zum Hauptinhalt
Im Nachgang zum tragischen Unfall in Cottbus hat die Polizei auch interne Ermittlungen eingeleitet.

© Friso Gentsch/dpa

Nach tödlichem Unfall: Cottbus? Bloß weg

Nach dem Tod einer Studentin in Cottbus sind elf junge Ägypter nach Berlin umgezogen. Die Polizei ermittelt jetzt intern, ob Polizisten in Cottbus den Verdacht auf eine politische Straftat unterschlagen haben.

Es sollte für die jungen Ägypter ein Höhepunkt ihres Studiums werden: Der Austausch nach Deutschland. Ihr Abschlusssemester wollten die zwölf Studierenden von der German University in Kairo an der BTU in Cottbus absolvieren. Doch noch bevor die Uni richtig losging, geschah das Unfassbare: Eine 22-Jährige aus der Gruppe starb wenige Tage nach der Ankunft in Deutschland an den Folgen eines Verkehrsunfalls vor der Cottbuser Stadthalle. Und noch während sie mit ihren schweren Verletzungen auf der Straße lag, soll sie laut Aussage einer Zeugin von Insassen des Autos, das sie überfahren hatte, fremdenfeindlich und rassistisch beschimpft worden sein.

Das passierte zu Ostern. Inzwischen hat die Heimatuniversität der Studierenden auf den Vorfall reagiert. Wie erst jetzt bekannt wurde, haben die Studierenden schon vor einigen Wochen auf Wunsch der German University Cairo (GUC) – eine mit deutschen Mitteln finanzierte Hochschule in Kairo – ihren Wohnsitz von Cottbus nach Berlin verlegt. Sie leben jetzt nicht mehr wie anfangs im Studierendenwohnheim in Cottbus, sondern in Wohnungen in der Hauptstadt. Zu hören ist, die GUC habe ein „Zeichen“ setzen wollen. Eine Anfrage ließ die Universität am Donnerstag unbeantwortet.

Studium in Cottbus, wohnen in Berlin

An der BTU kann man die Reaktion der Kairoer Universität nicht nachvollziehen. „Das war nicht mit uns abgesprochen, und die Studierenden wollten das unseres Wissens nach auch nicht unbedingt“, sagt Vizepräsident Matthias Koziol, Vizepräsident für Lehre und Studium der BTU. Man wundere sich umso mehr, als die Hinterbliebenen der Studentin und die anderen ägyptischen Studierenden die Uni für die intensive Betreuung nach dem Unfall sehr gelobt hätten. BTU-Präsident Jörg Steinbach hat laut rbb empört auf den Umzug reagiert und sprach von einem „unglaublichen Ereignis“. Die GUC habe aus der Kombination von Unfall und Verhöhnung des Opfers geschlossen, dass Cottbus ein unsicherer Ort sei, und massiven Druck auf die Studierenden ausgeübt. 

Auch wenn die Ägypter jetzt in Berlin wohnen – sie studieren weiterhin in Cottbus. Da die meisten derzeit ihre Abschlussarbeit fertigstellen, müssen sie aber nicht allzu oft in die Lausitz pendeln, sagt Koziol. Die Vorgänge in der Tatnacht will Koziol nicht kommentieren: „Wir warten ab, was die Polizei und die Staatsanwaltschaft herausfinden.“

Haben Polizisten in Cottbus Verdacht auf politische Straftat unterschlagen?

Tatsächlich dauern die Untersuchungen der Tatnacht noch an. Die menschenverachtenden Bemerkungen – unter anderem soll ein Beifahrer „Geht doch in euer Scheißland zurück!“ gerufen haben – wurden damals erst eine Woche nach dem Unfall durch die Aussagen einer Zeugin, eine Gymnasiastin, in der „Lausitzer Rundschau“ bekannt. Seitdem läuft beim Staatsschutz gegen die Mitinsassen ein Verfahren wegen Volksverhetzung und Beleidigung, auch die Staatsanwaltschaft ist deswegen aktiv geworden. Die Polizeit ermittelt zudem intern, ob die Beamten vor Ort einen Verdacht auf eine politische Straftat unterschlagen haben.

Ob die Darstellung der Schülerin und ihres Freundes zur Hetze der Autoinsassen von anderen Zeugen bestätigt wurden, dazu wollte sich die Staatsanwaltschaft am Donnerstag nicht äußern. „Wir haben weitere Zeugen befragt“, sagte eine Sprecherin. Darunter seien auch Rettungskräfte, ein Unfallgutachten lässt noch auf sich warten.

Einen Imageschaden für die Uni befürchtet man in Cottbus nicht

Wie wird sich das Ganze auf den Unistandort auswirken – auch angesichts der Tatsache, dass es in der Stadt ohnehin seit langem Probleme mit Rechtsextremisten gibt? Einen Imageschaden befürchtet Koziol nicht. Seit Jahren liege die Zahl internationaler Studierender konstant bei 1800: „Wenn es negative Mund-zu-Mund-Propaganda geben würde, hätte es längst eine Delle gegeben.“ Koziol wünscht sich aber, dass auch Erfolge im Kampf gegen Rechts stärker kommuniziert würden. So habe der Cottbuser Pegida-Ableger nicht wirklich in der Stadt Fuß fassen können – unter anderem, weil auch die Uni dagegen mobil machte.“ 

Zur Startseite