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NSU-Untersuchungsauschuss Brandenburg: Wo ist Ex-V-Mann Christian K.?

Die Zeugenladung war nicht zustellbar: Der NSU-Untersuchungsausschuss in Brandenburg kann den früheren V-Mann und Neonazi Christian K. nicht zur „Nationalen Bewegung“ befragen. Das gefährdet den Sitzungsplan am Freitag - auch die Vernehmung von Ex-Verfassungsschutzchef Wegesin.

Potsdam - Erstmals wollte der NSU-Untersuchungsausschuss im Geheimschutzraum des Landtags an diesem Freitag einen früheren V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes befragen. Und sich einen Eindruck zum Umgang des Geheimdienstes mit Neonazis machen. Was hat den Neonazi motiviert, seine rechten Freunde zu verraten? War es das Geld? Stachelte ihn der Verfassungsschutz zu etwas an? Doch daraus wird nichts.

Am Donnerstag kam die Zeugenladung per Post zurück

Am Donnerstag teilte das Ausschussbüro den Mitgliedern mit, dass die Ladungsschrift an Christian K. am Nachmittag von der Post zurückgesandt worden sei. Dabei, so hieß es, sei die Adresse des früheren V-Manns sogar überprüft und bestätigt worden. Durch wen, ob durch die Sicherheitsbehörden oder bei der Meldebhörde, blieb unklar, ebenso die näheren Umstände, etwa ob K. möglicherweise untergetaucht ist, die Annahme der Ladung nur verweigert hat oder verzogen ist. Als er V-Mann war, von 1998 bis 2002, lebte er in Damsdorf, ein Orrteil von Kloster Lehnin (Potsdam-Mittelmark).

Im Ausschuss stieß die späte Rückmeldung zur Landung auf Unverständnis, von mangelnder Professionalität des Ausschussbüros unter dem Vorsitzenden Holger Rupprecht (SPD) und einer schweren Panne war die Rede. Vor allem weil erst kurzfristig, keine 24 Stunden vor Start der Ausschusssitzung klar wurde, dass Christian K. offenbar nicht gefunden wurde. Obendrein ist fraglich, ob das Ausschussbüro nicht von sich aus viel schärfere Maßnahmen hätte ergreifen müssen, um Christian K. ausfindig zu machen und sein Erscheinen sicherzustellen.

Ausschuss erwägt, Vernehmung von Ex-Verfassungsschutzchef Wegesin zu vertagen

Der Vorgang könnte nun die gesamte Sitzung und das geplante Vorgehen des Untersuchungsausschusses am Freitag durcheinanderbringen. Am Donnerstag liefen bis in den Abend die Drähte heiß. Nicht ausgeschlossen ist nach den vorläufigen Übereinkünften, dass der Ausschuss am Freitagmorgen auch die Vernehmung der anderen Zeugen, darunter der frühere Chef des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Heiner Wegesin, abbläst.

Denn aufbauend auf die Aussagen des Ex-V-Mannes sollten insgesamt drei damals mit dem V-Mann befasste Vertreter des Verfassungsschutzes damit konfrontiert und die Geschehnisse im Jahr 2001 erhellt werden. Nach einer Reihe von Attacken der „Nationalen Bewegung“, die im Januar 2001 in einem Brandanschlag auf die Trauerhalle des jüdischen Friedhofs und Anschlagsdrohungen gegen Veranstaltungen in Potsdam gipfelte, gingen die Sicherheitsbehörden gegen die Gruppierung vor, der Generalbundesanwalt führte die Ermittlungen. Doch es war Christian K., der offenbar nach einem Hinweis seines V-Mann-Führers eine bevorstehende Razzia gegen die Neonazi-Szene in und um Potsdam verriet.

Neues Gerangel um Akten und Ausschussbeauftragten des Innenministeriums

Doch nicht nur wegen des Fehlens des wichtigsten Zeugen gibt es Überlegungen, die Vernehmungen der damals Verantwortlichen im Verfassungsschutz zu vertagen. Gerangel gibt es mit dem Innenministerium auch um zahlreiche Akten zur Vorbereitung auf diese Zeugen, die erst kurzfristig vorgelegt worden und zum Teil erheblich geschwärzt waren. Das sorgte im Ausschuss – zum wiederholten Mal – für schwere Verstimmungen. Erneut müsse der Ausschuss offenbar gegenüber dem Innenministerium grundsätzliche Fragen klären, hieß es.

Obendrein stand auch noch eine Antwort von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) aus, wie es mit seinem Ausschussbeauftragten Bruno Küpper weitergeht. Die Opposition lehnte ihn – wie berichtet – offiziell als Vertreter des Ministeriums ab. Der Grund: Auch er könnte als Zeuge im Fall der „Nationalen Bewegung“ und der internen Ermittlungen wegen der verratenen Razzia in Frage kommen, wie sich erst nach der Ausschusssitzung Anfang Juni herausgestellt hatte. Küpper war damals, 2001, Polizeiinspekteur im Innenministerium zuständig für die Fachaufsicht über die Polizei, hatte jedoch beim Start des Ausschusses 2016 erklärt, er käme nicht als Zeuge in Betracht. Sollte Schröter seinen Mann nicht zurückziehen, hätte die Opposition genügend Stimmen, um Küpper als Zeuge einzubestellen. Alexander Fröhlich

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