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Neue Zahlen veröffentlicht: Immer mehr Brandenburger pendeln nach Berlin

Im vergangenen Jahr arbeiteten mehr als 200.000 Brandenburger in Berlin. Aber in die Hauptstadt wollen die meisten lieber nicht ziehen.

Potsdam/Berlin - Immer mehr Brandenburger finden einen Job in Berlin, behalten aber ihren Wohnsitz lieber in der Mark. Wie eine Auswertung der Agentur für Arbeit zeigt, waren es 2018 rund 215 600 Pendler aus Brandenburg, die in Berlin arbeiteten – ein Plus von 13,9 Prozent zum Jahr 2013.

Insgesamt ist die Zahl der Berlin-Pendler seit 2013 auf 321 000 Menschen gestiegen. Das entspricht einem Plus von 24,5 Prozent. Der Anteil der Einpendler an allen Beschäftigten liegt bei 21,7 Prozent. Damit kommt jeder fünfte Beschäftigte von außerhalb. Und immer mehr Menschen fahren auch aus anderen Bundesländern als Brandenburg zur Arbeit nach Berlin. Die Zahl der Job-Reisenden etwa aus Nordrhein-Westfalen stieg im von 2013 bis 2018 um 48,8 Prozent auf rund 18 550. Gleichzeitig ist auch die Zahl der Berliner gestiegen, die in anderen Bundesländern arbeiten: um 20,8 Prozent auf rund 185 700 Pendler nämlich. Die meisten Berliner fahren zur Arbeit nach Brandenburg: 88 601 Menschen waren es 2018. Danach folgt Nordrhein-Westfalen mit 21 966 Menschen, Bayern mit 15 829 und Hessen mit 12 308 Berliner Pendlern. 

Wirtschaftswachstum macht sich auf Arbeitsmarkt bemerkbar

Der Pendlerzuwachs in Berlin fällt damit sogar größer aus als der Anstieg bei den Beschäftigten insgesamt am Wirtschaftsstandort Berlin: Von 2013 bis 2018 wuchs die Zahl der Beschäftigten um rund 248 000 auf 1,4 Millionen.  „Die Wirtschaft ist in Berlin in den vergangenen Jahren stärker gewachsen als im Rest des Landes. Das macht sich jetzt auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar“, kommentierte Matthias Loke, Sprecher der Bundesagentur für Arbeit in Berlin- Brandenburg, die Entwicklung. „Auffällig ist, dass Menschen nicht nur aus der Region, sondern aus dem ganzen Land in die Hauptstadt pendeln.“ Wie nicht zuletzt die boomende Start-up-Szene beweise, entwickle sich Berlin für immer mehr Arbeitnehmer zu einem attraktiven Standort.

Unterdessen haben Regionalforscher festgestellt, dass Berliner nun auch vermehrt in den Brandenburger „Städtering“ jenseits des Speckgürtels ziehen. So würden mittlerweile Städte wie Jüterbog, Neuruppin, Eberswalde, Luckenwalde oder auch Brandenburg/Havel im sogenannten zweiten Ring positive Wanderungssalden mit Berlin aufweisen. „Es ziehen mehr Menschen aus der Hauptstadt dorthin als umgekehrt“, erklärte Henning Boeth vom Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) in Erkner. 

Die meisten Zuzügler sind im Familienalter

Neben der Zahl der Zuzüge aus Berlin nehme auch die Zahl der Fortzüge im Städtering stark ab. Es bleiben also mehr und mehr Bewohner in den Städten des zweiten Rings.

Die neue Zuwanderung werde größtenteils von Menschen im Familienalter getragen. Bei jüngeren Menschen im Alter von Ausbildung und Berufseinstieg sind die Wanderungssalden hingegen noch eher negativ, so Boeths Analyse. Der Zuzugstrend ist so signifikant, dass er dem alten Leitbild der Dezentralen Konzentration aus den 1990er-Jahren, das seinerzeit Wachstumsdruck von Berlin in den Brandenburger Städtekranz umleiten sollte, wieder zu neuem Leben verhelfen könnte: „Nach Jahren der Schrumpfung 2005 ad acta gelegt, erlebt das Konzept jetzt möglicherweise ein Revival“, meint der IRS-Forscher Manfred Kühn.

Für Städte im zweiten Ring bietet der Zuzug eine Chance

Neben Berlinern und Menschen aus dem direkten Umland kommen mittlerweile auch Rückkehrer in die Städte um den Speckgürtel, die einst wegen der Arbeit nach Westdeutschland oder die Metropolen gezogen waren. „Ein Knackpunkt dabei sind natürlich die Arbeitsplätze“, so Boeth. Ein Rückkehrer aus Westdeutschland komme nur, wenn er auch eine Berufsperspektive vor Ort in Brandenburg hat. „Das ist die große Herausforderung, vor der diese Städte noch stehen.“ 

Für die Städte im zweiten Ring berge die Entwicklung auch die Chance, die Innenstädte vor Leerstand und Verfall zu bewahren. Denn bei den Zuzüglern sind vor allem die Innenstädte beliebt, haben die Regionalforscher festgestellt. Sie vermuten, dass die Neubürger eine „gewisse Urbanität“ suchen. „Es geht hier auch um Reurbanisierung, denn gerade die Innenstädte profitieren massiv vom Zuzug und baulicher Aufwertung“, so die Einschätzung am IRS. Vertreter der Stadtplanung von Brandenburg/Havel und Eberswalde konnten diese Einschätzung bestätigen. 

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