zum Hauptinhalt
Julia Schmidt (l.) und Alexandra Pichl.

© Bernd Settnik/dpa

Parteitag der Brandenburger Grünen: Rückhalt für vier Führungsfrauen

Bei ihrem Landesparteitag in Potsdam haben die Brandenburger Grünen ihre Doppelspitze Julia Schmidt und Alexandra Pichl bestätigt. Auch Annalena Baerbock und Ursula Nonnemacher stärkten die Delegierten den Rücken. 

Potsdam - Jetzt spricht Annalena Baerbock. Ihr gleichnamiges Buch "Jetzt" hat die Bundesvorsitzende und Kanzlerkandidatin der Grünen nach Plagiatsvorwürfen gerade vom Markt genommen. "Ich könnte noch 22 Kapitel weiterreden", sagt Baerbock am Samstagvormittag beim Landesparteitag der Brandenburger Grünen in Potsdam nicht ohne Selbstironie. Aber die 40-Jährige, die bei der Bundestagswahl in der märkischen Landeshauptstadt direkt gegen SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz antrat und ihm mit 18,8 Prozent der Erststimmen (Scholz kam auf 34) klar unterlag, hält ihre Rede vor heimischer Kulisse kurz. Pandemie, Kinderrechte, Klimaschutz im Schnelldurchlauf. Sie muss wieder nach Berlin, weiter mit der SPD, mit Scholz, der am Morgen zeitgleich beim SPD-Landesparteitag in Schönefeld auftritt, und der FDP den Koalitionsvertrag im Bund aushandeln. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner, nach Baerbock auf Platz 2 der Brandenburger Landesliste angetreten und nun Bundestagsabgeordneter aus der Uckermark, nimmt sie gleich mit an den Verhandlungstisch. 

Baerbock: "Die Menschen brechen zusammen"

Die Grünen-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock.
Die Grünen-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock.

© Bernd Settnik/dpa

Manchmal habe es bei den Ampel-Verhandlungen "richtig, richtig geruckelt, so dass wir auch mal die Nase voll hatten", sagt Baerbock. So habe man den Eindruck gewinnen können, "dass nur die Grünen für den Klimaschutz verantwortlich sind". Aber den Schwerpunkt ihrer kurzen Rede legt sie auf die Pandemie, die auch den Parteitag beeinflusst. In der Schinkelhalle gilt 2G+, ein Drittel der Delegierten nimmt digital teil. Baerbock lobt, dass nun 3G am Arbeitsplatz und in öffentlichen Verkehrsmitteln gilt, ruft zum Impfen auf, um die vierte Welle zu brechen, Kinder zu schützen, Ärzte und Pflegekräfte zu entlasten. Die Situation in den Krankenhäusern verschärfe sich mit jedem Tag. "Es reicht nicht aus, für Pflegekräfte zu klatschen", sagt Baerbock und die Delegierten klatschen für sie. "Die Menschen brechen zusammen", betont sie und schlägt dann den Bogen zu Brandenburg. Der "Pakt für Pflege" müsse Vorbild auch auf Bundesebene sein. Der im rot-schwarz-grünen Koalitionsvertrag verankerte Pakt sieht unter anderem vor,  Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern. Mit einem Leitantrag "Pflege vor Ort stärken" sollen Kommunen unterstützt werden, Hilfsstrukturen auch für häusliche Pflege aufzubauen.

Stehende Ovationen für Nonnemacher

Beifall für Ministerin Ursula Nonnemacher.
Beifall für Ministerin Ursula Nonnemacher.

© Bernd Settnik/dpa

Brandenburgs Gesundheitsministerin und Vize-Ministerpräsidentin Ursula Nonnemacher, die das Corona-Management stemmen muss und sich dabei mit den Koalitionspartnern SPD und CDU nicht immer grün ist, spricht über Pflege, einem ihrer Herzensthemen. Im Streit mit Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) um die Wiedereinführung der Maskenpflicht an den Grundschulen - sie war dafür, Ernst anfangs dagegen - hatte sie sogar einen Rücktritt nicht ausgeschlossen, falls sie ausbleibende Corona-Maßnahmen nicht mehr mit ihrem Gewissen als Ärztin vereinbaren könne. 

Zum Auftakt des Parteitags gab es stehende Ovationen, minutenlangen Applaus für Nonnemacher und ihren Einsatz in der Pandemie, der nicht nur von der Opposition vorgeworfen wurde, beim Impfmanagement zu langsam zu sein. Der Rückhalt ihrer Partei habe sie zu Tränen gerührt, sagt sie vor ihrer Rede zur Pflege.  "Ich habe im Moment einen der schwierigsten Jobs in Brandenburg."  Immer die Mahnerin und Verkünderin schlechter Nachrichten zu sein, "mit tibetanischer Gebetsmühle zum Impfen aufzurufen" sei nicht sehr angenehm. Als sie von Corona zur Pflegeoffensive überleitet, verspricht sie sich prompt.  "Mir als Sozialdemokratin", sagt sie - statt Sozialministerin - sei das Thema sehr wichtig. "Sozialdemokratin bin ich nun weiß Gott nicht", korrigiert sie sich. 

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Potsdam und Brandenburg live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die sie hier für Apple und  Android-Geräte herunterladen können.]

Doppelspitze wiedergewählt

Rückhalt gibt es auch für die weibliche Doppelspitze der Brandenburger Grünen, auch wenn die Partei bei der Bundestagswahl unter den Erwartungen geblieben ist. 9 Prozent der Zweitstimmen holte Bündnis 90/Die Grünen im September - für Brandenburg ein gutes Ergebnis nach fünf Prozent bei der Wahl 2017. Aber eben nicht die erwartete Zweistelligkeit. Aber: Die Zahl der Anhänger wächst beständig. "Wachsen wir über uns hinaus" lautet passend das Motto des Parteitags. 2576 Mitglieder haben die Brandenburger Bündnisgrünen mittlerweile, Ende 2017 waren es nur 1080. 

Schmidt berichtet von Sexismus 

Das scheint honoriert zu werden. Die 28 Jahre alte Landesvorsitzende Julia Schmidt, Studentin aus Oberhavel, wird mit 79,6 Prozent im Amt bestätigt. In ihrer Rede spricht Schmidt, die 2019 den Kenia-Koalitionsvertrag mitverhandelte, auch von Sexismus, den sie wie andere Frauen, die Macht anstreben, erfahre. Bei "Verhandlungen", berichtet sie ohne diese näher zu benennen, sei es vorgekommen, dass ihr gesagt worden sei: "Julia, weil wir dich so hübsch finden, machen wir dir ein Angebot." Solche Versuche, die Kompetenz von Frauen zu untergraben, dürften sich diese nicht bieten lassen.

Für die 43-jährige Kommunikationswissenschaftlerin Alexandra Pichl aus Potsdam-Mittelmark, die wie Schmidt seit zwei Jahren im Amt ist, stimmten 80,4 Prozent. Sie wolle sich dafür einsetzen, dass die Grünen in den ländlichen Regionen Brandenburgs weiter wachsen und gute Kommunalwahlergebnisse erzielen. Gegenkandidat:innen für den Landesvorsitz gab es nicht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false