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Brandenburg: Neuruppin: Theel-Prozess geplatzt Korruptionsverfahren: Richter befangen erklärt

Neuruppin – Der Korruptionsprozess gegen Neuruppins früheren Bürgermeister und heutigen Landtagsabgeordneten Otto Theel (Linke) ist geplatzt und muss neu aufgerollt werden. Das teilte der Sprecher des Landgerichts Neuruppin, Jan Esser, gestern mit.

Neuruppin – Der Korruptionsprozess gegen Neuruppins früheren Bürgermeister und heutigen Landtagsabgeordneten Otto Theel (Linke) ist geplatzt und muss neu aufgerollt werden. Das teilte der Sprecher des Landgerichts Neuruppin, Jan Esser, gestern mit. Ein Befangenheitsantrag gegen einen der Richter sei für begründet erklärt worden. Dieser hatte während der Verhandlung am neunten Verhandlungstag im Dezember eine Nachfrage an einen Referatsleiter des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums gerichtet, der als Zeuge aussagte. Aus Sicht von Theels Verteidiger zeigte die Nachfrage, dass der Richter in dem Verfahren voreingenommen sei. Laut Gerichtssprecher Esser könnte der Prozess Ende Februar, Anfang März neu beginnen.

Das ehemalige Stadtoberhaupt muss sich wegen Vorteilsannahme im Amt und Subventionsbetrugs verantworten. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft soll Theel im Jahr 2003 versucht haben, dem Investor des kürzlich eröffneten Seehotels in Neuruppin einen städtischen Zuschuss in verdeckter Form zukommen zu lassen. Es ging um 2,5 Millionen Euro, die aber letztendlich nicht gezahlt wurden. Doch das spielte für die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift keine Rolle. Ferner wirft ihm die Anklagebehörde vor, ausgerechnet von jenem Hotelinvestor einen Privatkredit für seinen Sohn über 70 000 Euro angenommen zu haben. Die Staatsanwaltschaft vermutet einen Zusammenhang zwischen dieser Zahlung und Theels späterem Eintreten für eine städtische Ausfallbürgschaft für den Bauunternehmer.

Theel – von 1994 bis 2004 Bürgermeister in Neuruppin – hatte zum Prozessauftakt Ende Oktober alle Vorwürfe zurückgewiesen und von der „blühenden Phantasie“ der Staatsanwälte gesprochen.

Laut Gerichtssprecher Esser entschied das Gericht im Falle des Befangenheitsantrags gestern nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“. Immerhin wäre es möglich, dass sich der Richter bereits in der Schuldfrage festgelegt habe. „Es kommt laut Gesetz nicht darauf an, ob der Richter wirklich befangen ist, sondern das eine Befürchtung des Angeklagten in diese Richtung besteht.“ Es solle von vornherein der Eindruck vermieden werden, dass etwas Unlauteres vor Gericht passiere, so der Sprecher weiter.

In der beanstandeten Zeugenbefragungvernehmung hatte ein Berufsrichter der Schwurgerichtskammer dem Referatsleiters des Wirtschaftsministeriums ein Papier mit folgender Bemerkung vorgehalten: „Da steht doch drin, dass das Land betuppt, also hintergangen werden soll! Das kann ich gar nicht glauben, dass sie dass nicht mitbekommen haben?“

Daraufhin hatte Theels Verteidiger Walter Venedey die Vermutung geäußert, der „Richter hat sich schon ein Urteil gebildet, obwohl der Sachverhalt noch gar nicht umfassend aufgeklärt ist“, und den Befangenheitsantrag gegen den beisitzenden Richter gestellt. Georg Russew

Georg Russew

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