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Brandenburg bildet bislang keine eigenen Berufsschullehrer aus.

© dpa

Neuer Studiengang in Potsdam geplant: Brandenburg braucht Berufsschullehrer

An der Uni Potsdam soll erstmals ein Masterstudiengang für Berufsschullehrer in Brandenburg eingerichtet werden. Am Mittwoch debattiert der Landtag über das Konzept.

Potsdam - Es ist ein märkisches Alleinstellungsmerkmal, aber wahrlich kein rühmliches: Als einziges Bundesland bietet Brandenburg keinen Studiengang für Berufsschullehrer an. Die Auswirkungen sind seit Jahren zu spüren: Dem Land fehlen Lehrer für Oberstufenzentren, die aus anderen Bundesländern abgeworben werden müssen. Oft füllen Seiteneinsteiger die Lücken. Nach Berechnungen des Bildungsministeriums werden ab dem Schuljahr 2023/24 jährlich 120 bis 130 Lehrkräfte an beruflichen Schulen benötigt, in zehn Jahren werden es immer noch mehr als 100 sein.  

Nach vielen Debatten über die längst bekannte Problematik will das Land nun endlich gegensteuern und einen Studiengang für Berufsschullehrer an der Universität Potsdam aufbauen. Am Mittwoch (19.1.) wird über das Konzept der rot-schwarz-grünen Landesregierung in der Plenarsitzung des Landtags debattiert. Die Opposition findet den Vorschlag nicht komplett überzeugend – unter anderem, weil die Landeshauptstadt und nicht die durch den Strukturwandel strapazierte Lausitz von dem Landesvorhaben profitieren soll. 

Auch Cottbus war als Standort für den neuen Studiengang geprüft worden 

Im Juni 2020 war die Landesregierung mit einem Landtagsbeschluss aufgefordert worden, ein Lehrerausbildungskonzept für berufliche Schulen vorzulegen. Eine vom Wissenschaftsministerium geleitete Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bildungsministeriums, der Universität Potsdam und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) hat daraufhin die Möglichkeiten an beiden Hochschulen geprüft. 

Die Empfehlung des Landesregierung: In Potsdam soll ein Masterstudiengang für das berufliche Lehramt eingerichtet werden, der einen nicht lehramtsbezogenen Bachelor-Abschluss voraussetzt. Für Potsdam spreche „der vorhandene Erfahrungsschatz“, schließlich ist die Uni in der Landeshauptstadt die einzige im Land, an der bereits Lehrer ausgebildet werden. Konkret sollen 60 Studienanfängerplätze im Master geschaffen werden

Mit Kosten in Höhe von 2,88 Millionen Euro jährlich rechnet das Land, nebst Investitionen in Erstausstattung. Eine Berufsschullehrerausbildung in Cottbus hingegen würde mit mindestens 4,8 Millionen Euro jährlich zu Buche schlagen. Die Einrichtung eines zweiten universitären Standorts für angehende Lehrkräfte in Brandenburg ist aus Sicht der Landesregierung noch aus anderen Gründen „nicht zielführend“: Zwar könnten an der BTU vorhandene Studienangebote in technischen Fächern, Betriebswirtschaftslehre oder Bauingenieurwesen ergänzt werden, aber essentielle Kompetenzen in Bildungs- und Erziehungswissenschaften müssten erst aufgebaut werden. Außerdem fehle es der BTU an Räumen und Infrastruktur.

AfD fordert Transparenz bei der Kostenberechnung 

Den parlamentarischen Geschäftsführer und Bildungspolitiker der AfD-Fraktion, Dennis Hohloch, überzeugt das nicht. Wie sich die unterschiedlichen Kostenschätzungen für Potsdam und Cottbus zusammensetzen, sei nicht detailliert aufgeschlüsselt worden. Zudem fehlten in Potsdam abgesehen von Mathematik und Informatik weitgehend die für Berufsschullehrer relevanten Fächer, wie sie an der BTU etabliert seien. In Summe sende das Land ein falsches Signal, wenn sie die Lausitz wieder einmal leer ausgehen lasse, sagte Hohloch am Dienstag.

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In Potsdam müssen neue Räume geschaffen werden 

Auch bei der Linksfraktion lässt der Vorschlag der Landesregierung Fragen offen. „Das vorgelegte Konzept zur Ausbildung an der Universität Potsdam unterstützen wir zwar grundsätzlich, sehen jedoch dringenden Nachbesserungsbedarf“, sagte die hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion, Isabelle Vandre, nach der jüngsten Sitzung des Bildungsausschusses, bei der auch Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) für die Ausbildung in Potsdam warb. 

Entscheidend sei, wie Bachelorabsolvent:innen beruflicher Studiengänge wie Ingenieurswissenschaften von der BTU für einen Berufsschulmaster an der Universität Potsdam gewonnen werden sollen, gibt die Potsdamer Abgeordnete Vandre zu bedenken. Hier sei ein kluges Konzept gefragt. „Ebenfalls sind die räumlichen und personellen Bedarfe an der Uni Potsdam schnell zu klären“, fordert Vandre.  

Tatsächlich birgt der Aufbau eines zusätzlichen Studiengangs in der Landeshauptstadt Probleme. Angesichts des akuten Lehrermangels auch für andere Schulformen wurde beschlossen, an der Uni mehr Plätze für angehende Pädagogen vorzuhalten. Dabei wiederum nimmt die Landesregierung das Parlament in die Pflicht. Noch sei der durch den Haushaltsgesetzgeber, also den Landtag, „beschlossene umfassende qualitative und quantitative Ausbau des Lehramts an der Universität Potsdam nicht durch entsprechende Baumaßnahmen abgesichert“, heißt es in der Stellungnahme für die heutige Debatte. 

Bereits dieser Ausbau überschreite strukturelle und räumliche Kapazitätsgrenzen. Deshalb müsse der Landtag vor Einführung eines neuen Studiengangs zwingend die nötigen Mittel für die Unterbringung weiterer Professor:innen, Mitarbeiter:innen sowie die Einrichtung von Laboren und Werkstätten für die künftigen Berufsschullehrer sicherstellen. 

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