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Brandenburgs Linke im Bundestagswahlkampf 2021.

© Ottmar Winter

Online-Parteitag: Brandenburgs Linke stellt die Machtfrage

Bei einem Online-Parteitag am Sonntag versuchte die Linke die jüngsten Wahlniederlagen aufzuarbeiten. In der Opposition setzt die Ex-Regierungspartei auf Enteignungen.

Potsdam/Schönefeld - Brandenburgs Linke will als sozialistische, antikapitalistische Partei verlorenes Terrain im Land zurückgewinnen – und dabei wie die Berliner Genossen auf Enteignungsthemen um Daseinsvorsorge setzen. Das war Konsens auf einem Online-Parteitag am Sonntag, mit dem die Linkspartei die krachenden Niederlagen bei der Bundestagswahl 2021 und der Landtagswahl 2019 aufzuarbeiten versuchte. Für die Linke geht es darum, Institutionen der Daseinsvorsorge – ob private Krankenhäuser oder Einrichtungen wie die von Massenkündigungen betroffene Josephinen-Seniorenwohnanlage in Potsdam – über Enteignungen zur öffentlichen Hand holen. 

Auch Proteste gegen Corona-Maßnahmen waren Thema 

Auf der Tagesordnung standen keine Vorstandswahlen, auch kein politischer Leitantrag. Es ging vor allem um eine Generalaussprache, für die die Parteispitze und Landtagsfraktion ein Positionspapier zum nötigen Neustart vorgelegt hatten. Dort war von Existenzkrise der Linken bundesweit die Rede.  „Die Linke braucht ein originäres politisches Projekt. Wir müssen unterscheidbar werden“, sagte Landeschefin Katharina Slanina. Es reiche nicht aus, Korrektiv von SPD und Grünen zu sein. Daseinsvorsorge bei Boden, Wasser, Gesundheit müsse Gewinnstreben entzogen werden. Slanina äußerte sich auch zu den Corona-Protesten. „Es sind die größten Demonstrationen, die Brandenburg seit der Wende erlebt hat.“ Es sei eine laute Minderheit. „Die Demonstrationen sind nicht mehrheitlich rechts. Aber es ist vielen schlichtweg egal, mit wem sie da laufen.“ Besorgt zeigte sich die Linke-Chefin, wie Eigeninteresse derart über das der Gesamtheit gestellt werde. Es sei zu befürchten, dass diese Ego-Haltung nach der Coronakrise sich auch bei anderen Themen Bahn brechen könne. 

Walter: Elon Musk darf sich nicht als Kaiser aufspielen 

„Man demonstriert nicht mit Menschen, die die Demokratie abschaffen wollen“, sagte Sebastian Walter, Fraktionschef im Landtag, der die kämpferischste Rede hielt, im Stile eines Parteichefs. „Nein, Querdenken ist keine Alternative!“ Die Linke sei zerstritten aufgetreten, habe sich viel zu lange um strategische Entscheidungen gedrückt: „Damit muss Schluss sein!“ Die Fraktion versuche diesen Neuanfang zu leben, mit Themen nahe am Alltag, besonders von sozial Bedürftigen. Er kündigte an, dass die Fraktion ein Enteignungsgesetz erarbeiten will, um bei Bodenspekulation oder Fällen wie jetzt der Kündigung von mehr als 100 Senioren im Potsdamer Josephinen-Haus des Marseille-Konzerns ein Instrument zu haben. „Eigentumsfragen sind Machtfragen. Wir stellen sie!“ Er kritisierte die Kenia-Regierung aus SPD, CDU und Grünen unter Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), die nicht einmal Bedürftigen kostenfrei FFP2-Masken zur Verfügung stelle. Und was alles bei Tesla in Grünheide passiere, „da hätte man bei jedem anderen Unternehmen die Bude längst zugemacht“, so Walter. „Elon Musk darf sich nicht weiter aufspielen als Kaiser von Brandenburg!“ 

Das Interesse der Basis war überschaubar 

Der Parteitag, der via Youtube aus Schönefeld übertragen wurde, stieß mit – über weite Teile lediglich 40 bis 50 Zuschauern – selbst an der Basis nur auf mäßiges Interesse. Aus manchen Kreisverbänden wie der Prignitz, Brandenburg/Havel, Elbe-Elster oder der Uckermark gab es in der Aussprache keine Wortmeldungen. „Wir sollten den Mut haben, wieder das ganz große Rad zu drehen, auch wenn es 20,30 oder 50 Jahre dauert“, sagte die Potsdamer Landtagsabgeordnete Marlen Block. Die Linke dürfe sich nicht klein machen, indem sie auf eine Regierungsbeteiligung schiele. Thomas Lotsch (Havelland) kritisierte den Umgang der Partei mit der Bewegung Aufstehen um Sarah Wagenknecht als Ausgrenzungsversuche. „Dabei hat die Vergangenheit doch gezeigt: Die Partei hat nicht immer Recht.“ Tom Bertold aus Frankfurt (Oder) mahnte die Partei, „weniger staatstragend“ aufzutreten. „Die Menschen finden sich in unseren Erzählungen nicht mehr wieder“, sagte Arthur Pech (Oder-Spree). Die Landtagsabgeordnete Isabelle Vandre (Potsdam) verwies auf das erfolgreiche Volksbegehren zur Enteignung von Deutsche Wohnen & CO in Berlin: In der Wohnungsfrage müsse auch die Linken in Brandenburg „ gemeinsam radikale Lösungen entwickeln“.  Der Parteitag beschloss eine Mitgliederoffensive. Nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit erreichte ein Antrag, nach dem Mitarbeiter von Parlamentariern dies bei der Aufstellung künftiger Landeslisten anzeigen sollten – um, wie es hieß, „Netzwerke“ offenzulegen. 

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