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Periphere Lage: Studie: Kohleausstieg würde Lausitz hart treffen

Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Region den Kohleausstieg nur schwer verkraften kann. Die Arbeitsplätze sind dabei nicht das einzige Problem.

Potsdam/Cottbus - Ob Verkehrsanbindung, Patentintensität oder Innovationskraft: Die ostdeutschen Braunkohlereviere, insbesondere die Lausitz, schneiden schlechter ab als die Fördergebiete im Westen. Dies geht aus drei neuen Studien hervor, die das Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag hat. Die Untersuchungen sollen Aufschluss über die Situation der vom Kohleausstieg betroffenen Regionen liefern. Drei der vier Studien liegen nun vor. Das vierte Gutachten zu „Erneuerbare-Energien-Vorhaben in den Tagebauregionen“ steht weiter aus.

Interessant sind vor allem die „Strukturdaten für die deutschen Braunkohleregionen“, die das RWI Leibniz Institut Köln auf Basis von Faktoren wie Verkehrsanbindung, Pro-Kopf-Einkommen, Beschäftigung in der Braunkohle, Patentintensität und vieler weiterer „Regionalprofile“ erstellt hat. Die Studie soll Vergleichbarkeit zwischen den vier betroffenen Gebieten (Rheinisches Revier, Lausitzer Revier, Mitteldeutsches Revier und Helmstedter Revier) ermöglichen. Im Helmstedter Revier wurde die Braunkohleförderung bereits beendet, ein Kraftwerk wird in Sicherheitsreserve betrieben.

Ausstieg betrifft „qualitativ überwiegend sehr hochwertige Beschäftigungsverhältnisse“

Laut Studie sind in Deutschland 56 000 Personen in der Braunkohle direkt oder indirekt beschäftigt. 2016 waren das 0,2 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt. Die Ergebnisse der RWI-Studie zeigen, dass insbesondere das Lausitzer Revier durch den bevorstehenden Strukturwandel getroffen wird und intensive Begleitung benötigt. Dort liegt der Anteil der von der Braunkohle abhängigen Jobs mit 3,3 Prozent aller Beschäftigten deutlich höher als im Rheinischen Revier mit 1,8 Prozent oder im Mitteldeutschen Revier mit 0,5 Prozent. „Diese Arbeitsplätze betreffen vornehmlich industrielle Sektoren oder unternehmensnahe Dienstleistungsbereiche“, also „qualitativ überwiegend sehr hochwertige Beschäftigungsverhältnisse“, schreiben die RWI-Autoren. Insbesondere im Lausitzer Revier habe die Braunkohlewirtschaft eine „vergleichsweise große Bedeutung“. Abseits der Energiekonzerne fehlen Job-Alternativen bei großen Konzernen.

Vor allem das Lausitzer und das Mitteldeutsche Revier würden zudem „Schwächen in den Dienstleistungssektoren“ aufweisen, etwa im Bereich „Information und Kommunikation“. Hinzu kommt, dass viele Menschen die Region verlassen: Der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter von 20 bis 60 Jahren sinke bis 2035 um fast ein Drittel. Dadurch werde „künftig die Deckung des Fachkräftebedarfs noch schwieriger, als dies ohnehin schon der Fall ist“, so das RWI.

Periphere Lage

Als weiterer Standortnachteil wird die Verkehrsanbindung beschrieben. Die Lage der Lausitz sei „peripher“ und „ländlich“, dies habe eine stockende Innovationsentwicklung zur Folge. Auch die Forschungsintensität der Region rund um das Rheinische Revier wird im Vergleich zum deutschen Durchschnitt bereits als niedrig bewertet, im Vergleich mit der Lausitz sei sie aber dreimal so hoch. Das Bild im Mitteldeutschen Revier sieht nicht viel besser aus – und das trotz finanzieller Förderung von Forschungseinrichtungen an ostdeutschen Standorten.

Als positiv bewertet das RWI, dass Rückstände beim Pro-Kopf-Einkommen in den östlichen Bundesländern in der Vergangenheit verringert worden seien. Es sei davon auszugehen, dass dieser Trend sich noch einige Jahre fortsetzen werden. Indessen wurde am Montag das Cottbuser Büro des „Beauftragten des Ministerpräsidenten für die Lausitz“ eröffnet. Der Lausitzbeauftragte Klaus Freytag, ehemals Leiter des Landesbergamtes, soll den Strukturwandel koordinieren, der durch den erwarteten Ausstieg aus dem Braunkohletagebau auf die Region zukommt. (mit dpa)

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