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Brandenburg: Notruf ohne System

Stundenlang ist das Einsatzleitsystem der Polizei ausgefallen – weil es zu alt ist?

Potsdam - In Brandenburg sind am Donnerstag das Notrufsystem und die Einsatzleitzentrale der Polizei für mehrere Stunden zusammengebrochen. Grund waren nach Angaben eines Polizeisprechers Probleme mit der Stromversorgung. Entsprechende Informationen dieser Zeitung bestätigte ein Sprecher des Polizeipräsidiums am Freitag. Der Systemausfall dauerte demnach von 15.30 bis 23.30 Uhr an.

In dieser Zeit gab es keine zentral von Potsdam aus gesteuerte Einsatzlage mehr, der übliche digital erfasste Überblick – der etwa für extreme Vorfälle wie Katastrophen oder Anschläge für die Landesregierung nötig ist – fehlte in der Zentrale. Grund zur Besorgnis gebe es aber nicht, hieß es auf Nachfrage. Das Ersatzsystem habe funktioniert. Erkenntnisse darüber, dass Notrufe von Bürgern gar nicht bei der Polizei angekommen seien und nicht bearbeitet werden konnten, gebe es nicht. Polizeiinterne Quellen sprachen hingegen von chaotischen Zuständen, in mehreren Landesteilen sei der Notruf 110 für bis zu eine halbe Stunde nicht erreichbar gewesen.

Wegen des Systemausfalls musste die Polizei die Notrufe umstellen. Wer 110 wählte, landete nicht im Präsidium, sondern in den Direktionen und Inspektionen – so, wie es bei Störungen als sogenanntes Redundanzsystem vorgesehen ist, das einspringt, wenn die Einsatzzentrale ausfällt, die zentrale Steuerung zusammenbricht.

Statt digital am Computer in der Einsatzleitzentrale in Potsdam mussten Notrufe in den Inspektionen und Direktionen im Land handschriftlich aufgenommen und dann von dort die Streifen und Einsatzkräfte informiert werden. Die Beamten der lahmgelegten Einsatzleitzentrale in Potsdam sind in die Weiten des Landes geschickt worden, um dort in den Inspektionen und Direktionen die Notrufe anzunehmen und Einsätze einzuleiten. Auch der Digitalfunk der Polizei war betroffen, nach Angaben des Sprechers aber nur die festen Stationen, die mobilen Geräte hätten weiter funktioniert.

Es sei der zweite Störfall dieser Art gewesen, sagte der Polizeisprecher. Bereits beim Sturmtief Friedericke im Januar 2018 habe es einen ähnlichen Vorfall gegeben, bei dem auf das Redundanzsystem umstellt worden sei. Am Donnerstag habe sich zum zweiten Mal gezeigt, dass dies funktioniere. Im Notfall könne auch die frühere zweite Leitzentrale in Frankfurt (Oder) aktiviert werden.

Doch sowohl in der Polizei als auch im Innenministerium gibt es Stimmen, die das Einsatzleitsystem in Zeiten der Digitalisierung für veraltet und anfällig halten. Es ist Ende der 1990er-Jahre noch unter dem damaligen Innenminister Alwin Ziel (SPD) eingeführt worden und heißt Elbos – Einsatzleitsystem für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Im Laufe der Jahre musste wegen des technischen Fortschritts etwa beim Digitalfunk immer weiter nachjustiert werden. Dennoch sei es nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Für Ersatz, also für ein neues System, müsste die Landesregierung jedoch höhere Summen investieren.

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