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"In diesem Jahr wurde uns 20 bis 30 Prozent weniger Obst angeliefert", sagt der Geschäftsführer der Mosterei Klimmek.

© Kitty Kleist-Heinrich

Nicht mehr so gut wie früher: Brandenburg droht der Saft auszugehen

Brandenburgs Mostereien haben ein Problem: Die Menschen haben immer weniger Interesse, Obst zu sammeln.

Angermünde/Potsdam - Es ist ein echter Familienbetrieb: Seit 1983 schon entsteht in Sternfelde, einem Ortsteil von Angermünde (Uckermark), Fruchtsaft aus den von örtlichen Kleingärtnern und Landwirten angelieferten Äpfeln oder Birnen. Damals gründete Heinz Klimmek seine Mosterei. Und heute führt sein Enkel Rico die Geschäfte des kleinen Unternehmens. Doch es läuft nicht mehr so gut wie früher. „In diesem Jahr wurde uns 20 bis 30 Prozent weniger Obst angeliefert“, sagt Rico Klimmek. „Die Menschen haben immer weniger Interesse, Obst zu sammeln und in der Mosterei abzugeben.“ Immer weniger, immer ältere Kunden teilten sich unter den Mostereien auf.

Brandenburgs Obstverarbeiter haben deswegen einen offenen Brief an Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne) geschrieben. Rico Klimmek und sein Betrieb gehören zu den Unterzeichnern. In dem Schreiben verweisen sie darauf, dass Most- und Streuobst schnell knapp werde.

Qualitätssiegel für regionale Produkte

„Viele Betriebe konnten ihre Verarbeitungskapazitäten bei weitem nicht ausschöpfen und mussten die Saison vorzeitig beenden“, heißt es in dem Schreiben. „Die vorhandenen Mostereien leiden zunehmend unter Rohstoffknappheit.“ Man begrüße daher, dass das Land Brandenburg die Anlage von Streuobstwiesen fördere. Gleichzeitig warnen die Verarbeiter jedoch explizit davor, weitere Betriebe zur Obstverarbeitung zu fördern. Tatsächlich hatte die rot-schwarz-grüne Kenia-Koalition in ihrem Koalitionsvertrag erklärt: „Gemeinsames Ziel der Koalitionsparteien ist der Ausbau der regionalen Produktion und Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte.“ Hierzu sollen mit qualifizierten Organisationen ein zweistufiges EU-notifiziertes Qualitätssiegel für regionale Produkte erarbeitet werden. Zudem soll auf Grundlage der positiven Erfahrungen mit der Europäischen Innovationspartnerschaft EIP ein eigenes Förderprogramm zum Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten – bevorzugt auf der Grundlage der Förderinstrumentarien der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) – entwickelt werden, heißt es im Koalitionsvertrag. Und weiter: „Die Koalition wird Möglichkeiten prüfen, wie die Marktmacht entlang der Wertschöpfungskette zugunsten von Produzentinnen und Produzenten regionaler Agrarerzeugnisse ausgewogen verteilt werden kann.“

Mehr Obst und Streuobst

„In unserem Bereich zeigt sich eine ganz andere Situation als bei den Schlachtereien oder der Gemüseverarbeitung“, heißt es in dem offenen Brief der Obstverarbeiter. Dort fehlten eindeutig die Veredlungsbetriebe. „Aber wenn bei uns neue Großbetriebe kommen, werden wir weiter verdrängt“, fürchtet Rico Klimmek. Stattdessen fordern die Betriebe das Land dazu auf, noch stärker als bisher die Obsterzeugung zu unterstützen. „Insgesamt benötigt Brandenburg mehr Obst und Streuobst, um der Nachfrage auf dem Berliner Markt entsprechen zu können“, heißt es in dem Schreiben. Auch Obstbäume an Wegen und Feldrändern müssten stärker gepflegt werden. Dazu sollte ein neu erstelltes Streuobst-Kataster, das entsprechende Standorte erhält, vom Ministerium veröffentlicht werden.

Frisch gepresster Obstsaft.
Frisch gepresster Obstsaft.

© Kitty Kleist-Heinrich (Archiv)

Auf PNN-Anfrage heißt es aus dem Potsdamer Landwirtschaftsministerium, dass die Mostereibetriebe mit ihrem Schreiben „offene Türen“ im Haus einrennen würden. Man werde sich mit dem Schreiben der Betriebe intensiv auseinandersetzen und zeitnah darauf antworten. Die Situation der Mostereien und die schlechten Obsternten der letzten Jahre seien im Haus bekannt. Generell sollten Streuobstwiesen ebenso wie Obstanbau in Brandenburg auf jeden Fall weiter unterstützt werden. (mit Marion Kaufmann)

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