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Eine neue Sporthalle in Nauen, in der 100 Flüchtlinge untergebracht werden sollten, brannte Ende August nieder.

© dpa

Nach Brandanschlag in Nauen: Polizei sucht Brandstifter

Wer steckt hinter dem Brandanschlag auf eine geplante Aslyunterkunft in Nauen? 44 Beamte durchsuchten Wohnungen und vernahmen Tatverdächtige. Sie fanden zwar keine konkreten Beweismittel für die Brandstiftung in Nauen, dafür aber Hinweise zu anderen Straftaten.

Nauen/Potsdam - Es war der schwerste fremdenfeindliche Brandanschlag auf eine Asylunterkunft in Brandenburg seit 20 Jahren. Mehr als sechs Wochen nach der Attacke im havelländischen Nauen im August haben die Ermittler zwar einen Verdacht, aber keine stichfesten Beweise. Die Razzia bei mehreren Neonazis in Nauen und Umgebung am Mittwoch brachte nicht den von der Sonderkommission erhofften Erfolg. 44 Beamte, darunter Sprengstoffexperten, hatten mehrere Wohnungen in und um Nauen durchsucht und beschlagnahmten dabei vor allem Computer, Datenträger, Unterlagen, und auch Gegenstände, die „möglicherweise geeignet sind, Brände auszulösen, wie es hieß. Die Rechtsextremen wurden außerdem vernommen.

Die Ermittler fanden zunächst jedoch keine konkreten Beweismittel für eine Beteiligung an dem Brandanschlag vom 25. August. Der für die Hausdurchsuchung nötige Anfangsverdacht konnte nicht erhärtet werden, hieß es. „Es konnte kein Verdächtiger in Untersuchungshaft genommen werden“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam. Allerdings gebe es zahlreiche Zufallsfunde und Hinweise zu anderen Straftaten. Details wollte der Sprecher nicht nennen. Nach Informationen dieser Zeitung ging es bei der Razzia auch um mehrere Anschläge auf das Nauener Parteibüro der Linken

Als Unterkunft für 100 Flüchtlinge gedacht

Bei dem Anschlag brannte die neue Schulsporthalle, die als Notunterkunft für hundert Flüchtlingen vorgesehen war, komplett nieder. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bezeichnete die Tat als „rechten Terror“. Die Ermittler stießen am Tatort auf Spuren von Brandbeschleunigern, die Täter setzten eine Gasflasche und ein Autoreifen ein, um das massive Gebäude in Brand zu setzen. Die Ermittler gehen deshalb davon aus, dass der Anschlag lange Zeit und detailliert vorbereitet worden war. Der Grund, der auch Feuerwehr und Brandexperten verblüffte: Die Halle brannte äußerst rasch und gleichmäßig nieder. Das deute auf eine hohe Professionalität hin, hieß es.

Für Hinweise auf die Täter hat Brandenburgs Landesregierung zwar eine Belohnung von 20 000 Euro ausgesetzt, bislang jedoch ohne Erfolg. Nach Informationen dieser Zeitung richtet sich der Verdacht der Ermittler konkret gegen Mitglieder der Neonazi-Gruppe „Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland“, darunter sind auch NPD-Kader. Und Nauen gilt ohnehin als Hochburg der rechten Szene: Der Schwerpunkt von rechtsextremen Aktionen verlagerte sich vom Süden Brandenburgs, wo die 2012 verbotene „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ aktiv war, in den Nordwesten des Landes – gemeint ist das Kerngebiet der „Freien Kräfte“. 

Rechte Szene macht in Nauen Stimmung gegen Flüchtlinge

In Nauen macht die rechte Szene seit Monaten Stimmung gegen Flüchtlinge. Mitglieder der Neonazis-Gruppe hatten im Februar die Tumulte gegen einen Einwohnerversammlung zu einem geplanten Asylheim angeführt, die Veranstaltung musste abgebrochen werden, die unterbesetzte Polizei vor Ort forderte Verstärkung der Bereitschaftspolizei, um die Lage in den Griff zu bekommen. Neben den Anschlägen auf das Linke-Parteibüro überzogen die Neonazis die Stadt in diesem Jahr mit mehreren Aufmärschen. Ihnen wird auch die Attacke auf das Auto eines Bürgervereins zugerechnet. Neben zerstochenen Reifen hinterließen sie einen Zettel am Wagen, darauf stand: „Liebe Asylantenfreunde, Tröglitz ist auch hier! Bis bald!“ In dem Dorf in Sachsen-Anhalt war kurz zuvor ein geplantes Asylheim in Brand gesetzt worden.

Die Freien Kräfte selbst bestritten im Internet jede Beteiligung an dem Anschlag auf die Turnhalle, warnten jedoch ihre braunen Freude vor morgendlichem Besuch der Polizei.

Ermittlungen bei weiteren Brandanschlägen in Brandenburg

Die Ermittlungen bei drei weiteren Brandanschlägen in Brandenburg sind ebenfalls noch nicht entscheidend vorangekommen. Bereits seit Mai wird gegen zwei Männer ermittelt, die unmittelbar nach einem Anschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Zossen (Teltow-Fläming) festgenommen worden waren. „Wir sind noch nicht soweit, um Anklage zu erheben“, hieß es bei der Staatsanwaltschaft. Man sei noch mit der Spurensicherung beschäftigt. 

Ende Juli hatte es an der Wohnungstür einer fünfköpfigen Flüchtlingsfamilie aus Inguschetien in Brandenburg/Havel gebrannt. Eine benzingetränkte Zeitung war an der Wohnungstür angezündet worden. Es gebe keine konkreten Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Anschlag, hieß es aus der Staatsanwaltschaft. Zwischenzeitlich war die 24-jährige Mutter der Familie in den Fokus der Ermittler gerückt. „Es gab Widersprüche in ihren Aussagen, der Anfangsverdacht ließ sich aber nicht erhärten“, sagte der Sprecher. Es werde weiter in alle Richtungen ermittelt. 

Kein technischer Defekt in Neuhardenberg

Zuletzt waren Mitte September in Neuhardenberg (Märkisch-Oderland) zwei Autos von Flüchtlingsaktivisten in Flammen aufgegangen. Einen technischen Defekt könne man ausschließen, hieß es bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder). Unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen wollte sich der Sprecher aber nicht dazu äußern, ob bereits ein Verdächtiger ermitteln werden konnte. 

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