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Kämpfer oder abgekämpft? Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit.

© dapd

ORTSTERMIN: Unter Freunden

Matthias Matern traf Klaus Wowereit beim Neujahrsempfang der Bauindustrie. Der hatte sich am Vormittag im Abgeordnetenhaus noch kämpferisch gezeigt, bei der Begrüßung am Abend wirkte er abgekämpft und blass.

Von Matthias Matern

An diesem Satz hat Klaus Wowereit eine Weile zu knabbern: Es komme nicht auf Prinzipien an, sondern auf Personen, sagt Marcus Becker, Präsident des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg, in seiner Eröffnungrede. Doch es ist nur eine von mehreren kleinen Anspielungen Beckers auf das BER-Desaster an diesem Abend in Potsdam, wirklich ernst wird es für den Regierenden nicht. Mit Blick auf öffentliche Aufträge möchte man es sich mit dem Berliner Bürgermeister nicht verscherzen. Dabei hatte SPD-Fraktionschef Raed Saleh wenige Stunden zuvor wieder einmal die Baufirmen für die Pannen am künftigen Großflughafen in Schönefeld verantwortlich gemacht.

Hier und da schüttelt man an den Stehtischen in der noblen Babelsberger Villa Herpich, dem Sitz des Bauverbandes, zwar verstimmt den Kopf. Doch eine Generalabrechnung bleibt aus. Schon nach den ersten Worten Beckers kann sich Wowereit entspannen: „Wir freuen uns über die Anwesenheit unseres Regierenden Bürgermeisters und werten diese als Bekenntnis zur Leistungsfähigkeit der regionalen Bauwirtschaft“, begrüßt der Verbandspräsident den Hauptgast.

Für Wowereit ist es der erste Auftritt beim Neujahrsempfang der Bausindustrie. Sein Brandenburger Amtskollege und Parteigenosse Matthias Platzeck war schon öfter da. Zu Beginn der Veranstaltung ist dem Regierenden die Anspannung des Tages noch deutlich anzumerken. Am Vormittag hatte er sich im Abgeordnetenhaus kämpferisch gezeigt und Rücktrittsforderungen der Opposition abgebügelt. Bei der Begrüßung am Abend wirkt er abgekämpft und blass. Schon nach wenigen Pressefotos rutscht ihm ein stummes „so“ über die verkniffenen Lippen. Umso selbstsicherer wird er, als er spürt, dass ihm die rund 400 Gäste offenbar gewogen sind. Mit jeder Sekunde seiner Rede läuft er zu alter Form auf. Nur einmal räumt er kurz ein, die Situation am BER sei kein Ruhmesblatt. Dann bläst er zum Angriff gegen Fluglärmgegner und andere Kritiker, wie jene, die den Flughafen als zu klein geplant kritisieren. Hier „Es ist ja heutzutage fast eine Katastrophe, große Infrastrukturpojekte überhaupt genehmigt zu bekommen. Da muss man auch mal den Mut haben, gegen Partikularinteressen vorzugehen“, ruft der Regierende den Branchenvertretern zu. Einige nicken verständnisvoll. Bei anderen aber scheint er den Bogen langsam zu überspannen. Als Wowereit meint, „Ja, der Flughafen ist zu klein. Aber nur weil er so erfolgreich ist“, kann sich ein Gast nicht zurückhalten: „Das ist ja unerträglich. Diese Chuzpe muss man erstmal haben“, platzt es aus ihm heraus.

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