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Brandenburg: Neonazi-Vorwürfe gegen die AfD

Zwei Landtagsabgeordnete der rechtspopulistischen Partei geraten wegen früheren und aktuellen Äußerungen unter Druck

Potsdam - Die AfD in Brandenburg ist wegen einiger Landtagsabgeordneter und ihrer Vergangenheit am äußersten rechten Rand weiter in Erklärungsnot – und hat auch kein Problem mit Verstößen gegen Beschlüsse ihrer Bundespartei. So hat Andreas Kalbitz bei seinem Eintritt in die AfD und bei seiner Landtagskandidatur verschwiegen, einst Mitglieder der rechtsradikalen Republikaner gewesen zu sein. Auch seine Tätigkeit als Autor für als rechtsextrem eingestufte Organisationen legte er nicht offen. Dennoch hat die Brandenburger AfD kein Problem damit.

Was Kalbitz verschwieg: Er war Anfang der 1990er-Jahre Mitglied bei den Republikanern. Das ist an sich mit der Linie der AfD gedeckt, die niemanden mit Bezug zur rechtsextremistischen NPD in den eigenen Reihen sehen will. Allerdings hätte Kalbitz seine Mitgliedschaft bei den Republikanern offenlegen müssen, so sieht es ein Beschluss der Bundespartei vor. AfD-Sprecher Detlef Frye bestätigte auf PNN-Anfrage, dass Kalbitz eingeräumt hat, „wahrscheinlich“ von 1992 bis 1994 bei den Republikanern gewesen zu sein. Kalbitz habe sich zuvor nicht daran erinnern können und habe erst bei Durchsicht seiner Unterlagen einen Hinweis darauf gefunden. Grundsätzlich sei das kein Problem. Frye sagte, auch hier gelte, dass Menschen eine zweite politische Chance verdient hätten. Kalbitz habe sich wie andere als junger Mensch politisch ausprobiert.

Dabei hat sich Kalbitz so weit im äußersten rechten Rand versucht, dass selbst in der Bundespartei einige Probleme mit der politischen Vita des 42-Jährigen aus Königs Wusterhausen (Dahme- Spreewald) haben. Der gebürtige Münchner war zunächst in der Jungen Union und in der CSU aktiv und forderte schon 1992 in einem Beitrag für die „Junge Freiheit“ einen „rechten Aufbruch“ in der Union. Problematischer für liberale Kräfte in der AfD sind Kalbitz’ Aktivitäten in rechten Organisationen, die die Frage aufwerfen, ob es politische Irrungen eines jungen Mannes waren oder ob sie vielmehr von dessen gefestigten rechten Weltbild zeugen. Wie etwa Kalbitz’ Verquickung mit dem Witiko-Bund, ein Vertriebenen-Verband, gegründet von NSDAP- und SS-Funktionären, der sich selbst als „nationale Gesinnungsgemeinschaft der Sudetendeutschen“ versteht und bei dem die Bundesregierung „eine Verdichtung von tatsächlichen Anhaltspunkten für rechtsextreme Bestrebungen festgestellt“ hat. Im Vereinsorgan „Witikobrief“ gratulierte Kalbitz 2001 dem der NPD nahestehenden „Freundschafts- und Hilfswerks Ost“ zum zehnjährigen Bestehen und hob dessen Arbeit in dem „oftmals aussichtslos scheinenden Kampf gegen den kulturellen und volklichen Tod auf jahrtausendealtem deutschen Kulturboden“ hervor. In einem anderen Beitrag beklagt Kalbitz den „Ethnozid am deutschen Volk“ – und dass es immer weniger „Gleichgesonnene und Kameraden der Erlebnis- und Aufbaugeneration“ gibt – also völkische Witiko-Gründungsmitglieder mit NS-Vergangenheit.

2003 veröffentlichte der heutige Landtagsabgeordnete einen Beitrag in der Zeitschrift „Fritz“, dem Vereinsblatt der damals schon extrem rechten und von Neonazis dominierten „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland“ (JLO), die jahrelang die Nazi-Traueraufmärsche in Dresden angemeldet hat. In einem Beitrag beklagt er das fehlende Gedenken für heldenhafte deutsche Soldaten im ersten Weltkrieg, den „Bewußtseinsethnozid in den Köpfen der bundesrepublikanischen Jugend“ und – als Bezug auf die NS–Zeit – die „Verständnisimplanation von 12 Jahren als 99 Prozent deutscher Geschichte“.

Trotzdem hat Kalbitz die Rückendeckung der Partei- und Fraktionsführung um AfD-Landeschef Alexander Gauland. Ebenso der Landtagsabgeordnete Steffen Königer aus Werder (Havel). Wie der RBB berichtet, soll sich Königer jüngst in Facebook-Einträgen über den Umgang mit dem Neonazi-Code „88“, der für „Heil Hitler“ steht, lustig gemacht haben. Überdies war er dem Bericht zufolge, anders als bislang bekannt, noch bis 2011 für die rechte Wochenzeitung „Junge Freiheit“ aktiv. Als Autor wetterte Königer gegen die „Antisemitismuskeule" und beklagte, dass öffentlich-rechtliche Sender am 8. Mai „ihr Programm fast vollständig auf 1945“ einstellen: „Hitler hier, Befreiung dort, Holocaust überall.“ Die Privatsender würden dagegen auf die „435. ausführliche Dokumentation zum Untergang des Tausendjährigen Reiches“ verzichten. Gegenüber den PNN hatte Königer vor der Landtagswahl sein Interesse für NS-Bücher aus dem „Giftschrank“ bekundet.

Der Politikwissenschaftler Gideon Botsch vom Moses Mendelssohn Zentrum in Potsdam sagte den PNN, die Beispiele Königer und Kalbitz seien Beleg für die „rechtspopulistische Ausrichtung der AfD“, die so eine „nationalpopulistische Rechtspartei“ sei. Königer rücke die AfD in die Nähe rechtsextremer Milieus.

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