenmacher ein ums andere mal. „Den Preis zahlen die Bürger, die auf immer weniger Streifenwagen immer länger warten müssen. Das führt unweigerlich zu einem sinkenden Sicherheitsgefühl.“ Lakenmacher verweist auf das Versprechen der Landesregierung aus dem Jahr 2014, dass die Streifenwagenpräsenz noch im selben Jahr wieder ein Niveau wie vor der Polizeireform erreichen werde. Dieses Versprechen sei bis heute nicht eingelöst worden. „Durchschnittliche Wartezeiten auf die Polizei von fast 30 Minuten sind inakzeptabel“, beklagt der Oppositionspolitiker.

Im Innenministerium unter Karl-Heinz Schröter (SPD) werden die Fehler der Vergangenheit mittlerweile eingeräumt. Brandenburg brauche wieder mehr Polizei, heißt es. „Die Interventionszeiten sind nicht da, wo sie sein sollten“, sagt Schröters Sprecher Ingo Decker auf PNN-Anfrage. Aber natürlich seien die Interventionszeiten in einem regional dünn besiedelten, großen Flächenland nun einmal länger als woanders. In der Uckermark oder der Lausitz seien die Wege weiter, die Polizeidichte niedriger. Aber, räumt das Ministerium ein, auch die Zahl der Streifenwagen sei nicht da, wo sie sein sollte. „Und das muss sich wieder ändern“, sagt Decker.

Den Personalmangel auszugleichen, wird dauern

Doch die Zahl der Polizisten, die abgebaut wurde, lässt sich nicht im Handumdrehen wieder aufstocken. 2009 hatte die Polizei in Brandenburg noch knapp 9000 Beschäftigte, heute sind es noch etwas mehr als 8000. „Mit dieser Personalstärke kann nicht alles in gleicher Weise abgedeckt werden wie noch 2009, das ist objektiv unmöglich“, sagt Decker. Das betreffe nicht nur den Streifendienst, auch andere Bereiche der Polizei müssten wieder verstärkt werden. Derzeit liegt die Zielzahl an Polizisten bei 8250. Die Fachhochschule der Polizei in Oranienburg bilde unter Volllast aus, noch nie seien so viele angehende junge Beamte dort gewesen, rund 1000 insgesamt, heißt es aus dem Ministerium. Im Vorjahr seien 400 Polizeianwärter eingestellt worden – auch ein Rekord. „Wir tun, was wir können. Aber es braucht Jahre, bis ein Polizist ausgebildet ist“, so Decker. „Wir werden noch einige Zeit brauchen, bis die durchschnittliche Zahl der Streifenwagen wieder da ist, wo sie sein sollte“, räumt er ein. „Das ist zwar nicht befriedigend, aber es ist die einzig ehrliche Antwort.“

Trotzdem schaue man im Ministerium nicht neidvoll auf Länder wie NRW mit besseren Einsatzzeiten. Nordrhein-Westfalen sei nach Sachsen-Anhalt und Sachsen das am stärksten von Kriminalität betroffene Flächenland in ganz Deutschland. Brandenburg habe weniger Straftaten pro Einwohner und eine deutlich höhere Aufklärungsquote als Nordrhein- Westfalen. Deshalb sagt Decker: „Also nein, mit NRW möchte hier wohl niemand ernsthaft tauschen.“

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