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Panne bei Mathe-Abi in Brandenburg: Mathe-Lehrer warnten: Aufgabe ungeeignet, heftig, unlösbar

Nach der Panne beim Brandenburger Mathe-Abi werden immer neue Details bekannt. Lehrer warnten ausdrücklich vor einer Aufgabe, wegen der später 2600 Schüler die Prüfung wiederholen durften.

Potsdam - Die Pannen beim Brandenburger Mathematik-Abitur sind nach Erkenntnissen der CDU-Landtagsfraktion hausgemacht und haben ein weitaus größeres Ausmaß als bislang bekannt. Zu diesem Ergebnis kam CDU-Bildungsexperte Gordon Hoffmann, nachdem er am Mittwoch im Bildungsministerium Akteneinsicht zu den Vorgängen genommen hat, in deren Folge 2600 Schüler ihr Mathe-Abitur wiederholen durften. An ihren Schulen war der Stoff einer anspruchsvollen Abitur-Aufgabe, die sogenannte „Eisbecher-Aufgabe“, nicht unterrichtet worden. Nun stellt sich heraus, dass Lehrer intern vor der Aufgabe gewarnt hatten. Bildungsminister Günter Baaske (SPD) wies die Vorwürfe zurück.

Hoffmann zufolge gab es bei der Vorabkontrolle der Aufgabe, bevor sie für die Prüfung freigegeben worden war, „massive Mängel“. Bildungsminister Günter Baaske (SPD) hatte die Pannen bislang darauf zurückgeführt, dass Lehrer nicht an Fortbildungen teilgenommen haben und wohl auch die bisherigen vier Stunden pro Wochen nicht ausreichen, weshalb die Stundenzahl im kommenden Schuljahr auf fünf Stunden angehoben werden soll. 

Mathe-Panne: Warnungen und Alarmsignale überhört

Hoffmann fand heraus, dass es bei den Vorabkontrollen bereits Probleme gab. Eigentlich sollten die Abituraufgaben in drei Kontrollrunden von Lehrern getestet werden. Die erste Kontrollrunde habe offenbar überhaupt nicht stattgefunden, sagte Hoffmann. Denn dazu fänden sich in den Akten keine Unterlagen. Dies habe ihm „keiner plausibel erklären“ können. „Bei der zweiten Kontrollrunde haben alle beteiligten Lehrer Bedenken gegen die Aufgaben erhoben“, sagte Hoffmann. In ihren Vermerken warnten die Lehrer ausdrücklich, die Aufgabe beim Abitur zu stellen. Die Aufgabe „ist in den Prüfungsschwerpunkten nicht vorgesehen“, schrieb ein Lehrer in dem Fragebogen. Und: „Für Abitur Brandenburg ungeeignet.“ Ein anderer Lehrer vermerkte, die Aufgabenstellung sei „heftig“, „unterrichtsfern“ und „nicht Inhalt“ des Rahmenlehrplans. Die entsprechende „Exotenfunktion“ werde „doch eigentlich nur am Rande behandelt“ und sei teils „nicht lösbar“. 

CDU-Bildungsexperte Hoffmann kritisierte nun: „Diese Warnungen haben die Verantwortlichen offenbar in den Wind geschlagen.“ Er sei schockiert über die Qualitätssicherung und das Organisationsversagen bei der Aufgabenentwicklung. „Die Zuständigen haben die Alarmsignale überhört. Das Chaos beim Mathe-Abitur wäre nicht nur vermeidbar gewesen“, sagte Hoffmann. „Das ganze Mathe-Abitur war eine Katastrophe mit Ansage. In Zukunft muss die Aufgabenentwicklung dringend besser kontrolliert werden.“ Hoffmann kritisierte auch Bildungsminister Baaske. Denn dieser hatte im Mai erklärt, dass es drei Kontrollrunden gegeben habe, bei denen die Lehrer die Aufgaben als „in Ordnung“ eingestuft hätten. „Es ist eine Frechheit, dass der Minister die Bedenken kleinreden wollte, wenn sich in Wahrheit alle externen Kontrolleure gegen die Aufgaben ausgesprochen haben“, so Hoffmann.

"Ungeeignet für das Brandenburger Abitur"

Er bemängelte auch das von zwei Wissenschaftlern der Universität Potsdam im Auftrag des Bildungsministeriums erstellte Gutachten zum Mathe-Abi. Darin werde verschwiegen, „dass die erste Kontrollrunde überhaupt nicht stattgefunden hat“, sagte Hoffmann. Fraglich sei, ob den Professoren alle Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien.

Die Wissenschaftler erwähnten in ihrem Gutachten nur die Hinweise der Lehrer aus der zweiten Kontrollrunde. Wörtlich heißt es im Gutachten: „In der Dokumentation sticht zum Beispiel ein Kommentar heraus, die die Aufgabe ,Eisbecher‘ als ,ungeeignet für das Brandenburger Abitur‘ bezeichnet.“ Die Gutachter bügelten dies jedoch als Fehleinschätzung des Lehrers ab, urteilten aber, es wäre besser gewesen, „diesen Hinweis nicht einfach zu ignorieren“ und „weitere Maßnahmen zu ergreifen“. Damit hätten die Lehrer rechtzeitig im November 2016 „noch über die korrekte Interpretation des Rahmenlehrplans informiert werden können“. Die Gutacher stellten auch fest: „Die Überprüfung in den Kontrollgruppen ergab, dass die Aufgaben im Umfang und Schwierigkeitsgrad angemessen waren“

Bildungsminister Baaske sagte, die Vorwürfe der CDU würden ins Leere laufen, „überprüfbare Fakten werden falsch behauptet“. Es habe alle drei Kontrollrunden gegeben, diese seien protokolliert worden. Warum diese sich aber nicht – wie von Hoffmann behauptet – in den Akten fanden, dazu sagte Baaske nichts. Auch die Warnhinweise der Lehrer seien ernst genommen worden. „Sie wurden von der Entwicklergruppe und der Fachaufsicht ausgewertet und als fachlich nicht haltbar bewertet“, sagte Baaske.

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