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Nach Misshandlungsvorwürfen gegen Jugendheime: Haasenburg gibt nicht auf

Bildungsministerin Martina Münch will die Heime schließen. Das wird schwer. Der Bescheid ist bereits überfällig. Und die Firma kämpft

Potsdam - Um die Fortexistenz der Haasenburg-Heime in Brandenburg droht nun eine erbitterte Auseinandersetzung vor den Gerichten. Der Bescheid zur Schließung der Einrichtungen, den Bildungsministerin Martina Münch (SPD) wegen der Misshandlungs-Vorwürfe Anfang November für vorige Woche angekündigt hatte, lässt weiterhin auf sich warten. „Er ist noch nicht ganz fertig. Wir arbeiten mit Hochdruck daran“, erklärte dazu am Montag ein Sprecher. Die juristischen Hürden sind offenbar größer als erwartet. Das Ministerium will eine neue Niederlage vermeiden, nachdem das Verwaltungsgericht Cottbus bereits einen Belegungsstopp für Haasenburg-Heime aufgehoben hatte, unter Verweis auf handwerkliche Fehler im Bescheid. Prozessiert wird aber trotzdem schon. In einem Verfahren gewann jetzt das Bildungsministerium.

Denn die Haasenburg gibt nicht auf – und wehrt sich gegen den Abzug von Kindern und Jugendlichen aus ihren Heimen durch Jugendämter aus der ganzen Bundesrepublik. Seit dem Haasenburg-Bericht der unabhängigen Kommission haben Jugendämter begonnen, Schützlinge aus den Haasenburg-Heimen zu holen – und nach Alternativen für die als schwierig geltenden, teils verhaltensauffälligen, teils kriminellen Kinder und Jugendlichen zu suchen. Das ist schwierig, denn in Deutschland gibt es kaum geschlossene Heime, und die wenigen sind voll.

Vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht ist die Haasenburg GmbH jetzt mit dem Versuch gescheitert, das Bildungsministerium per „einstweiliger Anordnung“ zum Stillhalten gegenüber Jugendämtern zu verpflichten. Per „einstweiliger Anordnung“ sollte das Ministerium verdonnert werden „alles zu unterlassen, was darauf abzielt, die Amtsvormünder oder Sorgeberechtigten zu veranlassen, den jeweiligen Betreuungsvertrag mit der Antragstellerin zu kündigen bevor ein vollziehbarer Widerruf der Betriebserlaubnisse vorliegt“. Das Gericht folgte dem nicht, weil der Antrag laut Beschluss zu vage sei und die Firma nicht glaubhaft machen konnte, dass das Ministerium an Jugendämter herangetreten sei, um sie zur Kündigung von Betreuungsverträgen zu bewegen. Das Ministerium hat dies im Prozess bestritten.

Die Haasenburg GmbH legt nun Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht ein, bestätigte Sprecher Hinrich Bernzen den PNN. Man habe belastbare Hinweise, dass das Land bei Jugendämtern interveniert habe. Derzeit sind nach Angaben von Bernzen in den Haasenburg-Heimen in Brandenburg dreißig Kinder und Jugendliche untergebracht. Das Ministerium hatte zuletzt offiziell von 37 Jugendlichen gesprochen. Das war vor Veröffentlichung des Berichtes der unabhängigen Untersuchungskommission, die schwere Missstände festgestellt hatte, darunter auch Hinweise auf zu wenig eingesetztes Personal. Die Kommission sah zwar keine akute Gefahr für Haasenburg-Schützlinge, schloss drohende neue Misshandlungen nicht aus, empfahl aber selbst nicht die Schließung.

Die Firma selbst hat sich zu den Vorwürfen im Bericht bislang nicht öffentlich geäußert. „Wir tun das zunächst mit den Partnern, dem Landesjugendamt, den Jugendämtern, dem Ministerium. Da sind wir mittendrin“, sagte Bernzen. Dem angekündigten Entzug der Betriebserlaubnis sehe man gespannt entgegen. „Eine Betriebserlaubnis ist kein Gnadenakt. Sie muss erteilt werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen“, so der Sprecher. „Und Gründe für einen Entzug liegen nicht vor.“ Der Bericht sehe keine Kindeswohlgefährdung. „Und die eigentliche Frage ist doch, wie man mit diesen Jugendlichen in der Bundesrepublik umgeht.“

Unterdessen dauern die Ermittlungen der Cottbuser Staatsanwaltschaft zu Haasenburg-Vorgängen an. Dort laufen 70 Verfahren. Brandenburgs Landtag hatte vorige Woche zwar eine eigene Untersuchungskommission abgelehnt, aber auf weitere Aufklärung des Skandals gedrängt. Thorsten Metzner

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