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Pädagogenmangel an Grundschulen: Brandenburg fehlen qualifizierte Lehrer

Ohne den Einsatz von Seiteneinsteigern kann der Unterricht in Brandenburg nicht mehr abgedeckt werden. Doch die Qualifizierung der Quereinsteiger ist ein Problem. 

Potsdam - Brandenburg hat trotz Einstellungsrekord zum aktuellen Schuljahr Probleme, genügend qualifizierte Lehrer zu finden. Das gilt auch für Leitungsfunktionen. Mit Stand 30. September 2019 waren 24 Schulleiterstellen und 54 Posten von Vize-Rektoren unbesetzt. Das geht aus Zahlen des Bildungsministeriums hervor, die am Donnerstag im Fachausschuss des Landtages vorgestellt wurden. Insgesamt könnte der Unterricht ohne den Einsatz von Seiteneinsteigern nicht mehr abgedeckt werden, sagte Ministerin Britta Ernst (SPD). 

Zum Schuljahr 2019/20 hat das Land 1516 Pädagogen eingestellt – so viele wie nie zuvor. Von ihnen waren - ebenfalls ein Rekordwert – knapp 33 Prozent Seiteneinsteiger ohne Lehramtsstudium, was sich auch am hohen Durchschnittsalter der neu eingestellten Pädagogen von 38,1 Jahren widerspiegelt. Die Qualifizierung der Berufsumsteiger gestaltet sich schwierig: Weil auch unter dem Jahr dringend Lehrer benötigt werden, die ausscheidende oder erkrankte Kollegen ersetzen, seien viele Seiteneinsteiger an Schulen zum Einsatz gekommen, die vor dem Unterrichten keine längere Qualifizierung, sondern nur einen Grundkurs durchlaufen haben. 

Dreimonatiger Kompaktkurs in der Praxis kaum umsetzbar

Von den im laufenden Schuljahr eingestellten 1013 Seiteneinsteiger ohne Lehramtsstudium hatten nur 23 an einem dreimonatigen Kompaktkurs zur Qualifizierung teilgenommen, 28 besuchten einen einmonatigen Kurs, dem sich eine zweimonatige berufsbegleitende Fortbildung anschloss, wie das Land im Dezember mitteilte. Das Ministerium hatte eigentlich vorgesehen, Seiteneinsteiger vor Unterrichtseinsatz in einem dreimonatigen, 500 Stunden umfassenden Kurs zu schulen. Das habe sich in der Praxis als schwierig erwiesen, so Ministerin Ernst, weil die Quereinsteiger oft sofort gebraucht würden und ihrerseits den Schnelleinstieg bevorzugten, um sofort arbeiten zu können. 

Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und Grünen heißt es, dass Seiteneinsteiger weiter qualifiziert werden sollen – „wenn möglich vor ihrem Einsatz an der Schule“. Das Ziel bleibe, möglichst viele Seiteneinsteiger zu einer vollwertigen Lehrkraft auszubilden, heißt es darin. Das Ministerium arbeite derzeit auch in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften daran, eine Lösung zu finden und den Berufsneulingen eine möglichst gute Vorbereitung und Begleitung zu bieten. 

Gerade Grundschullehrer werden gebraucht

Aber auch bei den Lehrern, die den regulären Studienweg wählen, sehen Kritiker Defizite in der Praxis: Brandenburg hat den Vorbereitungsdienst von 18 auf zwölf Monate verkürzt, um schneller Lehrer ins System bringen zu können. „Darunter leidet die Unterrichtsqualität“, sagte der AfD-Abgeordnete Dennis Hohloch, der selbst Lehrer in Berlin war. Sie sehe darin keine Qualitätseinbuße, so Ernst, schließlich seien nun die Praxisanteile während des Studiums höher. Außerdem sei ein kürzeres Referendariat ein Anreiz für Bewerber aus anderen Bundesländern, sich in Brandenburg zu bewerben. 

In der Mark werden perspektivisch vor allem Grundschullehrer gebraucht. „Da gibt es eine Unwucht im System“, kritisierte die Fraktionsvorsitzende der Linken, Kathrin Dannenberg. Mit Stand Dezember 2019 waren in Brandenburg 568 Lehramtskandidaten für Gymnasien und Sekundarstufe II im Vorbereitungsdienst, aber nur 165 für Grundschulen und für die Sekundarstufe I, also Oberschulen, nur 56. In Absprache mit dem Wissenschaftsministerium müssten die Ausbildungskapazitäten an der Universität Potsdam zugunsten der Grundschullehrer umgeschichtet werden, fordert Dannenberg. 

Die Besoldung für Grundschullehrer wurde bereits angehoben, inzwischen dürfen auch Gymnasiallehrer an Grundschulen unterrichten. Das Land könne ansonsten nur informieren und angehenden Studenten aufzeigen, dass Grundschullehrer eine gute Perspektive in Brandenburg haben. „Wir können aber nur bedingt Einfluss nehmen auf das Studienwahlverhalten“, so Ministerin Ernst. 

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