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Wer kauft? Bei Geschäften mit Rechtsextremen schaut der Staat hin.

© dpa

Neonazi-Immobilien in Brandenburg: Braune Dörfer

Im Osten Deutschlands kaufen Rechtsextreme verstärkt Immobilien - das beobachtet der Verfassungsschutz seit Jahren. Auch in Brandenburg gibt es bereits einige Häuser, die von Neonazis und Mitgliedern rechtsextremer Parteien bewohnt oder für Veranstaltungen genutzt werden.

Berlin/Potsdam - Der Verfassungsschutz beobachtet entgegen einer anderslautenden Stellungnahme der Bundesregierung offenbar seit Jahren den Erwerb von Immobilien durch Rechtsextremisten. Ziel des seit 2011 laufenden Projektes sei es, „ein möglichst präzises bundesweites Lagebild zu erstellen“, heißt es in einem Rundschreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz an die Landesämter, aus dem die „Berliner Zeitung“ zitiert.

Die Bundesregierung hatte erst vor zwei Wochen in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion angegeben, dass die Erfassung des Immobilienbesitzes nicht zu den gesetzlichen Aufgaben des Verfassungsschutzes gehört. Insofern sei auch eine Aufschlüsselung nach einzelnen Bundesländern oder Jahren nicht möglich. Es könne aber „davon ausgegangen werden, dass bundesweit rund 250 Objekte für rechtsextremistische Zwecke genutzt werden“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Davon befänden sich etwa 60 Immobilien im Eigentum oder Besitz von Rechtsextremisten.

Sieben Immobilien in Brandenburg

Laut „Berliner Zeitung“ ging das Bundesamt für Verfassungsschutz bereits im April 2011 von insgesamt 120 Grundstücken in Deutschland und zwei weiteren in Schweden und Frankreich aus. Sämtliche Immobilien seien von Neonazis und rechtsextremen Parteien bewohnt oder für Veranstaltungen und Parteiarbeit genutzt worden. 80 davon befanden sich damals im Eigentum von Rechten, heißt es in dem Bericht. Danach befand sich 2011 der Schwerpunkt der rechten Immobilien im Osten Deutschlands. Insgesamt 48 Grundstücke und Häuser besaßen Neonazis dort, allein in Brandenburg sind es sieben. Heute seien von den Neonazi-Grundstücken allein in Mecklenburg-Vorpommern zehn Dörfer betroffen, vier weitere in Brandenburg, drei in Sachsen-Anhalt, je eines in Thüringen und Sachsen, berichtet die Zeitung. Spitzenreiter mit Immobilien von Rechtsextremisten im Westen waren 2011 Baden-Württemberg (sechs Immobilien), Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz (je fünf).

Nach Informationen der „Berliner Zeitung“ wird das Auswertungsprojekt zu den rechten Immobilienstrukturen vom Bundesamt weitergeführt. Allerdings unterliege das Projekt strengster Geheimhaltung, weil die verfassungs- und datenschutzrechtliche Zulässigkeit einer solchen statistischen Erhebung durch den Verfassungsschutz umstritten sei.

Aufbau einer rechtsextremen Infrastruktur

Die Amadeu Antonio Stiftung warf der Bundesregierung Fehler im Umgang mit von Neonazis genutzten Immobilien vor. In der rechtsextremen Szene würden gezielt nationale Siedlungen und eine rechtsextreme Infrastruktur aufgebaut, sagte Geschäftsführer Timo Reinfrank. Mit Blick auf beschlagnahmte Immobilien forderte er eine gesetzliche Grundlage, damit diese Gebäude künftig zivilgesellschaftlich umgenutzt werden können.

Lukas Philippi

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