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Nach der Landtagswahl: Grüne gehen selbstbewusst in Sondierungs-Abschluss

Kenia oder Rot-Grün-Rot: Noch zwei Tage bis zur Entscheidung. Schon jetzt läuft alles anders als bisher.

Potsdam - In Brandenburg gehen die Grünen selbstbewusst in den unmittelbar bevorstehenden Abschluss der Sondierungen für die künftige Drei-Parteien-Landesregierung. Vor Journalisten zeigte sich die Co-Fraktionsvorsitzende und Grünen-Verhandlungsführerin Ursula Nonnemacher am Dienstag zufrieden über die Rolle und Wirksamkeit der Grünen im bisherigen Verlauf der Gespräche. „Politisch sind wir, würde ich sagen, ja durchaus einflussreich“, sagte Nonnemacher.

In Brandenburg loten die von Ministerpräsident Dietmar Woidke geführte SPD, CDU, Linke und Grüne mittlerweile seit zwei Wochen aus, ob das Land von einer rot-grün-roten Koalition (eine Stimme Mehrheit) oder einem Kenia-Bündnis aus SPD, CDU und Grünen (sechs Stimmen Mehrheit) regiert werden soll. Die Grünen sind in jedem Fall am Kabinettstisch der zweiten Regierung, die SPD-Ministerpräsident Woidke bildet. Nach Schlussrunden am heutigen Mittwoch – in Kenia- und in rot-grün-roter Besetzung – soll am Donnerstag die Entscheidung fallen, welche drei Parteien Koalitionsverhandlungen aufnehmen. SPD, CDU, Grüne und Linke haben für den Donnerstagabend Sitzungen der jeweils zuständigen Gremien eingeplant.

Die SPD muss sich umstellen

Eigentlich wollte die SPD am Dienstagabend auf einem Kleinen Parteitag über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden, der nach einem Veto der Grünen abgesagt und verlegt werden musste. „Wir haben mit den Kollegen der SPD besprochen, dass nicht die größte Partei einseitig ein Ergebnis verkündet, sondern dass wir das schon gemeinsam machen“, sagte Nonnemacher. „Das ist eine neue Philosophie. Und diese neue Art der Verhandlungsführung entsteht ja gerade am offenen Herzen“, sagte Nonnemacher. „Ich denke, das wird Maßstäbe setzen für künftige Jahre.“

Die Grünen halten sich zugute, dass sich die SPD, die in Brandenburg seit 29 Jahren regiert und bei Regierungsbildungen den Takt vorgab, schon jetzt umstellen muss. In der Vergangenheit seien „Sondierungsgespräche ja eher so gelaufen, dass sich zwei, drei wichtige Leute mal zum Kaffee getroffen haben, vielleicht auch zweimal und dann hat man den Koalitionsauftrag erteilt“, sagte Nonnemacher. Nach ihrer Einschätzung haben die Grünen nun auch dafür gesorgt, dass „in die Tiefe sondiert wird“, was fast schon den Charakter von Koalitionsverhandlungen habe, das sei bisher nicht üblich gewesen. Neu sei auch, dass über wichtige Sondierungsvereinbarungen ein Papier erstellt und unterschrieben werde. „Das ist für das Land Brandenburg offensichtlich Neuland, während es in anderen Bundesländern Standard und gang und gäbe ist“, sagte Nonnemacher.

Woidke ist offener für die Grünen

Besonders Ministerpräsident Dietmar Woidke galt bisher als einer, der politisch und kulturell von den Grünen am weitesten entfernt weg war. Doch da beobachtet Benjamin Raschke, Spitzenkandidat der Grünen und Vizefraktionschef, inzwischen Offenheit. „Wenn wir ein Argument vorbringen, das er nicht kennt, dann hat er sich am nächsten Morgen schlau gemacht.“

Die SPD stellt sich inzwischen darauf ein, dass es ohne die Grünen nicht geht, und das mit ihnen auch eine andere Kultur verbunden ist. „Dass irgendeine Partei den anderen auf der Nase rumtanzt, das würde nicht akzeptiert“, sagte SPD-Fraktionschef Mike Bischoff. Und das finde auch nicht statt.

Die CDU zeigt sich optimistisch für ein Kenia-Bündnis

In der Schlussphase der Sondierungen schlägt das Pendel nach PNN-Recherchen tendenziell eher in Richtung Kenia-Bündnis aus. Auch die CDU zeigt sich optimistisch, dass Kenia klappt. Das mag auch eine Erklärung dafür sein, dass Linke-Landtagsfraktionschef Sebastian Walter am Dienstag auf der Pressekonferenz nach der Sitzung seiner Fraktion ein eindringliches Plädoyer für ein rot-grün-rotes Bündnis in Brandenburg hielt. „Rot-Grün-Rot hat eine Mehrheit, einen politischen Auftrag“ sagte er. Man werde darum kämpfen. Die Frage sei: „Geht es bei der kommenden Landesregierung um eine einfache Zählgemeinschaft oder geht es tatsächlich um ein inhaltliches Bündnis?“ Stabilität hänge vom politischen Fundament ab. Brandenburg brauche ein Bündnis, das die großen Fragen anpacke. Konkret nannte Walter die Einkommensfrage, das Ost-West-Lohngefälle, aber auch öffentliche Daseinsvorsorge. Er betonte, dass Brandenburg nach den Lektionen der Landtagswahl „eine andere politische Kultur“ brauche, zwischen den Partnern, aber auch gegenüber der Gesellschaft und den Menschen im Land. „Das heißt, das wir nicht mit Zuhörtouren durchs Land enden. Das kann nur der Beginn sein.“ Es gehe nicht darum, „Politik besser zu erklären, sondern bessere Politik zu machen“, so Walter. „Wir können beides sehr gut: Opposition und Regierung.“

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