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Neonazi-Terror: Rautenberg fordert Verbot der NPD

Brandenburgs Generalstaatsanwalt hält dies auch für gerichtlich durchsetzbar – trotz der V-Leute von Nachrichtendiensten in der rechtsextremistischen Partei.

Brandenburg/Havel - Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo C. Rautenberg hat sich für ein Verbot der NPD ausgesprochen. Der Jurist hält dies auch für gerichtlich durchsetzbar – trotz der Vertrauenspersonen (V-Leute) von Nachrichtendiensten in der rechtsextremistischen Partei. Warum, erklärte Rautenberg im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

Wieso glauben Sie, dass ein NPD-Verbot nötig und möglich ist?

„Die NPD steht mit ihren veröffentlichten Verlautbarungen nach meiner Einschätzung in der Tradition der NSDAP und verbreitet deren Gedankengut mit Steuergeldern, die ihr als zugelassener Partei auch zustehen. Das ist ein unerträglicher Zustand, der nur durch ein Verbot der Partei beendet werden kann, und das ist auch realisierbar. Es stimmt nämlich nicht, dass man - wie es oft heißt – vor einem Verbotsverfahren alle V-Leute aus der NPD abziehen müsste. Das Bundesverfassungsgericht hatte beim ersten Verbotsverfahren lediglich beanstandet, dass sich selbst in den Führungsgremien der Partei V-Leute befanden. Da haben sie meiner Meinung nach auch nichts verloren. Ich glaube sogar, dass die Parteiführung genau weiß, wer in ihren Reihen für den Verfassungsschutz arbeitet und möglicherweise sogar gezielt Fehlinformationen weitergegeben werden.

Wie sind die Erfahrungen der Strafverfolgungsbehörden in Brandenburg mit dem Verfassungsschutz?

„Ganz überwiegend gut. Wir konnten beispielsweise nach Hinweisen der Verfassungsschützer Täter ermitteln, die CDs mit rechtsextremistischem Inhalt von Skandinavien nach Deutschland schmuggelten. Von Vorteil ist, wenn Leiter des Verfassungsschutzes zuvor als Richter oder Staatsanwälte tätig gewesen sind. In Brandenburg war dies bislang so - bis auf einen Fall. Unter diesem Amtsinhaber kam es prompt zu Problemen.“

Welchen Fall sprechen Sie damit an?

„Ein brandenburgischer V-Mann hatte 2001/2002 eine rechtsextreme CD in einer Auflage von 2000 Exemplaren produziert. Er wurde dabei von seinem V-Mann-Führer unterstützt – angeblich um die Vertriebswege derartiger Tonträger zu ermitteln. Im Booklet der CD wurde zur Tötung zahlreicher Personen aufgerufen, darunter befand auch ich mich. Die Verfassungsschützer hielten es damals mit Rückendeckung mehrerer Innenminister für zulässig, dass V-Leute sogenannte Propagandadelikte begehen, wenn damit integre Fernziele verfolgt würden.“

Dies scheint heute nicht anders zu sein. In diesem Sinn hat sich etwa kürzlich der frühere bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) geäußert. Wie beurteilen Sie dies?

„Die herrschende Meinung in der strafrechtlichen Literatur lehnt bei Begehung von Propagandadelikten eine generelle Straffreiheit von V-Leuten ab, die im Auftrag des Verfassungsschutzes integre Fernziele verfolgen. Das war auch das Ergebnis einer von mir veranlassten Umfrage bei meinen Kollegen 2002. Das Landgericht Cottbus hat dies 2005 in einem Beschluss ebenso gesehen, aber der Einstellung des Verfahrens gegen den V-Mann-Führer wegen geringer Schuld zugestimmt. Ob man derartige Verfahren einstellen kann, ist eine Frage des Einzelfalles.“

Die Fragen stellte Marion van der Kraats

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