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Brandenburg: Muskelspiele um Flughafen-Bericht

BER-Chef Mühlenfeld will Rechnungshofspräsident für Offenlegung des Prüfberichts haftbar machen. Den lassen die Drohungen kalt

Potsdam - Er hat das Versagen der Verantwortlichen am BER-Hauptstadtflughafen, das den Steuerzahler seit 2012 allein 3,4 Milliarden kostet, schonungslos wie präzise seziert: Christoph Weiser, Präsident des Landesrechnungshofes Brandenburg, hat sich damit nicht nur Freunde gemacht. Umso mehr, weil er auch der Veröffentlichung des vorher als Verschlusssache eingestuften 401-Seiten-Rechnungshofberichtes zustimmte, der dem Aufsichtsrat, den Eigentümern und dem Management der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) Versagen attestiert.

Die Reaktion kam prompt: Flughafenchef Karsten Mühlenfeld hat in einem jetzt bekannt gewordenen Schreiben vom 10. Februar dem höchsten Finanzkontrolleur des Landes Brandenburg gedroht, weil Weiser Anfang Februar in der Sondersitzung der zuständigen Landtagsausschüsse die Vertraulichkeitseinstufung des Prüfberichtes aufgehoben und eine öffentliche Debatte ermöglicht hatte. „Vor diesem Hintergrund stelle ich fest, dass Sie die alleinige Verantwortung tragen, wenn die umfassende Freigabe des Berichtes ohne Schwärzungen bzw. Kenntlichmachung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (insbesondere Aussagen zum Kapitalmehrbedarf ) zu einer Schädigung der wirtschaftlichen und finanziellen Interessen der Gesellschaft führt“, heißt es in dem Mühlenfeld-Schreiben. Die gesamte Argumentation im Ausschuss sei eine rein „medien- und politikbezogene“ gewesen.

Obwohl der Prüfbericht den lange zurückliegenden Zeitraum von 2010 bis 2013 analysiert, sieht Mühlenfeld darin heute angeblich immer noch schützenswerte Geschäftsgeheimnisse der Flughafengesellschaft. Dabei geht es nicht um erwirtschaftetes Geld des Flughafens, sondern um 1,2 Milliarden Euro, die Berlin, Brandenburg und der Bund dem Airport nach der geplatzten Eröffnung 2012 überwiesen haben. Die Kosten stiegen damit auf 3,3 Milliarden Euro. Die Sanierung des verpfuschten Terminals wird bislang daraus finanziert. Von dem Geld sind noch 168 Milliarden Euro übrig. Das Interesse Mühlenfelds, dass Inhalte des Berichtes nicht bekannt werden, ist nachvollziehbar. Der Rechnungshof hat nämlich festgestellt: Bei der Bewilligung der 1,2 Milliarden Euro damals war längst klar, dass das Geld nicht reichen wird. Davon erfuhren weder die Parlamente noch die EU-Kommission in Brüssel, die damals in einem Notifizierungsverfahren die Finanzspritze aus der Staatskasse für den Airport genehmigte. Aktuell läuft das Notifizierungsverfahren für die nächsten 2,2 Milliarden Euro, mit denen die BER-Kosten auf 6,6 Milliarden Euro steigen.

Zum anderen verlangt Mühlenfeld vom Rechnungshofpräsidenten, dass dieser der Veröffentlichung des vertraulichen Berichtes durch die Schwesterzeitungen PNN und Tagesspiegel nachgeht. „Weiterhin bitten wir Sie darzulegen, welche Schritte Sie unternommen haben, um aufzuklären, auf welchen Weg der Bericht“ an die Zeitungen übermittelt wurde.

Weiser lassen die Drohungen des BER-Chefs kalt. In einem Antwortschreiben geht er auf die verkappten Regressdrohungen Mühlenfelds wegen der Veröffentlichung des Prüfberichtes gar nicht erst ein. Und er stellt zugleich klar, dass er keine Veranlassung für eine Untersuchung sieht, „auf welchen Weg die Prüfungsmitteilung“ an Tagesspiegel und PNN übermittelt wurde. Er verweist darauf, dass sich das Kleine Kollegium des Rechnungshofes „vor dem Hintergrund einer sorgfältigen rechtlichen und tatsächlichen Prüfung“ auf eine Entscheidung zur Aufhebung der Einstufung verständigt habe. Die habe er nach dem einstimmigen Beschluss der beiden Ausschüsse, dass der Bericht öffentlich werden soll, verkünden können.

Rückendeckung bekam Weiser von den Grünen im Landtag. Deren Fraktionschef Axel Vogel nannte Mühlenfelds „verbale Muskelspiele“ gegen das „Verfassungsorgan Landesrechnungshof“ völlig verfehlt. „Jetzt wird es peinlich“, so Vogel. Die Flughafengesellschaft befinde sich zu hundert Prozent im Besitz der öffentlichen Hand. Daher könne die FBB nach höchstrichterlicher Rechtsprechung interne Vorgänge nicht wie ein Privatunternehmen als Geschäftsgeheimnis klassifizieren, etwa die Frage, wie es zur Kostenexplosion am mit Steuermitteln finanzierten BER kommen konnte. Schaden am BER sei vor allem durch Missmanagement, Versagen des Aufsichtsrats und Intransparenz entstanden. Mühlenfeld verwechsle offenbar Ursache und Wirkung. Statt sich an Weiser abzuarbeiten, sollten Mühlenfeld und die Gesellschaften die vom Landesrechnungshof angeregte erneute Haftungsprüfung von Aufsichtsrat und früherer Geschäftsführung angehen.

nbsp;Thorsten Metzner

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