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Julia Schmidt (l.) und Alexandra Pichl sind die neu gewählten Landesvorsitzenden der Partei Bündnis 90/Die Grünen in Brandenburg.

© Monika Skolimowska/dpa

Parteitag in Templin: Erstmals weibliche Doppelspitze bei den Brandenburger Grünen

Nach Landtagswahl und Regierungsbildung haben die Brandenburger Grünen eine neue Parteiführung gewählt. Dabei gab es eine handfeste Überraschung. Julia Schmidt und Alexandra Pichl führen jetzt die Partei.

Templin - Zwei Frauen übernehmen bei den Brandenburger Grünen das Ruder. Erstmals wird der Landesverband mit Julia Schmidt und Alexandra Pichl von einer rein weiblichen Doppelspitze geführt. Üblich war bisher eine paritätische Besetzung, aber nach einem Wahlkrimi beim Parteitag am Samstag in Templin (Uckermark) kam alles anders.

Auf dem ersten, Frauen vorbehaltenen Platz, hatte sich die 26 Jahre alte Julia Schmidt aus Hohen Neuendorf (Oberhavel) zunächst in einer Kampfkandidatur gegen Alexandra Pichl aus Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark) durchgesetzt. Schmidt erhielt 67 Prozent der Delegiertenstimmen.  

Pichl kandidierte erneut

Pichl kandierte daraufhin erneut. Auf dem geschlechteroffenen zweiten Platz trat sie gegen Gerhard Kalinka an, den 57 Jahre alten Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Kreistag Teltow-Fläming. In einem ersten Wahlgang konnten weder Pichl noch Kalinka die erforderliche Mehrheit erringen. Im zweiten Wahlgang setzte sich dann Pichl durch. Sie bekam 51 Delegiertenstimmen, Kalinka nur 46. Damit hat nicht mehr nur die Partei Die Linke mit Diana Golze und Anja Mayer eine weibliche Doppelspitze inne.

Alexandra Pichl ist Vorsitzende der Grünen-Fraktion in Kleinmachnow. Die PR-Beraterin wurde in Mecklenburg-Vorpommern geboren, wuchs aber in Kleinmachnow auf. Bei der Urabstimmung über die Spitzenkandidaten zur Landtagswahl konkurrierte Pichl mit der damaligen Fraktionschefin Ursula Nonnemacher - und unterlag deutlich. 

Schmidt gehörte zum Kenia-Verhandlungsteam

Die 26 Jahre alte Julia Schmidt stammt aus Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz und lebt in Hohen Neuendorf. Mitglied der Grünen und der Grünen Jugend ist sie erst seit 2016. Bei der Kommunalwahl im Mai holte sie aus dem Stand die meisten Stimmen aller Kandidaten aller Parteien und ist seitdem Grünen-Fraktionsvorsitzende im Kreistag. "Ich bin eine absolute Teamplayerin", sagte Schmidt, die als Vertreterin der Grünen Jugend zum Hauptverhandlungsteam bei den Koalitionsgesprächen mit SPD und CDU nach der Landtagswahl gehörte. 

Petra Budke und Clemens Rostock sind nun als Landesvorsitzende abgelöst.
Petra Budke und Clemens Rostock sind nun als Landesvorsitzende abgelöst.

© Monika Skolimowska/dpa

Budke und Rostock jetzt im Landtag 

Die neue Landesparteispitze wurde turnusmäßig gewählt. Da bei den Grünen eine Trennung von Amt und Mandat gilt, konnten die bisherigen Landesvorsitzenden Petra Budke und Clemens Rostock nicht mehr kandidieren. Sie sind mittlerweile Abgeordnete im Brandenburger Landtag, Budke führt die Grünen-Fraktion gemeinsam mit Benjamin Raschke. Die Neuordnung der Fraktion wiederum war nötig geworden, weil die bisherigen Fraktionschefs Ursula Nonnemacher und Axel Vogel nun Ministerämter innehaben.

Der bisherige Landesparteichef Clemens Rostock sagte zum Landtagswahlkampf: "Wir haben richtig was gewuppt dieses Jahr". Bei der Wahl am 1. September holten die Grünen 10,8 Prozent und verbesserten damit ihr Ergebnis von 2014 um gut vier Prozentpunkte.

Die scheidende Parteivorsitzende Petra Budke verwies darauf, dass die Grünen in Brandenburg bald die 2000-Mitglieder-Marke knacken werden und die Partei nun mit zehn Abgeordneten im Landtag vertreten ist. In der vergangenen Legislatur, noch in der Opposition, zählte die Grünen-Fraktion sechs Mitglieder. Nach zehn Jahren Opposition nun Regierungsverantwortung mit zwei Ministerposten zu tragen, sei eine Zäsur in der Grünen-Geschichte. "Dafür müssen wir uns neu aufstellen", so Budke. 

Ska Keller ruft zu Geschlossenheit auf

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament und frühere Landesvorsitzende Ska Keller rief die Grünen auf dem Parteitag zur Geschlossenheit auf. „Wenn Teamwork und Zusammenhalt nicht klappt, dann klappt nichts“, rief sie den knapp 100 Delegierten zu. Das Motto nach außen müsse in Regierungsverantwortung heißen: "Erst nachfragen, dann twittern." 

Ska Keller, Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament mahnte Zusammenhalt an.
Ska Keller, Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament mahnte Zusammenhalt an.

© Monika Skolimowska/dpa

Ricarda Lang wirbt für Feminismus auf dem Land 

Die stellvertretende Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Ricarda Lang, erhielt als Gastrednerin viel Applaus. Vernunftgeleitete Politik könne heute nur eines bedeuten, sagte Lang: konsequenten Klimaschutz. Richtig gemachter Klimaschutz sei die beste Sozialpolitik der Zukunft. Gleichzeitig sei Feminismus nicht nur ein Thema für Großstädte. Die Schließung von Geburtenstationen und Frauenhäusern betreffe gerade Frauen auf dem Land, "deshalb müssen wir feministischen Themen auf die Dorfplätze tragen."

Gedenkminute für Jörg Gleisenstein

Der Parteitag begann mit einer Gedenkminute für den am 18. November im Alter von 46 Jahren überraschend verstorbenen bündnisgrünen Dezernenten für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt, Jörg Gleisenstein. Er war in der Hauptverhandlungsgruppe für die Koalitionsverhandlungen seiner Partei mit SPD und CDU.

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