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Nach Vorwürfen gegen Haasenburg-Heime: Justizminister schaltet sich ein und fordert „radikalen Schnitt“

Zu den geschlossenen Jugendhilfe-Einrichtungen der Haasenburg GmbH müssten vernünftige Alternativen her, sagt Justizminister Volkmar Schöneburg. Der Vollzug brauche klare Regeln.

Potsdam - Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) hat in der Debatte um Misshandlungsvorwürfe in den Kinder- und Jugendheimen der Haasenburg GmbH ein hartes Vorgehen gefordert. Nötig sei ein „radikaler Schnitt und der Ausbau vernünftiger Alternativen“, sagte er am Dienstag bei einem Fachgespräch der Linken in Potsdam. Bei der umstrittenen geschlossenen Unterbringung von besonders schwierigen Jugendlichen beklagte Schöneburg, dass es keinen rechtlichen Rahmen gebe wie etwa für Gefängnisse, den Maßregelvollzug, die Psychiatrie oder Jugendhaftanstalten. Wenn man die geschlossene Unterbringung überhaupt wolle, müsse deren Vollzug geregelt werden. Er habe der zuständigen Jugendministerin Martina Münch (SPD) vorgeschlagen, diese Lücke zu schließen.

Tatsächlich handeln Behörden und Gerichte bei der geschlossenen Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in einer rechtliche Grauzone. Das kritisiert auch die im Fall Haasenburg ermittelnde Staatsanwaltschaft Cottbus. Laut Paragraf 1631b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist eine Freiheitsentziehung bei Kindern möglich, wenn dies ein Familiengericht anordnet, sofern es dem Kindeswohl dient und die Gefahr einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung abgewendet werden kann. Allerdings fehlen in Brandenburg und anderen Ländern Gesetzesvorgaben für die Umsetzung in Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen. „Hier gibt es keine Vorschrift und kein Gesetz wie bei anderen freiheitsentziehenden Maßnahmen, wo genau geregelt ist, was vollzogen werden und wie behandelt werden darf, welche Benachrichtigungspflichten es gegenüber Angehörigen, Betreuern, Rechtsanwälten und Sozialarbeitern gibt“, sagte die Cottbuser Oberstaatsanwältin Petra Hertwig den PNN. „Es kann nicht sein, dass es das für Jugendliche nicht gibt.“ Eine Betriebserlaubnis durch das Landesjugendamt könne Vollzugsregeln nicht ersetzen.

Wegen der ungeklärten massiven Misshandlungsvorwürfe fordert die Linke eine vorläufige Schließung der Haasenburg- Heime. Der von Bildungsministerin Münch angeordnete Belegungsstopp reiche nicht aus, sagte der jugendpolitische Sprecher Torsten Krause. Die Insassen müssten anderweitig untergebracht werden, bis die Vorwürfe geklärt sind. Hierbei stehe die Linke im Dissens mit dem Koalitionspartner SPD. Bei ähnlichen Vorwürfen in Familien würden Kinder und Jugendliche in Obhut genommen. Bei der Haasenburg riskiere Münch, dass sie weiter Gewalt und Demütigungen ausgesetzt seien. Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt gegen Erzieher und Heimbetreiber wegen Vorfällen aus früheren Jahren und aktueller Vorwürfe gegen Erzieher. Das Ministerium hat drei Mitarbeiter suspendiert und einen Belegungsstopp verhängt. Eine Untersuchungskommission prüft die Vorgänge. Laut Krause, auch Jugendausschusschef im Landtag, sind nur noch 50 Kinder und Jugendliche in den drei Heimen, wo es 114 Plätze gibt. Eine Einrichtung könnte geschlossen werden.

Der Erfurter Soziologe Friedhelm Peters, Vorstandsmitglied der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen, sagte beim Fachgespräch, die Jugendämter schickten Jugendliche aus purer Ratlosigkeit in derartige Heime. „Solche Einrichtungen sind ein Relikt aus der schwarzen Pädagogik. Ihre Wirksamkeit ist nicht belegt. Sie sind verfassungsrechtlich problematisch“, sagte er. „Sich davon zu verabschieden, ist in erster Linie eine politische Entscheidung.“ 

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