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Neues Bestattungsgesetz in Brandenburg: Landtag stimmt gegen Totenasche für Schmuckstücke

Nach intensiver Debatte stimmt die Abgeordneten ohne Fraktionszwang über Details im neuen Bestattungsgesetz ab. Den Grünen gelingt ein Überraschungserfolg.

Potsdam - Es kommt selten vor, dass im Brandenburger Landtag eine Abgeordnete nicht nur Applaus von ihrer Fraktion erhält, sondern auch Vertreter der Opposition durch die Bank Beifall spenden. Doch wenn der Fraktionszwang aufgehoben wird und Abgeordnete nur auf ihr Gewissen hören, die Reden salbungsvoller werden und Beobachter von einer Sternstunde des Parlamentarismus sprechen, dann kann genau dies geschehen. So beendete Klara Geywitz (SPD) ihre Rede zum neu geplanten Bestattungsgesetz mit den Worten „es geht heute nicht um Sieg oder Niederlage, sondern um die Würde des Menschen“ – und von ganz links, wo die Grünen-Fraktion sitzt, bis nach rechts, wo die AfD Platz nimmt, applaudierte das gesamte Parlament.

Auch ohne Fraktionszwang kam der Landtag am Mittwoch zu Mehrheiten in der zweiten<TH>Lesung für das geänderte Bestattungsgesetz – allerdings abseits der Regierungskoalition. Nach einer bemerkenswert sachlichen Debatte stimmten 40 Abgeordnete von CDU, AfD, Grünen und SPD für ein Verbot der Verwendung von Totenasche zur Herstellung von Gedenkdiamanten oder anderen Erinnerungsstücken. Vier Abgeordnete enthielten sich, 31 stimmten dagegen, darunter fast alle Linken. Auch in der SPD war man sich teils uneins: Ministerpräsident Dietmar Woidke, selbst praktizierender Protestant, stimmte gegen die Ascheentnahme, Fraktionschef Mike Bischoff dafür. 

Abgeordnete warnen vor einer Kommerzialisierung der sterblichen Überreste

Zuvor hatten mehrere Abgeordnete vor einer Kommerzialisierung der sterblichen Überreste gewarnt und davor, den menschlichen Körper nicht zu einer Sache zu machen. „Man kann Menschen nicht besitzen. Nicht wenn sie leben, nicht wenn sie tot sind“, sagte Geywitz in ihrer persönlichen Rede, in der sie an den Tod ihres eigenen Vaters erinnerte. Ihr Parteifreund Sören Kosanke er</SB>gänzte: „Damit wird der Körper zum Gegenstand: Er kann verkauft, vererbt, gestohlen und verloren werden.“ Die Landesregierung hatte die Änderung auf Bitte des Städte- und Gemeindebundes eingebracht, wie Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) erklärte. Da viele ältere Witwen und Witwer den Wunsch dieser persönlichen Erinnerung hätten, solle man sich dieser Lebensrealität anpassen.

Mehrheitlich votierten die Abgeordneten außerdem für einen Änderungsantrag, der eine Bestattungspflicht von Fehl- und Totgeburten ab einem Gewicht von 500 Gramm vorschreibt. Ein Entwurf der Landesregierung hatte ursprünglich vorgesehen, dass diese Bestattungspflicht erst ab 1000 Gramm bestehen sollte. Einen weiteren Antrag, der mehrheitlich von CDU- und AfD-Parlamentariern unterstützt wurde und sich für eine Bestattung aller Fehl- und Totgeburten unabhängig von ihrem Gewicht einsetzte, wurde dagegen abgelehnt. „Alle Eltern haben ein Recht auf Trauer“, hatte Raik Nowka (CDU) zuvor geworben und daran erinnert, dass mehrere Krankenhäuser im Land diese Möglichkeit bereits anbieten.

Grabsteine dürfen zukünftig nicht mehr aus Kinderarbeit stammen 

Ein Überraschungserfolg gelang den Grünen mit ihrem Änderungsantrag, wonach Grabsteine zukünftig nicht mehr aus Kinderarbeit stammen dürfen. Der Antrag, der zuvor im Innenausschuss abgelehnt worden war, wurde in der Sitzung am Mittwoch verabschiedet. „Wollen Sie wirklich, dass Ihre Großeltern unter dem Blut indischer Kinder bestattet werden“, hatte Ursula Nonnenmacher (Grüne) zuvor an das Gewissen ihrer Kollegen appelliert. Innenminister Schröter bezeichnete den Antrag als verfassungswidrig, weil er den Kommunen vorschreibe, ihre Friedhofssatzungen zu ändern.

Verabschiedet ist das neue Gesetz indes noch nicht. Am Freitag soll es im Landtag zum letzten Mal gelesen werden, dann werden die Abgeordneten darüber abstimmen. Wieder ohne Fraktionszwang – Überraschungen nicht ausgeschlossen.

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