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Hier entlang. Acht Korridore, wo die Planer mit mehr Bewohnern und Pendlern rechnen, werden untersucht.

© Ralf Hirschberger/dpa

Nahverkehr zwischen Brandenburg und Berlin: Ein guter Zug für alle Pendler

Berlin, Brandenburg und die Bahn haben einen Rahmenvereinbarung zum Schienenverkehr unterzeichnet - das Papier sieht umfangreiche Erweiterungen im Angebot für Pendler vor - auch Potsdamer könnten davon profitieren.

Berlin/Potsdam – Was lange währt, wird vielleicht doch noch gut: Nach zum Teil zähem Ringen haben die Länder Berlin und Brandenburg am Mittwoch eine Rahmenvereinbarung mit der Deutschen Bahn unterschrieben. Es ist ein erster Baustein für einen Ausbau der Schienenverbindungen zwischen beiden Ländern. Diese übernehmen zunächst auch die Kosten für die Planungen, was die Verfahren beschleunigen soll. Angaben zur Höhe der Summe gab es nicht.

Untersucht werden im Wesentlichen die Korridore, die bereits der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) unter die Lupe genommen hat: Die Strecke Berlin–Falkensee–Nauen, die Potsdamer Stammbahn zwischen der Landeshauptstadt und Berlin, der Prignitz-Express zwischen Wittenberge und Berlin und die Anbindung Veltens, die Nordbahn durch Reinickendorf und der Anschluss der Heidekrautbahn aus Basdorf zum Bahnhof Wilhelmsruh und weiter nach Gesundbrunnen in Berlin. Dann Verbesserungen für den Regionalexpress RE 1 (Magdeburg– Frankfurt (Oder)), die Verbindung auf der Dresdner Bahn nach Rangsdorf, die Strecke Berlin-Cottbus mit dem aufwändigen Umbau des Bahnhofs Königs Wusterhausen sowie die „Engpassbeseitigung und Weiterentwicklung“ im S-Bahn-Netz zwischen Griebnitzsee und Wannsee.

Kein Entweder-Oder: S-Bahn und Regionalexpress sollen erhalten bleiben

Ein „Lenkungskreis“ der Vertragspartner soll die Projekte voranbringen. Die erste Sitzung ist für November vorgesehen. Wann mit konkreten Ergebnissen zu rechnen ist, wollten am Mittwoch weder Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) noch Brandenburgs Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD) oder Bahnvorstandsmitglied Ronald Pofalla sagen. Der zeigte sich aber überzeugt, dass der Bund bei einer positiven Bewertung den Bau dann auch finanziere. Auch VBB-Chefin Susanne Henckel ist zuversichtlich, dass das erforderliche Geld aufgetrieben werden kann, auch wenn die Projekte nicht im Bundesverkehrswegeplan 2030 stehen. Vorhaben, die es dort hineinschaffen, werden aus der Bundeskasse unterstützt.

Diskutiert wird über die acht ausgewählten „Korridore“ schon seit Jahren. Viel zu lang, sagte Florian Müller vom Fahrgastverband Igeb. Peter Cornelius, Vorsitzender von Pro Bahn Berlin-Brandenburg, sagte: „Besser jetzt als nie.“ Er frage sich aber schon, „warum die Einsicht, die beiden Länder müssten gemeinsam planen, erst jetzt gekommen ist, nachdem die meisten Projekte schon seit Jahren und Jahrzehnten ergebnislos diskutiert wurden.“ Ministerin Schneider betonte, es sei wichtig, dass die drei Partner gemeinsam eine Richtung eingeschlagen hätten, was früher häufig nicht so war. Man müsse aufhören darüber zu diskutieren, ob die S-Bahn oder die Regionalbahn die richtige Lösung sei. Man brauche beide Systeme.

300 000 Brandenburger fahren täglich zur Arbeit nach Berlin

Brandenburg hatte in der Vergangenheit fast ausschließlich auf den Ausbau des Regionalverkehrs gesetzt, während Berlin auf die S-Bahn fokussiert war. So wird der Regionalverkehr auch auf Gleisen in Berlin fast ausschließlich von Brandenburg finanziert. Ob sich daran nach einem möglichen Ausbau des Netzes etwas ändern wird, ließ Günther offen. Einig war man sich, dass das Angebot erweitert werden müsse – vor allem Pendler sollen davon profitieren. Nach Günthers Angaben fahren rund 300 000 Brandenburger zur Arbeit nach Berlin. Umgekehrt seien es etwa 180 000.

Verbesserungen kann es im großen Rahmen durch neue Strecken oder bescheidener durch einen Ausbau vorhandener Anlagen geben. Würde man beim RE 1 Bahnsteige verlängern, könnten Züge mit mehr Wagen eingesetzt werden, sagte Schneider. Derzeit ist bei fünf Wagen Schluss, weil die Bahn in der Vergangenheit auf mehreren Stationen die Bahnsteige verkürzt hat, um zu sparen. Zum Teil sind Planungen auch schon weit gediehen. Für den Bahnhof Wilhelmsruh der Heidekrautbahn gibt es sogar bereits Baurecht. Aber nur bis 2021. Und auch wo es ganz schnell gehen könnte, bremsen die Länder noch. Für eine von der Bahn ins Gespräch gebrachte Verlängerung der Linie RB 33 aus Jüterbog über Wannsee hinaus auf dem vorhandenen Güterzuggleis bis Zehlendorf und weiter zum Rathaus Steglitz gibt es nach Günthers Angaben derzeit keine Pläne. Das Land müsste die Fahrten bestellen – und bezuschussen.

Weite Teile des Landes Brandenburg brauchen bessere Verbindung nach Berlin

Der Fahrgastverband Pro Bahn mahnte bei allem Lob auch, dass die geplanten Verbesserungen im Schienenverkehr weit genug hinaus in das gesamte Land Brandenburg wirken – und nicht nur unmittelbar an der Berliner Stadtgrenze. Weite Teile des Landes bräuchten schnellere und häufigere Verbindungen direkt in die Berliner City. Der Verkehrsexperte der CDU-Fraktion im Brandenburger Landtag, Rainer Genilke, kommentierte spitz: „Statt Hochgeschwindigkeit herrscht beim Ausbau des Schienennahverkehrs also weiter Schneckentempo.“

Die CDU-Fraktion habe bereits vor Monaten ein Konzept vorgelegt und darin den notwendigen Ausbau präzise benannt. „Doch statt Investitionsentscheidungen zu fällen, wurde heute nur ein weiterer Arbeitskreis gegründet, der sich Ende des Jahres erstmals treffen soll.“ Zudem kritisierte Genilke, dass sich der neue Arbeitskreis offenbar nur mit der Berlinnahen Region beschäftigen werde. Statt den Schienenverkehr zu entwickeln, seien in Brandenburg Jahre nur Korridore zwischen Berlin und Brandenburg untersucht worden. Scheinbar habe die Landesregierung den Blick für den Rest des Landes verloren. Grünen-Verkehrsexperte Michael Jungclaus sagte: „Viele Bahnen und Gleise können bereits heute mit dem Bevölkerungswachstum im Berliner Umland kaum noch Schritt halten. Die Zeit drängt.“ Dabei müsse Brandenburgs Verkehrspolitik aber das ganze Land im Blick behalten.

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