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Brandenburg: Nachfolger für Dietlind Tiemann gesucht

Am Sonntag treten zur Oberbürgermeisterwahl in Brandenburg/Havel zwei Kandidaten an

Brandenburg/Havel - Gleich zwei Themen haben in jüngster Zeit die Menschen in der Stadt Brandenburg polarisiert – und das dürfte sich jetzt bei der Oberbürgermeisterwahl auswirken. Im Kampf gegen die Kreisreform war die Stadt Speerspitze des Widerstands gegen das Projekt der rot-roten Landesregierung, vor allem durch die inzwischen in den Bundestag gewechselte Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU). Und dann wurde emotional über die Hotel-Bebauung des Packhof-Geländes in der Innenstadt diskutiert. Eine Bürgerbefragung machte die Pläne der Stadt schließlich zunichte.

Bei der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag treten Wortführer dieser beiden Themen nun gegeneinander an. Die CDU, die klar stärkste Kraft im Stadtparlament ist, schickt Steffen Scheller ins Rennen, der seit 2005 als Kämmerer und seit 2006 auch als Bürgermeister für die Stadt tätig ist. Als „Kronprinz“ von Tiemann hat er bereits jetzt kommissarisch die Leitung der Stadtverwaltung übernommen. SPD, Linke und Grüne unterstützen dagegen den parteilosen Kandidaten Jan van Lessen. Als früherer Sprecher der Bürgerinitiative gegen die Baupläne der Stadt möchte er eine Alternative zum etablierten Politikbetrieb sein.

Rund 60 800 Wahlberechtigten sind nun in der drittgrößten Stadt des Landes am Zug. Da lediglich zwei Kandidaten antreten, dürfte noch am selben Tag die Entscheidung fallen. Denn das Mindestquorum von 15 Prozent aller Wahlberechtigten, das sich bei Landratswahlen in Brandenburg immer wieder als Hürde erwies und letztlich Wahlen durch die Kreistage erforderlich machte, ist in den kreisfreien Städten bislang immer übertroffen worden, wie ein Stadtsprecher erläuterte.

CDU-Kandidat Scheller (48) steht vor allem für Kontinuität. „Die Verwaltung soll unter meiner Führung noch moderner und bürgernäher arbeiten und die Kooperationen mit anderen Kommunen werde ich weiter vertiefen“, kündigt er an. Ex-Bürgermeisterin Tiemann unterstützt ihn nach Kräften – sie würde ihn wählen, „weil er ein kluger, junger Mann ist“, sagt sie in einem Werbevideo.

Der parteilose Kandidat van Lessen (63), heute als Rechtsanwalt und einst als Banker in der Region aktiv, könnte dagegen frischen Wind in die Verwaltung bringen, wie es SPD-Generalsekretär Erik Stohn formuliert. Van Lessen selbst kündigte an, er wolle durch eine Entschuldung der Stadt Handlungsspielräume zurückgewinnen – „denn ohne Entschuldung gibt es keine langfristige Unabhängigkeit“, erklärt er.

Die Stadt Brandenburg hat neben einer großen Geschichte und einem hohen Freizeitwert durch die Havel-Gewässer auch viele Probleme. Die Schulden pro Kopf sind ähnlich wie bei den kreisfreien Städten Cottbus und Frankfurt (Oder) hoch, die Arbeitslosigkeit lag mit zuletzt 9,6 Prozent im Januar deutlich über dem Landesdurchschnitt. Und von dem Boom in den berlinnahen Regionen, dem Speckgürtel, kann die Stadt wegen ihrer Lage westlich der Landeshauptstadt Potsdam kaum noch profitieren.

Einst dagegen war Brandenburg an der Havel die „Wiege der Mark“. Denn als die Mark Brandenburg am 11. Juni 1157 unter dem ersten Markgrafen Albrecht dem Bären entstand, war die damals slawische Stadt das Zentrum der Mark, die zunächst nur das Havelland und die südlich gelegene Zauche umfasste. Die große Historie ist in der Stadt auch heute noch vielerorts zu spüren – etwa durch den Dom oder die noch erhaltenen Türme der mittelalterlichen Stadtmauer. (dpa)

Rochus Görgen

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