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Unter den Teilnehmern der "Nein zum Heim"-Kundgebung in Guben waren einige Neonazis dabei.

© S. Kohlhuber

"Nein zum Heim"-Kundgebung in Guben: 15 Jahre nach Hetzjagd wieder Neonazi-Aufmarsch

70 Teilnehmer demonstrierten in Guben direkt vor einer Flüchtlingsunterkunft, etwa die Hälfte der Teilnehmer sind der Neonazi-Szene zuzuordnen. Mehr als 200 Menschen stellten sich dem braunem Aufzug entgegen.

Guben - Mehr als 200 Menschen haben am Samstag gegen einen Neonazi-Aufmarsch in Guben (Spree-Neiße) protestiert – vor einem Asylbewerberheim. Auslöser war eine von der NPD gesteuerte und von der „Nein zum Heim“-Initiative angemeldete Kundgebung direkt vor der Flüchtlingsunterkunft. Die Hälfte der 70 Teilnehmer des Aufmarsch war der Neonazis-Szene zuzurechnen und kam aus verschiedenen Landkreisen Brandenburgs angereist, darunter waren Aileen Rokohl und Manuela Kokott, beide Mitglieder des NPD-Landesvorstandes. Einige wenige Anwohner reagierte auf die Reden der Neonazis in Hör- und Sichtweite zum Asylheim zustimmend.

Verschiedene Initiativen aus Guben und Cottbus in der Lausitz hatten dazu aufgerufen, zum Schutz der Flüchtlingsunterkunft vor den Neonazis eine Menschenkette zu bilden. „Es freut mich wirklich sehr, dass viele nicht wegschauen, sondern sich für Flüchtlinge einsetzen“, sagte der Kreisvorsitzende der Bündnisgrünen in Spree-Neiße, Wolfgang Renner. „Das ist schon eine mächtige Bedrohung, wenn Neonazis vor einem Heim stehen und gegen Asylbewerber hetzen“, erklärte Katharina Schmidt von der Initiative Flucht und Migration Cottbus. Die Initiative „Nein zum Heim“ heize die Stimmung in den sozialen Medien wie Facebook stetig auf.

Gedenken an den 1999 getöteten Aslybewerber Farud Guendoul

In Guben leben derzeit 75 Flüchtlinge. Das Flüchtlingsheim war in der Vergangenheit mehrfach Anfeindungen ausgesetzt. Es kam zu Sprühereien an der Hauswand, aber auch zu Pöbeleien und Übergriffen gegen Bewohner der Unterkunft.

Die Gegenkundgebung am Samstag richtete sich gegen die aktuellen Vorfälle in Guben, war aber zugleich auch ein Gedenken an den 1999 getöteten Asylbewerber Farid Guendoul, der sich Omar Ben Noui nannte. Ein Dutzend Neonazis hatten ihn und zwei andere Asylbewerber in der Nacht vom 12. auf den 13. Februar 1999 durch Guben gejagt. Guendoul wollte sich in einen Hausflur retten, trat dabei eine Glastür ein, verletzte sich an der Beinarterie und verblutete. Acht der Täter wurden wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, unter ihnen als Haupttäter Alexander Bode. Er bekam eine zweijährige Haftstrafe und trat 2008 für die NPD zur Kreistagswahl in Spree-Neiße an, galt noch Jahre nach seiner Verurteilung als Schlüsselfigur der rechten Szene in Guben und ist noch immer für die NPD in der Stadt aktiv. Auch er nahm am Samstag an der Kundgebung gegen die Flüchtlingsunterkunft teil.

Bramm-Kundgebung in Königs-Wusterhausen

Die Polizei war mit 60 Beamten in Guben vor Ort. Sie trennte die beiden Lager und kontrollierten vereinzelt Teilnehmer. Dabei fiel ihnen die Gürtelschnalle eines rechten Teilnehmers auf. Sie wurde mit Verdacht auf Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen einbehalten. Der junge Mann konnte an der Veranstaltung dennoch weiter teilnehmen.

Ebenfalls an dem braunen Aufzug beteiligt waren Neonazis der „Freien Kräfte Königs Wusterhausen“. Diese gelten als Bindeglied zwischen der Berliner und Brandenburger Neonaziszene. In Königs Wusterhausen findet am heutigen Montagabend eine Demonstration der „Bramm“, kurz für „Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung“, einem Pegida-Ableger, statt. Es werden bis zu 200 Teilnehmer erwartet. Auch Gegendemonstrationen sind angemeldet.

Sören Kohlhuber

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