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Nach Schöneburgs Rücktritt: Brandenburgs Linke wittert Verschwörung

Nach der Rücktritt von Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg sucht die rot-rote Landesregierung einen Nachfolger. Die Partei sieht Schöneburg als Opfer des öffentlichen Drucks, der sich gegen seine Politik der Resozialisierung richte.

Potsdam – Nach dem Rücktritt von Volkmar Schöneburg (Linke) als Justizminister des Landes Brandenburg am Samstag gehen führene Vertreter der brandenburgischen Linkspartei davon aus, dass er Opfer einer Verschwörung wurde. Den Verdacht einer gezielten Kampagne von politischen Gegnern, Medien und Teilen der brandenburgischen Justizverwaltung äußerten in unterschiedlicher Form neben anderen Landeschef Stefan Ludwig, die Rechtsexpertin der Landtagsfraktion Margitta Mächtig, die märkische Bundestagabgeordnete Diana Golze, der Potsdamer Landtagsabgeordnete Norbert Müller und Barnims Kreischef Sebastian Walter.

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Schöneburg war am Samstag im Zuge der Affäre um die mutmaßliche Begünstigung eines Häftlings und früheren Mandanten Detlef W. zurückgetreten. Der 55-Jährige Minister  war früher Strafverteidiger und hatte den Sexualstraftäter und Kindsmörder von 2001 bis 2006 vertreten. Am Mittwochabend hatte er eine geplante Verlegung des Häftlings aus dem Gefängnis in Brandenburg/Havel nach Cottbus persönlich und gegen die Voten seiner Fachleute gestoppt. Die PNN hatten den Fall und die enge Verbindung des Gefangenen zum Minister publik gemacht. „Ich habe mir vorzuwerfen, dass ich die Entscheidung selbst getroffen habe“, sagte Schöneburg am Sonnabend. Sein Nachfolger soll an diesem Montag bekannt gegeben werden. Im Gespräch dafür ist auch Landeschef Stefan Ludwig, von Beruf Jurist. Ludwig verbreite am Samstag eine Erklärung, in der er offen erklärt, dass Schöneburg von Gegenern eines liberaleren Strafvollzugs gestürzt worden ist: „Er ist Opfer öffentlichen Drucks geworden, der sich im Kern gegen seine Politik der Resozialisierung von Straftätern als entscheidendes Element der Kriminalitätsverhütung (...) richtete und zu diesem Zweck darauf zielte, ihn als Person zu demontieren. Dafür war interessierten Kreisen offenbar jedes Mittel recht. Das ist für Brandenburg beschämend.“

Die Bundestagsabgeordnete Diana Golze erklärte auf ihrer Facebook-Seite: „Das Händereiben in so manchen Redaktionen und Parteibüros in Brandenburg über den Rückzug von Justizminister Schöneburg ist ein Armutszeugnis für die Protagonisten dieser Kampagne.“ Der Landtagsabgeordnete Norbert Müller wittert ebenfalls eine Intrige der Justiz- und Strafvollzugsverwaltung. Er erklärte – ebenfalls auf Facebook – unter Bezug auf die Affäre um den Neonazi Horst Mahler, der in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel ungestört auf einem Anstalts-Computer ein Pamphlet verfassen konnte, und auf die umstrittene Versetzung einer Abteilungsleiterin durch Schöneburg: „Wer in den vergangen 6 Monaten Zeitung gelesen hat weiß, wer hier Interesse an so einer Nummer hatte.“ Die Linke-Landtagsabgeordnete und Rechtspolitikerin Margitta Mächtigschrieb: „...es war eine gut initiierte Intrige. Sie hat verfangen und sie hat gesiegt.“ Mächtig ist sich sicher, die Urheber dieses Komplotts in Teilen zu kennen. Schließlich sei Schöneburgs „Ansatz der Resozialisierung von Straftätern als wichtigstes Mittel der Vermeidung weiterer Opfer einer Reihe von Juristen in seinem Umfeld ein Dorn im Auge“. Sie sprach von Illoyalitäten im Justizministerium und davon, dass „Informationen aus einer JVA an die Presse“ gingen und unterstellte der Leitung der JVA Brandenburg/Havel „engste Verbindungen zur Presse, ja fast eine Standleitung“. Mächtig führt dann in einer Diskussion auf Facebook weiter aus: „Nein Leute, sagt was Ihr wollt, hier haben Leute eine Chance gewittert, ihn in die Enge zutreiben und zum Rückzug zu zwingen. (…) Was mich wirklich erschrickt und fast hilflos macht, ist das Zusammenspiel von Presse und Kräften aus der Justiz, die lieber einen Minister über die Klinge springen lassen, als sich der inhaltlichen Auseinandersetzung mit ihm zu stellen. Aber dafür waren und sind sie zu kleingeistig.“ Zwar hatte Schöneburg Fehler eingestanden, Mächtig macht trotzdem klar, was sie nun für dringend nötig hält: „Diese Justiz braucht dringend eine Reform!!!“ Grundlegender im Ansatz wird Sebastian Walter, Kreischef der Regierungspartei im Barnim, auf Facebook: „Das ist sie, die Pressemacht. Dieser Macht sind wir noch nicht gewachsen. Linke Politik wollen die Mächtigen nicht. Am Ende geht's um mehr... Politikwechsel wird nicht von allein kommen.“

Schöneburg hatte die Fehler im Wesentlichen eingeräumt. Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) hatte ihm zuvor klare Rückendeckung verweigert.

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